Kinokolumne Top Five

Die besten Filme über Urlaub in Deutschland

05:18 Minuten
Die Teenie-Jungs Tschick und Maik (v. li.) sehen ihrem Ausflug entgegen.
So geht Urlaub: Tschick und Maik (v. li.) gönnen sich eine Tour Richtung Osten. © picture alliance / ZUMA Press
Von Hartwig Tegeler · 20.06.2020
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Albtraum, Horror oder Chance: Urlaub zu Hause. Natürlich ist das Kino ganz groß im Erreichen ferner Lande und Gestade. Wir verraten, wie Filmvorbilder ihre freien Tage verbracht haben, ohne den Sprung in die exotische Ferne zu vollziehen.

Platz 5 - "Ostwind" von Katja von Garnier (2013)

Mika: Typ ungestümer Rotschopf, Rebellin, aus Sicht der leistungsorientierten Mutter eher Schulversagerin, wird quasi "verschickt". Auf Großmutters Gestüt, wo das Smartphone mit Glück einen Balken zeigt, landet das Mädchen nachts in der Box des angeblich lebensgefährlichen Hengstes Ostwind. Infolge lernt Mika vor allem, mit dem Pferd zu kommunizieren.
Den Höhepunkt dieses Urlaubs in der deutschen Provinz benennt der alte Pferdetrainer: "Das, was ihr am besten könnt: Fliegen!" Der Galopp übers Stoppelfeld auf Ostwind – Fliegen! – ist die Antwort auf die Frage, warum man in die Ferne schweift. Es gibt keinen Grund im Urlaub … denn das Gute liegt so nah.

Platz 4 - "Sommer ´04" von Stefan Krohmer (2006)

Urlaub an der Schlei. Miriam – Martina Gedeck – macht mit ihrem Sohn, ihrem Lebensgefährten und dessen Tochter Urlaub in Schleswig-Holstein. Natürlich passiert etwas zwischen Livia und Bill, dem älteren Mann, ihrer neuen Bekanntschaft. Aber dann sind es Miriam und Bill, die eine Beziehung beginnen.
Dieser Urlaubstrip wird nicht so harmlos enden, wie er als Liebesgeplänkel begann. Ein Segelbaum ist eine gefährliche Sache … oder auch, wie im guten Psycho-Thriller: die Verlängerung der Emotionen der Figuren. Und die können auch im Urlaub, auch an der heimischen Schlei, mörderisch sein.

Platz 3 - "Sommer" von Philip Gröning (1986)

Urlaub in den Bergen, keine weite Reise, nur in den Zug, kurz danach da. Philip Gröning beschreibt den Versuch des Vaters, in der Einsamkeit des Gebirgsortes, im Wald, am See, im sehr heimeligen Hotel, mit sehr empathischen Miturlaubern, Zugang zu seinem Liebsten zu finden, dem autistischen Sohn. "Sommer" ist eine Urlaubsgeschichte aus den Bergen, die aus der Erinnerung heraus erzählt wird. In stillen, langsamen, aber sehr konzentrierten Schwarz-Weiß-Bildern.
Als der Vater am Ende gegangen, ja, vergangen ist, beschreibt die Erzählerstimme das, was wir im Film nicht mehr sehen: "Und so blieb ihm, nach dem endlichen, Jahre dauernden Erwachen aus dem Albtraum des Stummseins und der Abgeschiedenheit, nur eine Erinnerung an den Vater: die Erinnerung an das Glück. An den genauen Moment des Glücks." In diesem Urlaub, der eine selbst angeleitete Therapie war.

Platz 2 - "Schweigeminute" von Thorsten M. Schmidt (2016)

Beim Liebesakt zwischen Stella und Christian – Julia Koschitz und Jonas Nay. Sie seine Englisch-Lehrerin, er Sohn eines Steinfischers an der Ostsee, das erste Mal, in der alten Hütte des Vogelwarts. Direkt am Meer. Zärtliche Erotik und Leidenschaft. Die Kamera zeigt in dieser Siegfried-Lenz-Verfilmung durch das Fensterkreuz ganz nah die tobenden Wellen der Ostsee, die Spiegel der Leidenschaft der Menschen sind. Die Schule hat noch nicht wieder begonnen, noch ist Ferienzeit, Urlaub zu Hause. Eine kurze Strecke mit dem Fahrrad ist die Hütte entfernt vom kleinen Küstenort.
Das Glück in diesem Moment wird aus der Erinnerung erzählt. Großes Glück, große Liebe - und Vergänglichkeit und Tod. Stella sagte bei der Segeltour zu Christian, daheim auf der Ostsee: "Manchmal habe ich mir einfach nur vorgestellt, weiter zu segeln!"

Platz 1 - "Tschick" von Fatih Akin (2016)

Zu Freundschaft und Urlaub gehört der Mut, auszubrechen. In diesem Fall ist die Richtung klar: weg aus Berlin, nach Osten. Die einsamen Alleen in Brandenburg oder Meck-Pomm, durch die Maik und "Tschick", Russlanddeutscher, in der Schule Außenseiter wie "Buddy" Maik, mit dem "ausgeliehenen" Lada fahren.
On The Road in heimischen Urlaubslanden ist es übrigens auch ganz wichtig, jede Musik von der Lieblingskassette des Freundes auszuhalten. Damit erscheinen die ostdeutschen Landschaften in einem magischen Licht, was man ihnen weder im Kino noch in der Realität zugetraut hätte. Oder?
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