Kinokolumne Top Five

Die besten Filme über Rollstuhlfahrer

05:11 Minuten
Eddie Redmayne als Stephen Hawking in einer Szene des Kinofilms "Die Entdeckung der Unendlichkeit" (2014). Das Foto zeigt den Hauptdarsteller als schwerbehinderten Physiker Stephen Hawking mit einen Baby auf dem Arm.
Der Schauspieler Eddie Redmayne als Stephen Hawking in der Kinofilmbiografie "Die Entdeckung der Unendlichkeit" (2014). © Universal Pictures
Von Hartwig Tegeler · 16.03.2019
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In "Die Goldfische" spielt Tom Schilling einen Broker auf Leistungstrip, der nach einem Autounfall im Rollstuhl sitzt. Anlass für uns, nach den besten Filmen über Rollstuhlfahrer zu suchen. Einer der Besten im Rollstuhl: Eddie Redmayne als Stephen Hawking.

Platz 5 –"Alien – Die Wiedergeburt" von Jean-Pierre Jeunet Vriess (1997)

Vriess, gespielt von Jeunet-Stammschauspieler Dominique Pino, ist Mitglied einer Weltraum-Piraten-Bande, die auf einen Raumkreuzer gelangt, nun gezwungen, den Kampf gegen mörderische Aliens aufzunehmen. Dass Vriess im Rollstuhl sitzt, dieses Handicap macht er durch fulminante Klugheit sowie technische Kompetenz wett. Wenn er mit einigen wenigen präzisen Handgriffen den überdimensional scheinenden Rollstuhl zu einer wendigen Nahkampfwaffe umbaut, so macht das deutlich, dass man bei ihm von Einem nicht sprechen kann: von Behinderung. Schöner Kontrapunkt einer Geschichte, die die Hybris und den Omnipotenzwahn des Menschen seziert.

Platz 4 – "Live Flesh – Mit Haut und Haar" von Pedro Almodóvar (1997)

Javier Bardem, hier noch am Anfang seiner Karriere, spielt einen Polizisten, der durch einen versehentlichen Schuss querschnittsgelähmt ist. Was eine grell-absurde Tragikomödie in Gang setzt, in der sich David – vergebens – an dem rächen will, den er für den Urheber seines Unglücks hält, den Mann, wegen dem er im Rollstuhl landete, wegen dem er aber auch Elena, seine Frau, kennenlernte. Lust und Leidenschaft explodieren in "Live Flesh", und auch David sitzt – trotz Rollstuhl – nicht passiv als Opfer in der Ecke, sondern gießt gehörig Öl ins Feuer.

Platz 3 – "Bitter Moon" von Roman Polanski (1992)

Und Oscar, der Rollstuhlfahrer, auf dem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer? Er meint zu seinem Mitreisenden: "Ja, ja, wir hätten da ein Ende machen sollen. Liebende sollten den Gipfel ihrer Leidenschaft abpassen." Oscar scheint nur am Anfang als Opfer. Er und Mimi leben am Anfang ihre sexuellen Obsessionen hemmungslos aus. Dann ist die Leidenschaft aufgebraucht. Sie trennen sich, Oscar hat einen leichten Autounfall. Mimi besucht ihn im Krankenhaus. Doch dann, im Gehen, stößt sie den Ex-Geliebten mit dem Gipsbein – mit oder ohne Absicht? - aus dem Bett. Nun sitzt Oscar querschnittsgelähmt im Rollstuhl. Das alles erzählt Oscar dem Mitreisenden auf dem Kreuzfahrtschiff als Opfer-Geschichte. Doch gleichzeitig schafft Polanski eine Allegorie auf die Angst des Mannes vor der sexuellen Potenz der Frau. Der Rollstuhl wird zur Metapher für die Kastration. Klar wird: Die Geister, die Oscar vollmundig durch seine Gier nach Verschmelzung mit Mimi einlud, sie wurde er nicht mehr los. Da hilft dann auch die Knarre am Ende nichts.

Platz 2 – "Die Kunst des negativen Denkens" von Bård Breien (2006)

Politische Korrektheit wird man in dieser bösen Geschichte nicht erwarten können. Es geht um einen Mann, der seine Verzweiflung gegenüber einer Therapiegruppe auslässt, die ihn zu Hause auf einen "Positiv denken"-Trip schicken will. Der böse wie saukomische Twist: Der Rollstuhlfahrer schafft es am Ende, mit viel Alkohol und Drogen die anderen von der Kunst und dem Reichtum eines negativen Denkens zu überzeugen. Therapeutisches Wohlfühl-Gelaber kommt bei diesem anarchischen Rollstuhlfahrer nicht an.

Platz 1 – "Die Entdeckung der Unendlichkeit" von James Marsh (2014)

Hier das pure Gegenteil der "Kunst des negativen Denkens". Degenerative Nervenerkrankung: Diese Diagnose bekommt der aufstrebende junge Physiker Stephen Hawking. Bald wird er sein Leben im Rollstuhl verbringen müssen. Doch "Die Entdeckung der Unendlichkeit" zeigt eindrucksvoll den Lebenswillen dieses wohl berühmtesten Rollstuhlfahrers der Welt mit der wohl bekanntesten Computerstimme des Universums. Ein Mensch im Rollstuhl entfaltet trotz oder wegen der jahrzehntelangen Begegnung mit Vergänglichkeit und Tod sein Potential. Der Film erzählt aber auch von der Kraft von Hawkings Frau Jane Wilde, die an der Seite dieses Rollstuhlfahrers bleibt. Das Credo dieses Lebens wie dieses Films: Aus jeder Situation 100 Prozent machen. Ein unglaublich hoffnungsvoller Film.
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