Kino nach Corona-Lockdown

Bangen um neue Filme und leere Säle

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Erleuchteter leerer Kinosaal im Berliner Zoo Palast
Kino im Zeichen des Virus: Viel ist noch ungewiss, wie es weitergehen kann, nur eins ist klar - vorerst werden die meisten Plätze leer bleiben. © imago images / Tinkeres
Bernd Neumann im Gespräch mit Axel Rahmlow und ein Beitrag von Christian Berndt · 27.05.2020
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Ob die Kinos öffnen, schwankt zwischen den Ländern. Anfang Juli könnte es deutschlandweit möglich sein. Die Hygiene-Auflagen sind dabei nur eine Sorge - bald fehlt es an neuen Filmen.
Die meisten Bundesländer haben die Wiedereröffnung der Kinos angekündigt oder bereits erlaubt. Und auch die Filmproduktion, die in den letzten zwei Monaten größtenteils brach lag, nimmt langsam wieder Fahrt auf. Aber damit sind die existenziellen Probleme, die sich mit der Corona-Krise für die Kino- und Filmbranche aufgetan haben, keinesfalls gelöst – im Gegenteil.

Regionaler Start lohnt nicht

In der Filmwelt befürchtet man für den deutschen Kinofilm eine Katastrophe, und wie viele Filmtheater die Krise nicht überstehen werden, wagt niemand vorherzusagen. Die Branche scheint nun auf den 2. Juli als Starttermin zu setzen, um in ganz Deutschland wieder neue Filme ins Kino bringen zu können. Bisher hat nur ein Teil der Bundesländer den Kinobetrieb wieder erlaubt.
"Wir haben in Deutschland einen Slow-Start, wie wir ihn nennen", sagt die Vorstandsvorsitzende des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater, Christine Berg. "Das heißt, es werden langsam aber sicher immer mehr Kinos öffnen, und ich gehe davon aus, dass wir – wenn wir ganz viel Glück haben – alle im Juli geöffnet haben."
Eigentlich hatte die Film- und Kinobranche auf einen bundesweit einheitlichen Termin für die Wiedereröffnung der Kinos gehofft, weil sich regionale Filmstarts für viele Verleiher nicht lohnen. Aber dass die Kinos in den drei bevölkerungsreichsten Ländern bis spätestens Mitte Juni wieder spielen dürfen, bietet die erhoffte Perspektive. Und dass jetzt auch Berlin die Kinos öffnet, so Johannes Klingsporn vom Verband der Filmverleiher, sei vor allem für das Arthaus-Kino wichtig:
"Wenn Sie einen Arthouse-Film haben und wollen den in Deutschland vermieten, dann brauchen Sie die Hauptstadt, weil Sie da 30 Prozent ihres Besuchs sicherlich machen, manchmal auch schon mehr."

Auslastung nur bis 20 Prozent möglich

Voraussichtlich am Donnerstag entscheidet Berlin über die Wiedereröffnung seiner Kinos, während eben in einigen anderen Bundesländern die Filmtheater bereits wieder spielen: "Es kommen Leute, aber sie kommen nicht in Strömen", sagt Christine Berg. "Man merkt wöchentlich, dass es so ganz langsam ansteigt, aber wir bewegen uns wirklich auf einem ganz, ganz niedrigen Niveau."
Die Kinobetreiber zweifeln nicht daran, dass das Publikum wiederkommen wird. Das größere Problem seien die Abstandsregeln für Kinosäle: "Was uns im Moment viel mehr Sorgen macht ist, dass die Auflagen inzwischen so sind, dass wir nur eine Auslastung anbieten können von sieben bis zwanzig Prozent, und damit kann man ein Kino nicht führen", sagt Berg.

Ausfallfonds für deutsche Filme?

Problematisch ist die Situation auch an den Filmsets. Die Berufsgenossenschaft für Medienerzeugnisse hat Empfehlungen erarbeitet. Die sehen unter anderem Quarantänezeiten für Schauspieler vor, die Intimszenen darstellen müssen.
Die Hygiene-Regeln verursachen zusätzliche Kosten, sind aber nur ein Teil des Problems. 100 Autoren und Regisseure haben in einem offenen Brief vor einer Katastrophe für den deutschen Kinofilm gewarnt.
"Im Produktionsbereich gibt es das große Problem, dass, wenn man Filme produziert, man sie nur dann produzieren kann, wenn die Geldgeber wissen: Dieser Film wird auch zu Ende gedreht", sagt Johannes Klingsporn. "Hierzu kann man sich versichern, das sind sogenannte Completion-Bond-Garantien. Im Augenblick ist das aber so, dass kein Versicherer bereit ist, den Abschluss von Dreharbeiten zu garantieren, was dazu führt, dass im Augenblick wirklich kaum deutsche Kinofilme gedreht werden."
Deshalb wird ein Ausfallfonds gefordert: "Wenn es sowas nicht gibt, laufen wir in der Tat Gefahr, dass es in einem Jahr überhaupt keinen deutschen Content mehr im Kino, auf Video und im Fernsehen gibt."

Kultur ist systemrelevant

Bernd Neumann, Präsident der Filmförderanstalt und ehemaliger Staatsminister für Kultur, hält die Forderung nach einem Ausfallfonds nicht nur für richtig, er sieht auch "keine andere Möglichkeit", da Versicherer nicht mehr bereit seien, Folgekosten der Coronakrise zu tragen. Sowohl Filmproduzenten als auch Kinobetrieber seien gefährdet. "Ich gehe davon aus, dass es einen solchen Ausfallfonds geben wird", sagt Neumann, "aber es war ein langwieriger Prozess."
Er kritisiert, dass bislang die Maßnahmen für die Kulturpolitik insgesamt lange nicht die notwendige Rolle gespielt habe, "obwohl Kultur systemrelevant ist". Jetzt solle es einen Stabilisierungsfonds für die Kultur insgesamt geben.
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