Kino in #MeToo-Zeiten

Zur Berlinale kann man auch im Schlafanzug kommen

Der Film "Isle of Dogs - Ataris Reise" eröffnet die Berlinale 2018. Bill Murray, Jeff Goldblum, Greta Gerwig und Bryan Cranston liehen den animierten Figuren ihre Stimmen. (v.l.)
Die Männer im Smoking, die Frauen im Kleid – eigentlich ist es wie immer, sagt Katja Nicodemus. Hier Bill Murray, Jeff Goldblum, Greta Gerwig und Bryan Cranston (v.l.), die den Figuren in "Isle of Dogs" ihre Stimme liehen. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Katja Nicodemus im Gespräch mit Susanne Burg und Patrick Wellinski · 15.02.2018
Die Berlinale ist das erste große europäische Filmfestival, dass in Zeiten von #Metoo über die Bühne geht. Verändert diese Debatte so ein Festival – die Dresscodes oder den Blick der Kritikerinnen? Katja Nicodemus, Filmredakteurin der "Zeit", will noch genauer hinschauen.
Die Schauspielerin Anna Brüggemann hatte unter #Nobodysdoll gefordert, dass Frauen auf dem roten Teppich endlich anziehen sollten, was bequem ist. Es gibt auch die Forderung nach schwarzer Protestkleidung. Katja Nicodemus, Filmkritikerin bei der Wochenzeitung "Die Zeit":
"Nominell ist die Berlinale das einzige der drei großen Festivals, wo man eigentlich im Schlafanzug über den roten Teppich und auf die Gala gehen konnte, da hat nie jemand was gesagt. Das einzige Festival, das mal eine Frau abgewiesen hat, weil sie keine Highheels trug, ist Cannes. (...) Hier gab es immer eine enorme Freiheit und Liberalität, was den Dresscode betrifft."

Forderung nach einem schwarzen Teppich

Veränderungen müssten sich im Denken vollziehen und dürften sich nicht nur auf Codes beschränken:
"Wir sehen uns hier auch einer Revolution der Zeichen gegenüber. Aber es bleibt im Moment bei dieser Zeichenhaftigkeit. Die Forderung nach einem schwarzen Teppich – da müsste man auch die Reeperbahn schwarz belegen und wahrscheinlich halb Nordamerika. Es ist eine Industrie, die Zeichen produziert und formuliert. Ich habe das Gefühl, wenn man das auf Dresscodes beschränkt, dann gehen die Zeichen nur nach innen und es wird dann so eine geschlossene Veranstaltung."

Wo ist die Frau im Film, die einem Mann den Weg freischießt?

Katja Nicodemus wird sich Filme im Zuge der #Metoo-Debatte noch genauer ansehen:
"Ich bin jetzt für mich auch gespannt, ob man auf manche Sachen gereizter schaut – auf diese Geschlechterverhältnisse, die man so einfach hinnimmt. Kennen wir einen Action-Film, wo sich der Mann kreischend in die Arme der Frau flüchtet und sie ihm den Weg freischießt? (...) Ich sehe mir im Moment schon gewisse Frauenbilder etwas anders an."
(cosa)
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