Kinderwunsch mit 40

Der Hamburger Dramaturg John von Düffel wählt mit den Fortpflanzungsschwierigkeiten und -wünschen der 40-Jährigen ein zeitgemäßes Sujet. Leider gelingt es ihm nicht, es mit Raffinesse zu behandeln. Sein neuer Roman macht vielmehr einen unfreiwillig komischen Eindruck, als sei er als Schwarzbuch der Fertilitätsprobleme einer ganzen Generation konzipiert.
Der Roman "Beste Jahre" des Hamburger Dramaturgen John von Düffel, Jahrgang 1966, übertrifft seine vorangehenden Bücher an literarischer Peinlichkeit. Was keine unbeträchtliche Leistung darstellt, sollte man angesichts des 2004 erschienenden Romans "Houweland" fast schon wieder beifällig bemerken, dessen Entstehungsprozess gar in einem Dokumentarfilm festgehalten ist.

In seinem neuen 250-Seiter wählt von Düffel zudem ein Sujet, das zwar durchaus zeitgemäß ist, aber wohl nur mit der größten schreiberischen Subtilität und Raffinesse zu behandeln wäre: das der Fortpflanzungsschwierigkeiten und –wünsche der heutigen um die Vierzigjährigen. Bei von Düffel liest man Stilblüten wie diese Liebeserklärung: " ,Ich liebe dich’, sagte er zu seiner Frau, die ihn anlächelte, irgendwie von innen heraus und irgendwie auch wieder in sich hinein." Irgendwie furchtbar schlecht geschrieben sind Sätze wie dieser: ""Heute dagegen konnte er sagen, dass er sich seines – ja, doch, immerhin – Glückes durchaus bewusst war, und er genoss es sehr, auf vergangenes und, wenn man so wollte, verlorenes Unglück zurückzublicken. Es steigerte die Lebensqualität ungemein.” Die Lesequalität aber wird durch viele ähnlich krude Sätze beträchtlich gemindert.

Lisa, Ende dreißig, wird von ihrem Mann, dem Ich-Erzähler, nicht schwanger, das Paar sucht medizinische Hilfe. Schließlich funktioniert es doch dank künstlicher Befruchtung. Die Schilderung des sich allmählich herausbildenden Kinderwunsches bei dem Paar nimmt viele quälende Seiten in Anspruch; es wird auf unterstem Niveau psychologisiert: "Seit der Fruchtwasseruntersuchung gehe sie offener mit dem Thema um", heißt es über Lisa. Der Plot ist so voraussehbar, dass man meint, der Autor begebe sich absichtlich in die Niederungen der Kolportage. Der Studienfreund der Hauptfigur, HC genannt, den der Protagonist nach vielen Jahren wieder trifft, hat ebenfalls Probleme mit der Fertilität, seine Spermien sind nicht fortpflanzungsfähig. Er bittet seinen Freund, statt seiner das erträumte Kind zu zeugen – und es stellt sich heraus, dass es sich bei HCs Frau um eine Angebetete der Hauptfigur aus Studientagen handelt.

Einen rechten Schluss findet die Geschichte auch nicht. Nach dem Freundschafts-Akt bricht der Roman ab, und man kann in einem Epilog lesen, dass diese Freundeshilfe nicht von Erfolg gekrönt war, aber das Kind der Hauptfigur gesund zur Welt gekommen sein soll, bemessen mit "51 cm, 3430 Gramm".

John von Düffels Roman macht den unfreiwillig komischen Eindruck, als sei er als Schwarzbuch der Fertilitätsprobleme einer ganzen Generation konzipiert. Aber er ist so tumb und betulich geschrieben, so grobschlächtig konstruiert, dass auch robuste Leser unter Umständen über der Lektüre einen jeden Kinderwunsch verlieren.

Rezensiert von Marius Meller

John von Düffel: Beste Jahre. Roman.
Dumont Literaturverlag, Köln 2007.
250 Seiten, 19 Euro 90.