Kindermord und Proletarisierung
Politik ist heutzutage für die meisten Menschen ein eher langweiliges Geschäft. Obwohl es im Wahlkampf von Mehrwertsteuer bis Altersversorgung um Dinge geht, die jeden betreffen – zeigt sich kaum jemand betroffen. Anscheinend bleibt Politikern da nichts anderes übrig, als ihre Botschaften dort anzubinden, wo die Gefühle ohnehin schon hochkochen.
Man könnte das emotionale Trittbrettfahrerei nennen. Sollte Jörg Schönbohm versucht haben in dieser Disziplin Oskar Lafontaine vom ersten Platz zu verdrängen? Die Reaktion in Ostdeutschland querbeet durch die Parteien wird dem brandenburgischen Innenminister indessen gezeigt haben, dass der Versuch, die DDR für den neunfachen Kindermord mittelbar verantwortlich zu machen, in jeder Hinsicht kontraproduktiv war:
Im konkreten Fall erklärt Schönbohms These gar nichts: dass Mütter ihre neugeborenen Kinder umbringen, kam und kommt in allen Gesellschaften vor. Man muss kein Psychiater sein,
um auf den Gedanken zu kommen, dass bei einer neunfachen Babymörderin eine schwere seelische Störung vorliegt. Auch die Ignoranz des sozialen Umfelds erklärt sich nicht durch die Nachwirkungen der realsozialistischen Verhältnisse.
Schönbohms These wird die notwendige Diskussion über die soziokulturellen Folgen von 40 Jahren DDR-Sozialisation nicht erleichtern. Wenn als Substrat in vielen Köpfen hängen bleibt: „Schönbohm sagt, die Ossis sind potentielle Kindermörder“, dann ist das für den innerdeutschen Dialog verheerend. Wenn, was anzunehmen ist, der Ex-General die PDS treffen wollte, als Hüterin der vermeintlich guten Seiten des DDR-Sozialismus, erweist sich sein Schuss als Rohrkrepierer. Die Linkspartei wird durch seine unsinnigen politischen Erklärungsversuche einer menschlichen Tragödie nur gestärkt in ihrer Rolle als Verteidigerin ostdeutscher Biographien. An was Schönbohm vermutlich überhaupt nicht gedacht hat ist, dass unwissende Wähler im Westen, die von ihm beschworenen negativen Folgen der DDR-Sozialisiation natürlich auch auf die Kanzlerkandidatin aus der Uckermark beziehen könnten…
Dass der Schönbohmschen Verknüpfung des Kindermords mit den Auswirkungen des SED-Regimes gleich der Gegenentwurf folgen würde, konnte nicht verwundern: Einige Stimmen wie der Wende-Psychologe Maaz mahnen nun an, dass nicht die DDR sondern die Auflösung derselben mitverantwortlich sind für die Morde. Die Arbeitslosigkeit im Osten, der Zusammenbruch des gewohnten gesellschaftlichen Gefüges, als sozialer Hintergrund für das Ende der Babies im Blumenkasten ? Hartz IV war zur Tatzeit leider noch nicht in Kraft.
Auch das ist nun in der Diskussion, die nächste Stufe der Instrumentalisierung eines menschlichen Dramas für die politische Auseinandersetzung.
Im konkreten Fall erklärt Schönbohms These gar nichts: dass Mütter ihre neugeborenen Kinder umbringen, kam und kommt in allen Gesellschaften vor. Man muss kein Psychiater sein,
um auf den Gedanken zu kommen, dass bei einer neunfachen Babymörderin eine schwere seelische Störung vorliegt. Auch die Ignoranz des sozialen Umfelds erklärt sich nicht durch die Nachwirkungen der realsozialistischen Verhältnisse.
Schönbohms These wird die notwendige Diskussion über die soziokulturellen Folgen von 40 Jahren DDR-Sozialisation nicht erleichtern. Wenn als Substrat in vielen Köpfen hängen bleibt: „Schönbohm sagt, die Ossis sind potentielle Kindermörder“, dann ist das für den innerdeutschen Dialog verheerend. Wenn, was anzunehmen ist, der Ex-General die PDS treffen wollte, als Hüterin der vermeintlich guten Seiten des DDR-Sozialismus, erweist sich sein Schuss als Rohrkrepierer. Die Linkspartei wird durch seine unsinnigen politischen Erklärungsversuche einer menschlichen Tragödie nur gestärkt in ihrer Rolle als Verteidigerin ostdeutscher Biographien. An was Schönbohm vermutlich überhaupt nicht gedacht hat ist, dass unwissende Wähler im Westen, die von ihm beschworenen negativen Folgen der DDR-Sozialisiation natürlich auch auf die Kanzlerkandidatin aus der Uckermark beziehen könnten…
Dass der Schönbohmschen Verknüpfung des Kindermords mit den Auswirkungen des SED-Regimes gleich der Gegenentwurf folgen würde, konnte nicht verwundern: Einige Stimmen wie der Wende-Psychologe Maaz mahnen nun an, dass nicht die DDR sondern die Auflösung derselben mitverantwortlich sind für die Morde. Die Arbeitslosigkeit im Osten, der Zusammenbruch des gewohnten gesellschaftlichen Gefüges, als sozialer Hintergrund für das Ende der Babies im Blumenkasten ? Hartz IV war zur Tatzeit leider noch nicht in Kraft.
Auch das ist nun in der Diskussion, die nächste Stufe der Instrumentalisierung eines menschlichen Dramas für die politische Auseinandersetzung.