Kindermediziner über 20 Jahre Babyklappen

Hilfe für Mütter in Ausnahmesituationen

09:15 Minuten
Blick auf die Babyklappe Karlsruhe. Die Babyklappe wurde im Juli 2001 eröffnet.
Viele ungewollte Kinder würden vielleicht heute nicht mehr leben, wenn es die Babyklappen nicht gäbe. © picture alliance/Uli Deck/dpa
Rainer Rossi im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Sind Babyklappen ein Rettungsanker für verzweifelte Mütter? Oder leisten sie der Verantwortungslosigkeit Vorschub? 20 Jahre nach ihrer Einführung in Deutschland ist für den Mediziner Rainer Rossi nach wie vor wichtig: Sie retten Kinderleben.
Als vor genau 20 Jahren in Hamburg die erste Babyklappe eingerichtet wurde, sahen die einen darin die Rettung für alle Kinder von Müttern in einer Notlage: Nie wieder, so hofften die Initiatoren der anonymen Ablagestelle für Babys, sollten Neugeborene von verzweifelten Müttern einfach ausgesetzt oder getötet und dann weggeworfen werden.
Hinter den Klappen stehen kirchliche und freie Träger der Schwangeren-, Kinder- und Jugendhilfe sowie Krankenhäuser.
Gegner protestierten – und protestieren noch immer - gegen diese Einrichtungen, weil sie angeblich dazu einladen, Babys einfach abzugeben, statt selbst die Verantwortung zu übernehmen. Zudem bewegen die Klappen sich in einer juristischen Grauzone – denn sie unterlaufen das Recht jedes Menschen, zu wissen, wer seine biologischen Eltern sind.

Ein gutes Leben in einer Adoptivfamilie

Auch am Vivantes Klinikum in Berlin-Neukölln gibt es seit fast 20 Jahren eine Babyklappe. Nach Meinung von Rainer Rossi, Chefarzt der dortigen Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, hat die Klappe, allen Kritikern zum Trotz, viel Gutes bewirkt. Etwa 25 bis 30 Säuglinge seien über die Jahre in Neukölln abgegeben worden.
Da es keine Erhebungen über die Zahl von Kindstötungen gebe, lasse sich zwar nicht genau beziffern, in welchem Umfang die Klappe Leben gerettet habe, sagt Rossi. Doch wisse er von Kindern, denen es in ihren Adoptivfamilien "sehr, sehr gut gehe".
Dies und die Tatsache, dass die abgegebenen Babys in Zusammenarbeit mit den Jugendämtern in Sicherheit gebracht würden, rechtfertige in seinen Augen die Existenz der Klappen.
"Nur wenige Mütter haben sich hinterher bei uns gemeldet", sagt er. "Doch aus diesen wenigen Berichten wissen wir, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelte und eventuell Schlimmeres verhindert werden konnte."

Vertrauliche Geburt als Alternative

Kritikern, die argumentieren, eine Babyklappe würde es viel zu einfach machen, sich der Verantwortung für das Kind zu entziehen, entgegnet der Mediziner: "Wenn sie die Verantwortung nicht übernehmen können oder wollen, ist es doch immer noch besser, sie übergeben diese Verantwortung einem Menschen, der sie übernehmen kann."
Eine Alternative zur Klappe könne die vertrauliche Geburt sein, bei der die Mütter anonym bleiben können, wenn sie wollen, jedoch ihre Daten hinterlassen, für den Fall, dass ihr Kind im Teenageralter Kontakt mit ihnen aufnehmen möchte.
Dies sei aber nur dann eine Lösung, "wenn die Frau das kann und schafft", sagt Rainer Rossi. Doch viele Mütter seien aus den unterschiedlichsten Gründen dazu in diesem Moment nicht in der Lage.
(mkn)
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