Kinder und Computer - Gefährlich oder pädagogisch wertvoll?

Dunkle, stickige Kinderzimmer, Kinder, die mit starrem Blick Flugzeuge oder feindliche Kämpfer auf dem Bildschirm abschießen oder stundenlang im Internet surfen - so sieht das Horror-Szenario vieler Eltern aus, wenn sie an Computernutzung ihrer Kinder denken. Der PC ist für viele Kinder längst zum unerlässlichen Spielkamerad geworden - für Eltern ist er oft der große Unbekannte. "70 Prozent der Eltern", schätzt der Medienwissenschaftler Jo Groebel, "wissen nicht, was ihre Kinder im Web machen."
Sollten sie aber, denn die Bandbreite an brutalen Ballerspielen, aber auch an pädagogisch wertvollen Angeboten wächst mit jedem Jahr. Eine Orientierung im elektronischen Spiel-Dschungel bietet die "Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle", kurz USK, eine freiwilligen Begutachtungsstelle der Softwarefirmen. Ihre Gutachter entscheiden darüber, ab welchem Alter ein Spiel freigegeben werden kann. So wie Marek Klingelstein: Der "dienstälteste" Spielfreak bei der USK hat seit 1994 etwa 8000 Spiele getestet und insgesamt etwa 20.000 Spiele gespielt. 50 Stunden pro Woche sitzt er im Schnitt vor dem Computer. Ein krisensicherer Job: Altersfreigaben für Computerspiele sind seit dem 01.04.2003 gesetzlich vorgeschrieben.

Für den studierten Medieninformatiker dürfte die "Games Convention" in Leipzig ein wahres Eldorado sein: Die Computerspielmesse vom 18. – 21. August 2005 gilt als die "größte Spielhalle Deutschlands". Auch in diesem Jahr werden mehr als 100.000 PC-Begeisterte, darunter viele Kinder und Jugendliche, die vier Ausstellungshallen bevölkern und die neuesten Spiel-Ideen, aber auch Lern- und Schulsoftware ausprobieren.

Einer der Fachbesucher ist auch Prof. Dr. Bernd Schorb. Der Medienpädagoge leitet das Zentrum für Medien und Kommunikation (ZMK) an der Universität Leipzig und untersucht seit Jahren die Auswirkungen des Fernsehens und der elektronischen Medien auf Kindern und Jugendliche. Seine Erfahrung: Die Glotze ist bereits der wichtigste Erzieher nach den Eltern. Und der Computer holt auf: Bereits 70 Prozent der sechs- bis 13-Jährigen haben Erfahrung mit dem PC, 60 Prozent der Kinder mit Computererfahrung waren schon im Internet. "Computer sind Universalmedien. Die Frage ist aber, welche Inhalte Kinder wählen: Wenn Kinder den ganzen Tag nichts anderes machen, als Abschuss-Spiele zu spielen, dann üben sie abschießen. Da gibt es nichts zu beschönigen. Aber Medien haben allenfalls eine verstärkende Wirkung. Sie sind nicht der Auslöser für Gewalt. Diesen Zusammenhang sehe ich nicht."

"Gefährlich oder pädagogisch wertvoll?" Über Kinder und Computer diskutieren der Medienpädagoge Prof. Dr. Bernd Schorb und der Spieltester Marek Klingelstein heute gemeinsam mit Dieter Kassel in der Sendung "Radiofeuilleton – Im Gespräch" von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr im Programm von Deutschlandradio Kultur. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 – 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen über die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle unter www.usk.de.
Literatur: Klingelstein, Gerstenberger: "Crashkurs Kind und Computerspiele", erscheint im September 2005 in der Reihe "Medien-fit in 90 Minuten" im Klett-Verlag