Kinder sind Kinder
Für die eine ist sie die Pädagogin schlechthin, für die anderen eine schlechte Erfindung des Reality-TV: An Katharina Saalfrank alias die "Super Nanny" scheiden sich die Geister. Eltern, die schnelle Lösungen wollen, werden in ihrem Buch "Die Super Nanny" nicht fündig. Denn ihr Erstlingswerk hat gar nichts, aber auch wirklich gar nichts mit ihrer TV-Serie zu tun.
Es gibt so Momente, da fragt man sich als Eltern: Sind wir ein Fall für die Super Nanny? Könnte sie uns nicht jetzt rettend zur Seite springen? Etwa dann wenn unser Kind sich etwa in blinder Wut auf dem Boden wälzt, weil wir uns weigern es zu tragen oder weil es anstelle des Abendessens lieber Gummibärchen essen will. Oder weil es nicht einsehen möchte, dass abends auch mal Schluss sein muss und das Bett auf einen wartet.
Genau dann wollen wir, nach einem vollen Tag ausgepowert und am Ende der eigenen Kräfte, gerne diese Super Nanny im Haus haben. Diese freundliche energische Frau, die ja selbst wie es scheint bei aussichtslosen Fällen in 14 Tagen eine Lösung erreicht und aus ungezogenen Kindern brave macht. Ja, genau: Sie kommt und wird es schon richten. Und wir? Wir nehmen ihre Liste mit den besten Erziehungstipps freudig entgegen - denn so eine Rezeptliste muss Katharina Saalfrank doch haben - und arbeiten sie bei Bedarf ab.
Gut also, dass es jetzt das passende Buch gibt, mögen sich jetzt viele freuen, die in solch schwarzen Erziehungsstunden ähnlich fühlen wie wir. "Die Super Nanny. Glückliche Kinder brauchen starke Eltern", so lautet der vielversprechende Titel des hübsch aufgemachten, 144seitigen Buches. Und dann das: "Was Ihnen dieses Buch nicht bietet kann ... sind Rezepte, wie sie ihre Kinder mit wenig Arbeit in den Griff bekommen."
Wie jetzt, schreit der enttäuschte Leser, Erziehung funktioniert doch nicht nach Rezept? "Darum geht es nicht!", lesen wir hier plötzlich und sind erstaunt. "Kinder brauchen Liebe, Respekt, Geduld und Vertrauen. ... Kinder brauchen Eltern, die sich für sie interessieren und sich für ihre Belange einsetzen. Eltern, die nach Lösungen suchen und nicht aufgeben, wenn es schwierig wird." Kurz: Eltern, die schnelle Lösungen wollen, die werden hier nicht fündig. Denn Katharina Saalfranks Buch hat gar nichts, aber auch wirklich gar nichts mit ihrer TV-Serie zu tun. Das fängt schon bei den seitengroßen Fotos im Buch an: Hier sieht man keine schreienden und aggressiven Kinder. Keine überforderten Eltern.
Sondern im Buch lachen glückliche Kinder und Eltern dem Leser entgegen. Das Ziel - so die Botschaft dieser Bilder - ist der Weg. Katharina Saalfrank hat zur Feder gegriffen, um sich endlich als ernstzunehmende Diplom-Pädagogin zu outen. Ausführlich, wenn auch in einfachen Worten macht sie klar, dass Elternsein anstrengend ist und Zeit kostet. Dass es notwendig ist, selbstkritisch zu sein und dass - falls wirklich etwas schief erheblich läuft in der Erziehung - offizielle und seriöse Beratungsstellen die richtige Anlaufstelle sind. Und zwar nur die!
Es scheint fast so, als würde Katharina Saalfrank sich von ihrer eigenen Sendung distanzieren. Im Buch ist nie die Rede von den "stillen Treppen" oder den "Wuthöhlen", die sie in ihrer Sendung gerne für ungehorsame Kinder erfindet. Auch sonst fehlen gezielte Anleitungen. Zwar streut sie ziemlich allgemein geratene Hinweise ein, etwa dass Baumwollkleidung besser ist als Synthetik oder dass gutes Spielzeug ein Gütesiegel hat, aber in ihrem Buch geht es um mehr.
Um grundsätzlicheres: Kinder sind Produkte ihrer Eltern. Sie kommen als "unbeschriebene Blätter" auf die Welt, schreibt die Super Nanny. Und deshalb appelliert Katharina Saalfrank leidenschaftlich an sie, die Eltern, sich über die eigene Person Gedanken zu machen. Ganz nach dem Motto: Nur wenn es den Eltern gut geht, geht es auch dem Kind gut. Nur wer mit sich selbst zufrieden und glücklich ist, wer seine Standpunkte hat und auch mal über sich selbst lachen kann, dem wird die Kindererziehung leichter gelingen.
Das ist nicht neu und entspricht eigentlich ganz der Richtung, in die alle seriösen Erziehungsfachleute schon seit Jahrzehnten weisen. Neu aber ist, dass es von Katharina Saalfrank stammt. Zumindest in ihrer Sendung transportiert sie ein komplett anderes Bild. Und so werden die Leser, die jetzt ein Buch à la Super Nanny erwarten, wo Ratschläge und Tipps zum Thema "Erziehung leicht gemacht" angeboten werden, enttäuscht.
Und das ist - auch wenn man es sich manchmal anders wünscht - auch gut so. Denn Kinder sind Kinder. Sie funktionieren nicht wie kleinen Automaten, sondern auch sie haben mal schlechte Laune und möchten nicht immer gehorchen müssen. So wie wir Erwachsenen eben auch. Daran sollte man beim nächsten Tobsuchtsanfall des trotzenden Kindes denken und vielleicht schafft man es dann, gelassen zu bleiben und sich nicht die Super Nanny herbei zu wünschen. Denn auch sie besitzt kein Patentrezept.
Was aber bedeutet das für das Buch? Muss man es lesen? Ja und nein. Nein, weil nichts wirklich Neues drin steht, was man nicht schon an anderer Stelle gelesen hat. Und ja, weil es geradezu erleichternd ist zu erfahren: Auch die Super Nanny kocht nur mit Wasser. Das Geheimrezept in Sachen Kindererziehung gibt es nicht.
Katharina Saalfrank: Die Super Nanny. Glückliche Kinder brauchen starke Eltern
Goldmann Verlag, München 2006, 144 Seiten
Genau dann wollen wir, nach einem vollen Tag ausgepowert und am Ende der eigenen Kräfte, gerne diese Super Nanny im Haus haben. Diese freundliche energische Frau, die ja selbst wie es scheint bei aussichtslosen Fällen in 14 Tagen eine Lösung erreicht und aus ungezogenen Kindern brave macht. Ja, genau: Sie kommt und wird es schon richten. Und wir? Wir nehmen ihre Liste mit den besten Erziehungstipps freudig entgegen - denn so eine Rezeptliste muss Katharina Saalfrank doch haben - und arbeiten sie bei Bedarf ab.
Gut also, dass es jetzt das passende Buch gibt, mögen sich jetzt viele freuen, die in solch schwarzen Erziehungsstunden ähnlich fühlen wie wir. "Die Super Nanny. Glückliche Kinder brauchen starke Eltern", so lautet der vielversprechende Titel des hübsch aufgemachten, 144seitigen Buches. Und dann das: "Was Ihnen dieses Buch nicht bietet kann ... sind Rezepte, wie sie ihre Kinder mit wenig Arbeit in den Griff bekommen."
Wie jetzt, schreit der enttäuschte Leser, Erziehung funktioniert doch nicht nach Rezept? "Darum geht es nicht!", lesen wir hier plötzlich und sind erstaunt. "Kinder brauchen Liebe, Respekt, Geduld und Vertrauen. ... Kinder brauchen Eltern, die sich für sie interessieren und sich für ihre Belange einsetzen. Eltern, die nach Lösungen suchen und nicht aufgeben, wenn es schwierig wird." Kurz: Eltern, die schnelle Lösungen wollen, die werden hier nicht fündig. Denn Katharina Saalfranks Buch hat gar nichts, aber auch wirklich gar nichts mit ihrer TV-Serie zu tun. Das fängt schon bei den seitengroßen Fotos im Buch an: Hier sieht man keine schreienden und aggressiven Kinder. Keine überforderten Eltern.
Sondern im Buch lachen glückliche Kinder und Eltern dem Leser entgegen. Das Ziel - so die Botschaft dieser Bilder - ist der Weg. Katharina Saalfrank hat zur Feder gegriffen, um sich endlich als ernstzunehmende Diplom-Pädagogin zu outen. Ausführlich, wenn auch in einfachen Worten macht sie klar, dass Elternsein anstrengend ist und Zeit kostet. Dass es notwendig ist, selbstkritisch zu sein und dass - falls wirklich etwas schief erheblich läuft in der Erziehung - offizielle und seriöse Beratungsstellen die richtige Anlaufstelle sind. Und zwar nur die!
Es scheint fast so, als würde Katharina Saalfrank sich von ihrer eigenen Sendung distanzieren. Im Buch ist nie die Rede von den "stillen Treppen" oder den "Wuthöhlen", die sie in ihrer Sendung gerne für ungehorsame Kinder erfindet. Auch sonst fehlen gezielte Anleitungen. Zwar streut sie ziemlich allgemein geratene Hinweise ein, etwa dass Baumwollkleidung besser ist als Synthetik oder dass gutes Spielzeug ein Gütesiegel hat, aber in ihrem Buch geht es um mehr.
Um grundsätzlicheres: Kinder sind Produkte ihrer Eltern. Sie kommen als "unbeschriebene Blätter" auf die Welt, schreibt die Super Nanny. Und deshalb appelliert Katharina Saalfrank leidenschaftlich an sie, die Eltern, sich über die eigene Person Gedanken zu machen. Ganz nach dem Motto: Nur wenn es den Eltern gut geht, geht es auch dem Kind gut. Nur wer mit sich selbst zufrieden und glücklich ist, wer seine Standpunkte hat und auch mal über sich selbst lachen kann, dem wird die Kindererziehung leichter gelingen.
Das ist nicht neu und entspricht eigentlich ganz der Richtung, in die alle seriösen Erziehungsfachleute schon seit Jahrzehnten weisen. Neu aber ist, dass es von Katharina Saalfrank stammt. Zumindest in ihrer Sendung transportiert sie ein komplett anderes Bild. Und so werden die Leser, die jetzt ein Buch à la Super Nanny erwarten, wo Ratschläge und Tipps zum Thema "Erziehung leicht gemacht" angeboten werden, enttäuscht.
Und das ist - auch wenn man es sich manchmal anders wünscht - auch gut so. Denn Kinder sind Kinder. Sie funktionieren nicht wie kleinen Automaten, sondern auch sie haben mal schlechte Laune und möchten nicht immer gehorchen müssen. So wie wir Erwachsenen eben auch. Daran sollte man beim nächsten Tobsuchtsanfall des trotzenden Kindes denken und vielleicht schafft man es dann, gelassen zu bleiben und sich nicht die Super Nanny herbei zu wünschen. Denn auch sie besitzt kein Patentrezept.
Was aber bedeutet das für das Buch? Muss man es lesen? Ja und nein. Nein, weil nichts wirklich Neues drin steht, was man nicht schon an anderer Stelle gelesen hat. Und ja, weil es geradezu erleichternd ist zu erfahren: Auch die Super Nanny kocht nur mit Wasser. Das Geheimrezept in Sachen Kindererziehung gibt es nicht.
Katharina Saalfrank: Die Super Nanny. Glückliche Kinder brauchen starke Eltern
Goldmann Verlag, München 2006, 144 Seiten