Kiffen kann die Stimmung heben

22.01.2013
Die einen halten Marihuana und Haschisch für Teufelszeug, die anderen für altbewährte Heilmittel. Helmut Kuntz beschreibt in seinem Buch "Haschisch. Konsum. Wirkung. Abhängigkeit. Selbsthilfe. Therapie" differenziert die Droge. Ein guter Ratgeber für Cannabisnutzer und besorgte Eltern.
"Cannabis ist die am meisten unterschätze illegale Rauschdroge", schreibt der Suchttherapeut Helmut Kuntz. Sein Ziel ist es, einen realistischen Blick auf das Harz und die Blüten der Hanfpflanze zu eröffnen, von der Geschichte über die Biochemie bis hin zur Politik. Dabei entlarvt er viele Mythen. Weder ist Haschisch ein Teufelszeug, das Jugendliche unweigerlich zu einer Drogenkarriere verführt, wie manche Eltern und Politiker glauben. Noch ist es ein völlig harmloses Mittel zur Erweiterung des Bewusstseins, für das es viele Nutzer halten.

Objektiv betrachtet ist Cannabis im Vergleich etwa zum legalen Rauschmittel Alkohol eine eher weiche Droge. Es macht kaum körperlich abhängig, allerdings kann hoher Konsum bei psychisch instabilen Jugendliche eine Psychose auslösen. Die häufigsten Nebenwirkungen sind weniger stofflicher, als juristischer Natur. Auf der positiven Seite kann verantwortungsbewusstes Kiffen die Stimmung heben, fantastische Erfahrungen ermöglichen und entspannen.

Etwa ein Drittel der jungen Erwachsenen hat schon einmal mit Cannabis experimentiert. Gerade in der Pubertät bieten die getrockneten Blüten (Marihuana) und das Harz (Haschisch) von Cannabis sativa eine einfache Möglichkeit, unangenehmen Erfahrungen abzudämpfen und sich gleichzeitig von den Eltern abzugrenzen. Meist geht diese Phase vorüber. Der Suchttherapeut Helmut Kuntz beobachtet aber, dass der erste Kontakt mit der Droge vielfach schon früh mit 12, 13 14 Jahre erfolgt. In diesem Alter entwickeln Kinder schnell Abhängigkeiten und dann wird Cannabis eben doch gefährlich.

Im Hauptteil seines Buches beschreibt Helmut Kuntz einige Wege in die Sucht. Da gibt es den schmächtigen Jungen, der sich mit Prahlereien über seinen Cannabiskonsum Respekt verschafft. Oder die junge Frau, die sich ihrem kiffenden Freund anpasst, den Gelangweilten, den Verängstigten, und, und, und…

Die vielfältigen Nöte seiner Klienten legen nach Ansicht von Helmut Kuntz auch die Defizite der Gesellschaft offen. Hier können Eltern viel über die Lebensrealität von Jugendlichen erfahren, auch wenn sich nach dem x-ten Bericht eine gewisse Ermüdung einstellt. Spannend sind dann wieder die Geschichten über die Therapien. Deren erster Schritt besteht immer darin, dem Haschischnutzer klar zu machen, dass sein Konsum längst von einer Problemlösung zur Wurzel seiner Schwierigkeiten geworden ist.

Am Ende gibt Helmut Kuntz konkrete Ratschläge, getrennt für die Kiffer selbst und für deren Angehörige. Schnell wird klar, dass für Eltern die Gratwanderung schwierig ist, einerseits ein Experimentieren ihrer Kinder zuzulassen und andererseits rechtzeitig echtem Suchtverhalten entgegenzusteuern. Dieses Buch kann ihnen dabei zu mehr Sicherheit verhelfen. Den Cannabisnutzern rät Kuntz zu einer nüchternen Bestandsaufnahme: Haben sie den Griff zum Joint unter Kontrolle oder kontrolliert Hasch schon ihr Leben?

Trotz einiger Längen, wer beim Thema Cannabis nicht auf eigenen Positionen beharren will, sondern breit gefächerte und neutral präsentiere Informationen sucht, der wird von Helmut Kunz gut bedient.


Besprochen von Volkart Wildermuth

Helmut Kuntz: Haschisch. Konsum. Wirkung. Abhängigkeit. Selbsthilfe. Therapie
Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2012
335 Seiten, 17,95 Euro

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