Kicken für Christus
Freikirchliche Kurzzeitmissionare wurden bereits im Vorfeld der WM nach Südafrika geschickt, berichtet der evangelische Pfarrer Thorsten Leißer. Sie sollen dort Jugendliche über den Fußball auch mit dem Glauben in Berührung bringen.
Liane von Billerbeck: Bei uns im Studio ist jetzt der evangelische Pfarrer Thorsten Leißer. Er ist privat Fan von Eintracht Frankfurt und betreibt eine Website Religion und Fußball, und in seiner Vita steht, er sei Weltmeisterjahrgang. Und da er nicht 1954 zur Welt gekommen ist, können Sie sich jetzt also ausrechnen, wann mein Gast geboren wurde. Herr Leißer, herzlich willkommen!
Thorsten Leißer: Hallo!
von Billerbeck: Wie stark ist denn der Einfluss evangelikaler Freikirchen auf den Weltfußball, auf die Fußballer?
Leißer: Also ich denke, wenn man das Phänomen Fußball als globales Phänomen sieht, dann geht es tatsächlich eher um den Bereich Lateinamerika, Südamerika. Dort ist naturgemäß auch das evangelikale Christentum sehr viel verbreiteter. Neopentekostale Kirchen sind dort in starkem Wachstum begriffen, und entsprechend haben Sie auch einen Einfluss auf verschiedene gesellschaftliche Schichten und dadurch auch auf den Fußball.
von Billerbeck: Warum sind die so stark, warum wachsen die so stark, was ist das Faszinierende an den evangelikalen Christen?
Leißer: Ja, also die Kirchen, die jetzt so stark wachsen, haben sehr einfache Botschaften, sehr einfache Mittel auch, um biblische Inhalte dem einfachen Volk, das zum Teil auch gar nicht lesen und schreiben kann, beizubringen und zu vermitteln. Da wird viel mit Symbolen gearbeitet, mit einfachen Gesten, die man im Alltag mitnehmen kann und sich dort bewähren kann. Und all das hat eine starke Relevanz für eine Gesellschaft, in der, sage ich mal, auch ein anderes Weltbild noch vorherrschender ist als vielleicht hier im aufgeklärten Europa.
von Billerbeck: Nun hat ja die FIFA religiöse Gesten in und um die Stadien der Weltmeisterschaft herum verboten. Wie versuchen denn nun die Evangelikalen, dieses Verbot zu umgehen?
Leißer: Ja, also im Vorfeld der WM gab es da auch schon zum Teil auch sehr konzertierte Einsätze und Vorbereitungen, dass man gesagt hat Kurzzeitmissionare. Man schickt sie nach Südafrika, um dort sowohl auch soziale Arbeit zu unterhalten und Jugendliche mit dem Fußball und über den Fußball auch mit dem Glauben in Berührung zu bringen. Zum anderen wird man versuchen, die Aufmerksamkeit des Fußballs generell zu nutzen, um für die Sache Jesu nach den Meinungen verschiedener Kirchen zu werben.
von Billerbeck: Der Einfluss der Freikirchen der Evangelikalen, der wächst ja, Sie haben es erwähnt, besonders in Südamerika, aber auch in Afrika. Sie waren in Brasilien, wie haben Sie das selbst erlebt?
Leißer: Also ich komme ja nun aus einer eher volkskirchlichen Tradition in Deutschland, deutscher Protestantismus, und wenn man mit diesen Augen und mit diesem Hintergrund sich brasilianische Pfingstkirchen und vor allen Dingen aber auch eben diese neueren Pfingstkirchen anschaut, dann hat das eben nicht sehr viel miteinander gemeinsam. Es ist dort eine sehr starke Personifizierung des Pfarrers oder des Predigers eben, das ist sehr wild und sehr frei. Es kommt zu Heilungen, es wird, böse Geister werden ausgetrieben, Flüche abgewehrt, im Gegenteil, manchmal sogar Flüche woanders hingeschickt.
von Billerbeck: Das erinnert eher an Voodoo.
Leißer: Ja, ich sage mal so, also an ein Weltbild, was eben noch sehr viel stärker geistdurchwirkt ist, wenn man es jetzt auch mal weniger wertend sagen will, sondern tatsächlich spielen Geister, Dämonen auch in anderen Ländern und Kulturen eine sehr viel stärkere Rolle, als das jetzt beispielsweise in der Bundesrepublik der Fall ist.
von Billerbeck: Was ist denn nun dran an dem Gerücht, dass ganz gezielt evangelikale Fußballer in die europäischen Ligen gesandt werden, um sie zu unterwandern und die Kollegen auf dem Feld oder außerhalb zu missionieren?
Leißer: Also ich kann mir nicht vorstellen, dass da sehr viel dran ist an einer solchen gezielten Invasion, sagen wir es mal so, denn das sage ich mal Westeuropa ist im Prinzip christianisiertes Land. Also das wäre eine Mission unter Gleichgesinnten, unter Glaubensgeschwistern, wenn man so will. Das kann ich mir nicht so vorstellen. Allerdings ist zu sehen, dass auch Fußballer mit evangelikalerem Hintergrund, die nach Deutschland kommen, auch gerade aus Brasilien, sich in Deutschland aktiv als Christen auch betätigen, in freikirchlichen und sonstigen Gemeinden auch predigen, als Gäste auch gezeigt werden, als öffentlichkeitswirksame, und natürlich auch zum Beispiel den sagenhaften Bibelkreis Sportler rufen Sportler (SRS) gegründet wurde. Also das ist so, dass man sich im Fußballkollegenkreis tatsächlich auch mit der Bibel und mit biblischen Botschaften gezielt auseinandersetzt.
von Billerbeck: Das muss Ihnen als Protestant doch eigentlich gefallen.
Leißer: Ja, also grundsätzlich ist an der Beschäftigung mit biblischen Inhalten und mit Ideen und auch der Heilszusage des Glaubens erst mal gar nichts auszusetzen. Es geht tatsächlich immer wieder auch ein bisschen um die Frage, wie und was wird dann dort besprochen und gibt es eine theologische Fundierung, ist das Ganze auch mit einem gewissen Reflexionsprozess verbunden. Das ist natürlich etwas, was dann die deutsche Perspektive und vielleicht auch eine deutsche Kritik evangelischerseits daran auch nötig macht.
von Billerbeck: Hat es auch etwas mit Intoleranz zu tun, dass da also so eine Art Ausschluss passiert – wir sind diejenigen, die den eigentlichen Glauben haben? Ich meine, kennt man ja auch von anderen Religionen. Ist das das auch, was Sie kritisieren an den Evangelikalen, Sie ganz persönlich?
Leißer: Also ich ganz persönlich würde erst mal sagen, dass die Evangelikalen ein sehr, sehr schimmerndes, ein sehr schimmernder Bereich ist. Also das evangelikale Christentum auch in Europa und auch weltweit ist eben etwas, was man sehr wenig auf einen Punkt, einen Nenner bringen kann. Aber es gibt durchaus Tendenzen, auch im Evangelikalismus, der sehr separatistische Tendenzen hat, der sehr stark auf einer Ausgrenzung hinausläuft. Und da muss man auch aufpassen, dass man anderen Menschen anderen Glaubens nicht das Recht auch abspricht, diesen zu verfolgen.
von Billerbeck: Welche Folgen hat denn diese freikirchliche Missionierung, also gerade bei Fußballern? Wie erfolgreich sind die denn?
Leißer: Dazu muss man sagen, es ist ein sehr umstrittenes Feld. Also es gibt Leute, die sehr stark behaupten, ja, das wäre sehr erfolgreich, dass auch evangelikale Kirchen in Deutschland sehr stark im Wachsen seien. Da gibt es aber auch andere, die auch versuchen, das ein bisschen seriöser aufzurollen. Und die fragen sich schon, ist das tatsächlich so, dass hier neue Menschen für den Glauben gewonnen werden, oder geht es nicht tatsächlich um Wanderungstendenzen innerhalb der verschiedenen christlichen Konfessionen.
von Billerbeck: Das heißt von Ihnen weg und hin zu den Freikirchen?
Leißer: Entweder das, oder es gibt auch die Theorie, dass man sagt, der Evangelikalismus hat eine sehr viel stärkere Bindungskraft als der volkskirchliche Protestantismus zum Beispiel.
von Billerbeck: Auch in Europa?
Leißer: Auch in Europa.
von Billerbeck: Sagt Thorsten Leißer, Privatfan von Eintracht Frankfurt und Betreiber der Website Religion und Fußball. Danke fürs Kommen. Heute Abend spielt Brasilien gegen Nordkorea, 20:30 Uhr - wir werden sehen, ob man da irgendwas Evangelikales beobachten kann.
Thorsten Leißer: Hallo!
von Billerbeck: Wie stark ist denn der Einfluss evangelikaler Freikirchen auf den Weltfußball, auf die Fußballer?
Leißer: Also ich denke, wenn man das Phänomen Fußball als globales Phänomen sieht, dann geht es tatsächlich eher um den Bereich Lateinamerika, Südamerika. Dort ist naturgemäß auch das evangelikale Christentum sehr viel verbreiteter. Neopentekostale Kirchen sind dort in starkem Wachstum begriffen, und entsprechend haben Sie auch einen Einfluss auf verschiedene gesellschaftliche Schichten und dadurch auch auf den Fußball.
von Billerbeck: Warum sind die so stark, warum wachsen die so stark, was ist das Faszinierende an den evangelikalen Christen?
Leißer: Ja, also die Kirchen, die jetzt so stark wachsen, haben sehr einfache Botschaften, sehr einfache Mittel auch, um biblische Inhalte dem einfachen Volk, das zum Teil auch gar nicht lesen und schreiben kann, beizubringen und zu vermitteln. Da wird viel mit Symbolen gearbeitet, mit einfachen Gesten, die man im Alltag mitnehmen kann und sich dort bewähren kann. Und all das hat eine starke Relevanz für eine Gesellschaft, in der, sage ich mal, auch ein anderes Weltbild noch vorherrschender ist als vielleicht hier im aufgeklärten Europa.
von Billerbeck: Nun hat ja die FIFA religiöse Gesten in und um die Stadien der Weltmeisterschaft herum verboten. Wie versuchen denn nun die Evangelikalen, dieses Verbot zu umgehen?
Leißer: Ja, also im Vorfeld der WM gab es da auch schon zum Teil auch sehr konzertierte Einsätze und Vorbereitungen, dass man gesagt hat Kurzzeitmissionare. Man schickt sie nach Südafrika, um dort sowohl auch soziale Arbeit zu unterhalten und Jugendliche mit dem Fußball und über den Fußball auch mit dem Glauben in Berührung zu bringen. Zum anderen wird man versuchen, die Aufmerksamkeit des Fußballs generell zu nutzen, um für die Sache Jesu nach den Meinungen verschiedener Kirchen zu werben.
von Billerbeck: Der Einfluss der Freikirchen der Evangelikalen, der wächst ja, Sie haben es erwähnt, besonders in Südamerika, aber auch in Afrika. Sie waren in Brasilien, wie haben Sie das selbst erlebt?
Leißer: Also ich komme ja nun aus einer eher volkskirchlichen Tradition in Deutschland, deutscher Protestantismus, und wenn man mit diesen Augen und mit diesem Hintergrund sich brasilianische Pfingstkirchen und vor allen Dingen aber auch eben diese neueren Pfingstkirchen anschaut, dann hat das eben nicht sehr viel miteinander gemeinsam. Es ist dort eine sehr starke Personifizierung des Pfarrers oder des Predigers eben, das ist sehr wild und sehr frei. Es kommt zu Heilungen, es wird, böse Geister werden ausgetrieben, Flüche abgewehrt, im Gegenteil, manchmal sogar Flüche woanders hingeschickt.
von Billerbeck: Das erinnert eher an Voodoo.
Leißer: Ja, ich sage mal so, also an ein Weltbild, was eben noch sehr viel stärker geistdurchwirkt ist, wenn man es jetzt auch mal weniger wertend sagen will, sondern tatsächlich spielen Geister, Dämonen auch in anderen Ländern und Kulturen eine sehr viel stärkere Rolle, als das jetzt beispielsweise in der Bundesrepublik der Fall ist.
von Billerbeck: Was ist denn nun dran an dem Gerücht, dass ganz gezielt evangelikale Fußballer in die europäischen Ligen gesandt werden, um sie zu unterwandern und die Kollegen auf dem Feld oder außerhalb zu missionieren?
Leißer: Also ich kann mir nicht vorstellen, dass da sehr viel dran ist an einer solchen gezielten Invasion, sagen wir es mal so, denn das sage ich mal Westeuropa ist im Prinzip christianisiertes Land. Also das wäre eine Mission unter Gleichgesinnten, unter Glaubensgeschwistern, wenn man so will. Das kann ich mir nicht so vorstellen. Allerdings ist zu sehen, dass auch Fußballer mit evangelikalerem Hintergrund, die nach Deutschland kommen, auch gerade aus Brasilien, sich in Deutschland aktiv als Christen auch betätigen, in freikirchlichen und sonstigen Gemeinden auch predigen, als Gäste auch gezeigt werden, als öffentlichkeitswirksame, und natürlich auch zum Beispiel den sagenhaften Bibelkreis Sportler rufen Sportler (SRS) gegründet wurde. Also das ist so, dass man sich im Fußballkollegenkreis tatsächlich auch mit der Bibel und mit biblischen Botschaften gezielt auseinandersetzt.
von Billerbeck: Das muss Ihnen als Protestant doch eigentlich gefallen.
Leißer: Ja, also grundsätzlich ist an der Beschäftigung mit biblischen Inhalten und mit Ideen und auch der Heilszusage des Glaubens erst mal gar nichts auszusetzen. Es geht tatsächlich immer wieder auch ein bisschen um die Frage, wie und was wird dann dort besprochen und gibt es eine theologische Fundierung, ist das Ganze auch mit einem gewissen Reflexionsprozess verbunden. Das ist natürlich etwas, was dann die deutsche Perspektive und vielleicht auch eine deutsche Kritik evangelischerseits daran auch nötig macht.
von Billerbeck: Hat es auch etwas mit Intoleranz zu tun, dass da also so eine Art Ausschluss passiert – wir sind diejenigen, die den eigentlichen Glauben haben? Ich meine, kennt man ja auch von anderen Religionen. Ist das das auch, was Sie kritisieren an den Evangelikalen, Sie ganz persönlich?
Leißer: Also ich ganz persönlich würde erst mal sagen, dass die Evangelikalen ein sehr, sehr schimmerndes, ein sehr schimmernder Bereich ist. Also das evangelikale Christentum auch in Europa und auch weltweit ist eben etwas, was man sehr wenig auf einen Punkt, einen Nenner bringen kann. Aber es gibt durchaus Tendenzen, auch im Evangelikalismus, der sehr separatistische Tendenzen hat, der sehr stark auf einer Ausgrenzung hinausläuft. Und da muss man auch aufpassen, dass man anderen Menschen anderen Glaubens nicht das Recht auch abspricht, diesen zu verfolgen.
von Billerbeck: Welche Folgen hat denn diese freikirchliche Missionierung, also gerade bei Fußballern? Wie erfolgreich sind die denn?
Leißer: Dazu muss man sagen, es ist ein sehr umstrittenes Feld. Also es gibt Leute, die sehr stark behaupten, ja, das wäre sehr erfolgreich, dass auch evangelikale Kirchen in Deutschland sehr stark im Wachsen seien. Da gibt es aber auch andere, die auch versuchen, das ein bisschen seriöser aufzurollen. Und die fragen sich schon, ist das tatsächlich so, dass hier neue Menschen für den Glauben gewonnen werden, oder geht es nicht tatsächlich um Wanderungstendenzen innerhalb der verschiedenen christlichen Konfessionen.
von Billerbeck: Das heißt von Ihnen weg und hin zu den Freikirchen?
Leißer: Entweder das, oder es gibt auch die Theorie, dass man sagt, der Evangelikalismus hat eine sehr viel stärkere Bindungskraft als der volkskirchliche Protestantismus zum Beispiel.
von Billerbeck: Auch in Europa?
Leißer: Auch in Europa.
von Billerbeck: Sagt Thorsten Leißer, Privatfan von Eintracht Frankfurt und Betreiber der Website Religion und Fußball. Danke fürs Kommen. Heute Abend spielt Brasilien gegen Nordkorea, 20:30 Uhr - wir werden sehen, ob man da irgendwas Evangelikales beobachten kann.