Kevin Spacey und die Folgen

Droht dem Hollywood-Film eine neue Prüderie?

US-Schauspieler Kevin Spacey
US-Schauspieler Kevin Spacey © picture alliance / Flavio Lo Scalzo
Frank Stern im Gespräch mit Ute Welty · 11.11.2017
Dass Ridley Scott aus seinem Film "Alles Geld der Welt" alle Szenen mit Kevin Spacey herausschneiden lässt, hält Frank Stern für eine notwendige Maßnahme. Wir haben den Filmhistoriker außerdem gefragt, ob der Hollywood-Film im Zuge des Skandals wieder prüder wird.
Regisseur Ridley Scott lässt wenige Wochen vor dem Kinostart alle Szenen mit Kevin Spacey aus seinem bereits abgedrehten Film "Alles Geld der Welt" herausschneiden, da dem Schauspieler sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden. Eine angemessene Reaktion - oder überzogen? Und was verheißen solche Maßnahmen für die künftige Darstellung von Sexualität im Film?

"Unbedingt notwendig, dass Scott eingreift"

Für den Filmhistoriker Frank Stern von der Universität Wien ist das zunächst einmal ein Zeichen, dass Scott genau wisse, was das Publikum erwartet. "Film ist immer auch Business, und Ridley Scott will keinen Flop produzieren", sagte Stern im Deutschlandfunk Kultur. "Und um diesen Film überhaupt auf die Leinwände zu bekommen und auch in den Wettbewerb für einen Oscar, ist das unbedingt notwendig, dass er eingreift."
Szene aus der TV-Serie "Game of Thrones"
Szene aus der TV-Serie "Game of Thrones"© imago/ZUMA Press
Falls infolge der Debatte im Hollywood-Film jetzt eine neue Prüderie Einzug halten sollte, fände Stern das ziemlich unangebracht. Zwar könne er nicht definieren, was politsche Korrektheit beim Sex sein solle. Aber: "Es klingt für mich entsetzlich langweilig. Denn etwas, was korrekt ist, unterläuft ja in der Regel die menschliche Vorstellungskraft, die Initiative, die Innovation, das Kreative."

"Transparent" oder "Game of Thrones" - wie Sexualität im Film dargestellt wird

Derzeit sieht er ganz unterschiedliche Tendenzen, wie Sexualität im Film dargestellt wird. Zum einen sei da die Serie "Transparent", "die zurzeit die wichtigste filmische Darstellung unterschiedlicher Sexualitäten ist, mit einer unbeschreiblichen Offenheit hinsichtlich aller Formen von Transgender und Intersexualität." Auch "Game of Thrones" könne die Diskussion über die Darstellung von Sexualitäten befruchten.
"Das heißt jetzt aber nicht, dass wir nicht mit weiteren schwülstigen Teenie-Filmen zu rechnen haben, wo man sich fragt, wo der erste Kuss erst dann kommt, wenn sie schon Großeltern sind", so Stern. "Das heißt, wir haben die gesamte Bandbreite von offenen visuellen Darstellungen bis zur Prüderie und konservativ protestantisch-katholischen Sexualvorstellungen."
(uko)
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