Kettcar-Sänger

Wenn die Wörter ihren Platz bekommen

CD-Cover: Marcus Wiebusch "Konfetti"
CD-Cover: Marcus Wiebusch "Konfetti" © Label: Grand Hotel van Cleef
Von Olga Hochweis · 30.04.2014
Im September spielten Kettcar ihr vorerst letztes Konzert auf dem Reeperbahn-Festival - ein umjubelter Abschied, hinein in die kreative Pause der Hamburger Band. Besonders intensiv hat diese Pause Kettcar-Sänger und Texter Marcus Wiebusch genutzt: mit seinem ersten Solo-Album "Konfetti“.
Ein "neuer" Marcus Wiebusch tritt hier an, auch wenn das Timbre seiner Stimme selbst im Sprechgesang das altvertraute akustische Déjà-vu bietet. Inhaltlich gibt es dafür einiges Neues zu entdecken: statt gefühlvoller Liebeslieder und selbstreferentieller Texte hört man in Wiebuschs neuen Solo-Songs fast ausschließlich von der Welt da draußen.
Um Zeitgeist geht es, um Haltung und Meinung mehr als um private Gefühle. Ganz unterschiedlich die Protagonisten dieser "Rollenprosa": Computer-Nerds, die sich mit ihrem Erfolg für alle Demütigungen aus Schulzeiten rächen; Leute mit Wohlstandsproblemen, die im Selbstjammer untergehen und - am bekanntesten der schwule Fußballer im Song "Der Tag wird kommen". Er ist lange vor dem Outing von Thomas Hitzelsperger entstanden.
Von der Ballade zum Hip-Hop
Eine Überraschung auch, welche Musik die Entstehung des Albums mitinspiriert hat: die des US-amerikanische Rapper Kanye West. Zitat Wiebusch:
"Ich mache jetzt sicher keine Rap-Musik, aber man hört dem Album an, dass ich Hip-Hop sehr mag. Ich liebe die Inhaltlichkeit von Hip-Hop, dass man mit einem Text ganze Welten erschaffen kann, weil die Wörter hier den Platz bekommen."
Um die elf Songs "wie ein Mixtape" (Zitat Wiebusch) klingen zu lassen, hat die Gitarre viel Gesellschaft bekommen, elegische Piano- und Bläser-Klänge ebenso wie rhythmische Elektro-Sounds. Neben zahllosen Musikern haben auch gleich sieben Produzenten Hand angelegt. Manches schrammt musikalisch zugegeben knapp am Schlagerhaften vorbei. Auch nicht in jedem Song wirkt die Pseudo-Jugendlichkeit mit pseudo-coolen, wabernden Beats ganz glaubwürdig. Aber allein schon die Texte machen das Album hörenswert.
Label: Grand Hotel van Cleef