"Keine Bürgerversicherung nach SPD-Modell"

Moderation: Annette Riedel und Michael Groth |
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Ramsauer (CSU), hat das SPD-Modell der Bürgerversicherung zur Gesundheitsreform abgelehnt. Er sei aber zuversichtlich, dass sich eine große Koalition auf ein Modell einigen werde, sagte Ramsauer. Gerade durch die Vielfalt der Positionen über Parteigrenzen hinweg gebe es gute Chancen auf eine Einigung.
Deutschlandradio Kultur: Herr Ramsauer, der Kandidat der Linkspartei fürs Präsidium des Bundestages, der PDS-Politiker Lothar Bisky, ist bei der konstituierenden Sitzung durchgefallen, er hat dreimal keine Mehrheit als Vize-Bundestagspräsident gefunden. Haben Sie ihm Ihre Stimme gegeben?

Ramsauer: Also die Stimmabgabe ist geheim und da soll es auch dabei bleiben. Und da muss auch eines mal klargestellt werden, ein parlamentarischer Geschäftsführer hat natürlich die Aufgabe, für eine gewisse Einheitlichkeit in der Abstimmung und Berechenbarkeit im Parlament zu sorgen, aber ich kann natürlich einem einzelnen Abgeordneten qua Amt nicht in sein Stimmverhalten hineinregieren, das geht nicht. Und eigenartig ist eines: dass das politische Feuilleton sich bei jeder Gelegenheit darüber aufregt, wenn irgendwo etwas wie Fraktionszwang oder Fraktionsdisziplinierung droht. In diesem Fall ist das Ganze auf einmal auf den Kopf gestellt und es wird regelrecht erwartet, dass die Fraktionsführung jeden einzelnen Abgeordneten sozusagen in ein gewisses Abstimmungsverhalten hineinzwingt. Und jetzt kann man natürlich sagen, 'Leute, das und das ist vereinbart und denen steht das zu', aber wie der Einzelne abstimmt, ist seine Sache, – auch eine Antwort ans politische Feuilleton –: wenn die Freiheit des Abgeordneten gefordert wird und wenn gegen Fraktionszwang oder Disziplin immer argumentiert wird, dann muss man es auch akzeptieren, wenn es einmal einen Ex-Kommunisten trifft. Völlig unbestritten ist bei uns in der Fraktion, dass der Linkspartei ein Vize-Präsident zusteht, das heißt aber noch lange nicht, dass die Freiheit des einzelnen Abgeordneten dergestalt eingeengt wird, dass nur ein bestimmter Kandidat zu wählen ist.

Deutschlandradio Kultur: Normalerweise ist es ja so, Herr Ramsauer, wenn es um den Namen geht, dass man sich dort vorher dann im Kreise der Geschäftsführer trifft, dass man hört, dieser Mann oder diese Frau ist nicht durchsetzungsfähig, dann würde die Partei, in dem Fall die Linkspartei, einen anderen benennen, das war ja offenkundig jetzt nicht der Fall.

Ramsauer: Doch, wir haben uns ja verständigt gehabt aber jetzt in meinem Fall, ich kann nicht bei den anderen 45 CSU-Abgeordneten eine Gewissensprüfung durchführen.

Deutschlandradio Kultur: Nur, um noch mal nachzufragen: Sie haben also der Linkspartei vorher eindeutig signalisiert, 'Bisky, der ist bei uns nicht mehrheitsfähig' und die Linkspartei hat trotzdem darauf bestanden?

Ramsauer: Ja, wir haben gesagt, dass es da Bedenken gibt aber es war eigentlich damit zu rechnen, dass der Kandidat durchläuft mit den entsprechenden Mehrheiten. Wir waren davon alle etwas überrascht aber wie gesagt, kein Abgeordneter braucht sich in seinen Stimmzettel hineinschauen zu lassen.

Deutschlandradio Kultur: Richtig, aber wie würden Sie denn jetzt sozusagen den politischen Flurschaden beschreiben, der dadurch entsteht?

Ramsauer: Ich würde nicht unbedingt von einem Flurschaden sprechen, man kann vielleicht sogar von einem Nutzen sprechen, dass das Parlament nicht ein Vollzugsorgan ist von politischen Führungskräften, die untereinander etwas ausgemacht haben, sondern es spricht für das Selbstbewusstsein jedes einzelnen Abgeordneten, dass er mit seiner Stimme auch verantwortungsvoll und eben seinem Gewissen unterworfen, umgeht.

Deutschlandradio Kultur: Herr Ramsauer, Sie werden in der Unionsfraktion einen gewissen Edmund Stoiber haben, der auch im Kabinett sein wird als Wirtschaftsminister - welchen Zuschnitts dann auch immer – erfreut Sie das eigentlich?

Ramsauer: Ich war einer derjenigen, der immer gesagt hat, Edmund Stoiber muss im Falle eines Wahlsieges einer Regierungsbildung durch die Union nach Berlin kommen, erst recht bei einer großen Koalition, weil in einer großen Koalition, da sitzen die anderen Parteivorsitzenden mit am Kabinettstisch, da kann der Vorsitzende der CSU nicht fehlen. Dass das für Edmund Stoiber alles andere als bequem ist, das ist völlig klar. Und das rechne ich Edmund Stoiber ganz, ganz hoch an, dass er als jemand, der heute 64 Jahre alt ist, wo andere längst im Vorruhestand sind, dass er sagt, 'ich mache nicht Politik nach der Frage was ist für mich bequemer', sondern dass er sagt 'ich mache Politik danach' was das Land braucht.

Deutschlandradio Kultur: Reden wir mal von der Außensicht, nur ein Zitat aus der 'Zeit' diese Woche, die die Rolle Stoibers hier in Berlin als destruktiv und chaotisch beschreibt. Aber das ist, glaube ich, das Presseecho, was auch weitgehend sich wieder findet in dieser Woche, und in der Tat erweckt ja der bayerische Ministerpräsident den Eindruck, es gehe ihm vor allen Dingen darum, für sich selbst das Beste herauszuholen, sei es in Berlin, sei es eventuell – wir werden da sicher noch drauf kommen – auf die Möglichkeit, auch nach München zurückzukehren. Hat denn nicht so was auch in der Öffentlichkeit eine katastrophale Wirkung so mit dem Blick auf die ohnehin grassierende Politikverdrossenheit so nach dem Motto 'die wollen immer nur das Beste für sich selbst'?

Ramsauer: Könnte man das mal ein bisschen konkret untermauern? Was konkret? Was ist destruktiv? Was kommt als destruktiv an?

Deutschlandradio Kultur: Na zum Beispiel das Zögern, nicht nur nach Berlin zu kommen, das war bekannt, dann auch welches Amt zu übernehmen, die Nachfolgelösung in Bayern zu bekommen, aber eben auch die destruktive Art, Einfluss zu nehmen auf die Besetzung der der CSU zugedachten Posten im Kabinett.

Ramsauer: Ja aber ich habe genau gewusst, warum ich jetzt nach konkreten Beispielen frage. All das, was jetzt genannt worden ist, das hat doch keine destruktiven Züge.

Deutschlandradio Kultur: Nein?

Ramsauer: Nein, überhaupt nicht. Man kann doch den Vorsitzenden der Christlich Sozialen Union in Bayern, die in Bayern – ich möchte mal sagen – die führende Staatspartei ist, nicht auf irgendeinen kleinen Ressortzuschnitt von vornherein reduzieren. Das hätte ja auch die Partei nicht mitgemacht und deswegen war es richtig, diese Frage offen zu halten, ob er nun endgültig nach Berlin geht oder nicht. Die Geschäftsgrundlage, dass Edmund Stoiber hier bleibt ist, dass wir regieren, dass wir hier eine Regierung bilden. Und so ist es auch zu verstehen, dass seine Nachfolge-Entscheidung erst fällt, wenn die Koalition hier unter Dach und Fach ist. Das ist konstruktiv in die Zukunft gedacht, logisch und nicht destruktiv.

Deutschlandradio Kultur: Trotzdem noch mal zwei Beispiele. Erstes Beispiel: die Personalie Seehofer, da ist ja bekannt, dass der Seehofer nicht die erste Wahl der Landesgruppe war, die Landesgruppe wollte Michael Glos gerne im Verteidigungsressort sehen, und das zweite Beispiel: Stoibers Äußerung, indem er Frau Merkel – um es mal vorsichtig zu sagen – die Richtlinienkompetenz begrenzen wollte, auch das kam in der Fraktion zur Sprache. Stoiber hat nicht darauf geantwortet, woraufhin Frau Merkel dann auf ihrer Richtlinienkompetenz sinngemäß beharrte und viel Applaus kriegte. Das muss doch Stoiber eigentlich gezeigt haben, wir, die Fraktion – und da zähle ich natürlich die Landesgruppe mit dazu – sind nicht immer einer Meinung.

Ramsauer: Also die Szene in der Fraktion, die hat inzwischen so viele unterschiedliche Darstellungen erfahren. Ich saß ja direkt neben Stoiber und Merkel, ich habe das ja mitgekriegt, Stoiber hat genau so kurz auf die Frage geantwortet wie sie gestellt worden ist, also vorbildlich kurz und knapp, er hat gesagt, was dazu zu sagen ist und die Frau Merkel hat dann in einer sehr netten Art und Weise gesagt, dass das natürlich auch für eine Frau gelte und es hat zur Auflockerung der Situation beigetragen. Insofern war das kein politischer Betriebsunfall, sondern, so wird halt in einer Fraktionsgemeinschaft, die ja auch familiäre Züge manchmal hat, geredet. Und was Seehofer anbelangt: ich prophezeie Ihnen, es dauert nicht lange, dann wird sich Horst Seehofer zu einem Robin Hood für die deutschen und die bayerischen Bauern entwickeln und es würde mich nicht wundern, wenn die deutschen Bauern sagen werden, einen so kämpferischen Landwirtschaftsminister hat es im Nachkriegsdeutschland noch nie gegeben, der die Interessen, vor allen Dingen der kleineren Bauern, so glaubwürdig und lebhaft in Brüssel und in Deutschland vertritt.

Deutschlandradio Kultur: Ich halte es nicht mal für ausgeschlossen, Tatsache ist doch aber, dass sich an dieser Personalie Seehofer zeigt, dass es nicht ohne Spannung zugehen wird, wenn der bayerische Ministerpräsident nach Berlin kommt und von der CSU-Landesgruppe einerseits natürlich Unterstützung erwarten kann und erwarten muss und auf der anderen Seite die CSU-Landesgruppe ein durchaus gewachsenes Selbstbewusstsein hat, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Ramsauer: Ja und darum werden wir als CSU-Landesgruppe auch sehr oft beneidet und dieses, wie Sie sagen, gewachsene substantielle politische Selbstbewusstsein, und ich bin auch ganz sicher, dass Edmund Stoiber sich bemühen wird darum, dass er seine Hausmacht in der CSU-Landesgruppe gewinnt und sichert, weil wir nur gemeinsam stark sind.

Deutschlandradio Kultur: Schauen wir vielleicht mal nach München, das wird ja jetzt lustig die nächsten drei Wochen zwischen Herrn Huber und Herrn Beckstein. Kann es im Sinne der CSU sein, dass da zwei gestandene Mannsbilder, um es mal bayerisch zu sagen, jetzt aufeinander losgehen, natürlich nicht persönlich. Aber Sie wissen, wie das ist, die Truppen werden das schon regeln?

Ramsauer: Es ist in der CSU noch immer gut gegangen. Als Franz Josef Strauß gestorben ist, da war auch die Frage, 'um Gottes Willen, wie wird denn das gehen?'. Da gab es Streibl, es gab Tandler, es gab damals schon Stoiber, es gab Theo Waigel, man hat sich in bestem Einvernehmen auf Streibl geeinigt. Als Streibl zurückgetreten ist war wieder das Gleiche, zwei veritable, wie Sie sagen, Mannsbilder, Edmund Stoiber und Theo Waigel standen sich gegenüber, das ist ausgetragen worden. Das ist auch etwas, worum die CSU beneidet wird und wir wirklich hervorragendes Konfliktlösungsvermögen haben.

Deutschlandradio Kultur: Jetzt wird der Chef der Bayerischen Staatskanzlei, Huber, der ja gegen den bayerischen Innenminister Beckstein um die Nachfolge Stoibers in Bayern ringt, zitiert mit dem schönen Ausspruch: "Die lange Bank ist des Teufels liebstes Möbelstück". In der Tat gibt es ja viele in der CSU, die – und nicht nur in der CSU – in Bayern, die bedauern, dass im Grunde genommen ja nicht erst und noch für ein paar Wochen Stillstand der Rechtspflege herrscht, sondern eigentlich schon seit Monaten. Stichwort noch mal: Zaudern, 'was passiert?', 'wer geht?', 'wer kommt? - dass einfach die Geschäfte, die Regierungsarbeit in Bayern noch ein paar weitere Wochen jetzt brachliegen.

Ramsauer: Ich habe nicht den Eindruck, dass dort Stillstand des politischen Geschehens wäre, Stillstand der Rechtspflege. In Bayern wird nicht nur Recht gepflegt, sondern auch ein wunderbarer Lebensstil und auch die Pflege der politischen Landschaft, das heißt das Land in die Zukunft bringen, der politische Laden läuft in Bayern, da steht nichts still. Wenn es Dinge, personelle Umstellungen gibt, müssen die ordentlich und sauber bewältigt werden und dazu werden uns selbst die Medien die Chance bieten.

Deutschlandradio Kultur: Und da ist die Kritik, die ja eben nicht nur von der Opposition in Bayern, wo man sie erwartet, von der SPD dort kommt, dass eben einfach nicht mehr genug passiert, dass es wichtig ist, dass in Bayern wieder wirklich bayerische Politik gedacht wird und nicht die potentiellen Auswirkungen oder Schritte auf Berlin oder nach Berlin, die ist dann völlig von der Hand zu weisen?

Ramsauer: Ich habe für den Vorwurf wirklich kein Verständnis. Also wenn es von der bayerischen SPD kommt schon gleich gar nicht.

Deutschlandradio Kultur: Der kommt ja nicht nur da her, das ist ja der Punkt. Der kommt auch aus Reihen der CSU.

Ramsauer: Bei einer großen Volkspartei ist auch klar, dass auch mal kontrovers diskutiert wird. Das ist doch gut, das kann uns jetzt nicht vorgehalten werden und auf der anderen Seite gleichzeitig uns vorgehalten werden, wir wären insgesamt zu konform. Aber bayerische Politik ist doch erkennbar, die liegt in der Summe aller Reformen, die in den letzten zwei Jahren durchgeführt worden sind. Wir haben härteste Auseinandersetzungen zu bestehen gehabt in der Öffentlichkeit in der Begründung all dieser schmerzhaften Reformen. Das Ziel, einen ausgeglichenen Landeshaushalt vorzulegen im nächsten Jahr, das ist doch urbayerische Politik, das kann kein einziges anderes Bundesland als konkretes Ziel fürs nächste Jahr benennen. Und daran wird jetzt gearbeitet. Also kein Stillstand der Rechtspflege, neue Schulden Richtung Null, da bewegt sich doch was.

Deutschlandradio Kultur: War es klug von Beckstein, zu sagen, im Fall einer Niederlage bleibt er nicht im Kabinett und geht wahrscheinlich nach Berlin?

Ramsauer: Ach, mein Freund Günther Beckstein wird sich sicher etwas dabei gedacht haben, und mein Freund Erwin Huber überlegt sich auch alles was er macht. Ich bin ganz sicher, dass die beiden vernünftig miteinander umgehen werden und jeder sich ganz genau überlegt, wie das, was er jeweils tut und sagt, in der Landtagsfraktion ankommt.

Deutschlandradio Kultur: In Augsburg wird an diesem Wochenende der Deutschlandtag der Jungen Union stattfinden. Aus den Reihen derselben wird die Forderung lauter, dass man sich mit dem Wahlergebnis auseinander zu setzen hat, wiederum auch nicht erst in einigen Wochen, sondern jetzt. Wann soll Ihrer Meinung nach die Analyse dieser Wahl stattfinden?

Ramsauer: Die hat schon längst stattgefunden, intensivst …

Deutschlandradio Kultur: Ja, hinter den verschlossenen Türen.

Ramsauer: Ja, wollen Sie es denn öffentlich tun?

Deutschlandradio Kultur: Ja.

Ramsauer: Als öffentliche Schaukämpfe, da hätten die Medien viel Spaß daran.

Deutschlandradio Kultur: Ja.

Ramsauer: Ja, wir haben nicht Ihr Geschäft, das Medium zu betreiben, sondern die Medien leben ein Stück von Politik und Politik hat nicht den primären Zweck der öffentlichen Alleinunterhalter, sondern hat den Zweck, für das Land etwas zu tun und die Weichen richtig zu stellen. Wahlanalysen sind umso besser, je interner und in kleineren Zirkeln sie erfolgen, das ist meine Erfahrung aus über dreißig Jahren politischer Tätigkeit. Das ist erfolgt in der CSU-Landesgruppe in einer gemeinsamen langen eintägigen Sitzung zwischen CSU-Landesgruppe und dem gesamten Parteivorstand. Es waren immerhin hundert Leute mit eben so vielen Journalisten vor der Türe, also schon eine quasi öffentliche Veranstaltung, und in vielen weiteren Besprechungen – wir sind jetzt noch dabei, uns von professioneller Seite uns die eine oder andere Vertiefung geben zu lassen. Und wir werden eines garantiert nicht tun, dass wir öffentliche Schuldzuweisungen untereinander machen.

Deutschlandradio Kultur: Einiges aus dieser Analyse ist natürlich öffentlich, und wenn man es mal auf einen Begriff reduzieren möchte dann ist es der, dass viele sagen, in vielen Regionen Deutschlands wurde der Union die Sozialkompetenz abgesprochen. Sie wurde nicht mehr wahrgenommen als eine Kraft, die sich um den kleinen Mann, die kleine Frau kümmert. Kann das eine Aufgabe sein, die die CSU – vielleicht jetzt auch bundesweit – mit ihrem Vertreter Stoiber und anderen, übernehmen kann?

Ramsauer: Ja, jetzt fangen wir doch mal beim Allerersten an: Ich kann heute nach wie vor nur den Kopf darüber schütteln, wie unserem Wahlprogramm die soziale Komponente abgesprochen werden kann. Das stand so viel drin über diese Dinge, beispielsweise 8000 Euro Freibetrag für jede Familie, von 50 Euro…

Deutschlandradio Kultur: Wir reden aber von Wahrnehmungen.

Ramsauer: …ja, von Wahrnehmungen, dann ist es ein Kommunikationsproblem. Ich habe selbst mir die Frage immer vorgelegt, nur wenn sie in gewissen Dingen, wenn die nicht transportiert werden, auch in den Medien nicht transportiert werden, dann hat man es sehr, sehr schwer. Aber Tatsache ist, dass eine Reihe von Punkten wirklich im Wahlprogramm drin war, von sozialer Tragweite ganz besonderer Art, den Rentenversicherungszuschuss bei Müttern und Vätern mit Kind und vieles, vieles mehr. Ja, wenn das nicht sozial ist. Und wir werden natürlich versuchen, dass wir diese Dinge jetzt in den Koalitionsverhandlungen so mit einbringen, dass auch hier die soziale Handschrift von CSU und CDU sichtbar werden.

Deutschlandradio Kultur: Könnte man denn sagen, dass schlussendlich Schwarz-Gelb in Bayern verloren gegangen ist, weil es ein Kommunikationsproblem gewesen sein könnte. Fakt ist, dass es aus Bayern für die Kanzlerkandidatin Merkel hunderttausende von Stimmen weniger gab als seinerzeit für Stoiber 2002.

Ramsauer: Also das ist auch so ein Gerücht, das sich in den Wahlanalysen einseitig hält…


Deutschlandradio Kultur: Na aber sie haben deutlich weniger als CSU-Anteile an dem Gesamtaufkommen der Unionsstimmen.

Ramsauer: Wahr ist aber auch folgendes, dass seit der Wiedervereinigung – da muss man das Basisjahr 1990 nehmen – der Anteil der CSU und zählen tut ja im Hinblick auf die Zusammensetzung des Bundestages immer nur das Zweitstimmenergebnis auf Bundesebene, 1990 die CSU bei 7,1 Prozent lag, 94 bei 7,3 Prozent, 98 bei 6,9, 2002 dann Kanzlerbonus 9,0 und jetzt waren wir bei 7,4. Also von dem Kanzlerbonus war ja 2002 abgesehen das beste Ergebnis mit 7,4 höher als 94 und 90 und 98. Ich sage das nicht, um das schön zu reden, nein ich will jetzt das nicht schön reden, aber etwas entdramatisieren, weil gerade in den Medien die Wahlanalyse in Bezug auf die CSU schon beinahe apokalyptische Ausmaße angenommen hat.

Deutschlandradio Kultur: Vielleicht weil Sie verabsäumt haben, sie selber öffentlich zu betreiben. Das kann ja genau die Kehrseite der von Ihnen beschriebenen Medaille sein, dass man das hinter verschlossenen Türen tunlichst macht.

Ramsauer: Aber hundert Journalisten stehen draußen und etwas sickert doch durch.

Peter Ramsauer wird am 10. Februar 1954 in München geboren; katholisch; verheiratet, vier Kinder. Volksschule Traunwalchen, Abitur am Staatlichen Landschulheim Marquartstein. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München, dort 1979 Diplomkaufmann und 1985 Promotion zum Doktor der Staatswissenschaften. Ausbildung im Müllerhandwerk, 1977 Gesellen-, 1980 Meisterprüfung. Inhaber der Fa. Ramsauer Talmühle e.K., Elektrizitätswerk, Traunwalchen. Vorsitzender der "Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern", Mitglied der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Mitglied in zahlreichen Vereinen. 1972 Eintritt in die Junge Union, 1973 in die CSU; Orts-, Kreis-, stellvertretender Bezirks- und stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union Bayern; CSU-Ortsvorsitzender in Traunreut, Bezirksvorsitzender und stellvertretender Landesvorsitzender der Mittelstandsunion der CSU, Mitglied des CSU-Parteivorstands. 1978 bis 1991 Stadtrat in Traunreut. Mitglied des Kreistages Traunstein seit 1984. Mitglied des Bundestages seit 1990; seit Januar 1998 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, als solcher Mitglied des Fraktionsvorstandes; Mitglied des Ältestenrates.