Kein Öl, kaum Abfall, wenig Energie
Wenn Lacke, Lösungsmittel oder Kunststoffe hergestellt werden, dann ist nahezu immer Erdöl im Spiel - als Ausgangsstoff für die Mehrzahl chemischer Produkte. Außerdem ist sehr viel Energie nötig, um die chemische Reaktion in Gang zu bringen. Bei der "weißen Biotechnologie" ist das anders. Hier sind es Mikroorganismen und Enzyme, die für die Herstellung chemischer Substanzen sorgen.
Dr. Christian Elend vom Institut für technische Mikrobiologie der TU Hamburg-Harburg nennt sie "extremophile Organismen": Bakterien, Hefen und Algen, die sich sogar in bitterster Kälte wohl fühlen. Die Lebewesen besitzen spezielle Enzyme, die schon bei sehr niedrigen Temperaturen Eiweiß, Fette und Stärke spalten können. Für den Mikrobiologen sind solche Substanzen ideale Kandidaten für Waschmittel, um selbst hartnäckige Schmutzflecken ganz einfach mit kaltem Leitungswasser entfernen zu können.
"Wir kennen aus unserer eigenen Erfahrung Enzyme, die selbst um den Gefrierpunkt noch aktiv sind. Die haben wir bevorzugt aus Organismen, die aus Spitzbergen stammen, die also im Eis selbst leben, isolieren können. Und die natürlich den Vorteil gegenüber anderen Enzymen haben, dass sie eben bei diesen niedrigen Temperaturen wesentlich höher aktiv sind. Für die Waschmittel beispielsweise Amylasen, fettlösende Enzyme, also Lipasen, um eben niedrige Temperaturen und da auch entsprechende Energie einsparen zu können."
Auch Waschmittelhersteller wie Henkel erforschen "Tieftemperatur-Enzyme": Für eine Energie sparende Kaltwäsche bei 15 Grad Celsius. Noch aber stecken solche Waschmittel in der Grundlagenforschung: Tieftemperatur-Enzyme sind sehr empfindlich und zerfallen schnell. Seit 1997 fördert die "Deutsche Bundesstiftung Umwelt" – DBU – mit insgesamt 90 Millionen Euro staatliche Forschungseinrichtungen wie die TU-Hamburg-Harburg, aber auch private Biotech-Unternehmen, um die weiße beziehungsweise industrielle Biotechnologie zu forcieren, wie DBU-Sprecher Dr. Rainer Erb erläutert.
"Wenn sie die industrielle Biotechnologie nehmen, dann ist es ja so etwas wie die Werkzeugkiste der Natur, dass man sagt, man nimmt andere Ressourcen, man stellt neue, bessere Produkte mit anderen Eigenschaften her, das Ganze ressourcen- oder energieeffizient. Da gibt es sehr interessante Ansätze der industriellen Biotechnologie, die genau diesen Punkt angreifen."
Bislang sind es nur wenige Substanzen, die mit Hilfe der weißen Biotechnologie bereits in großen Mengen hergestellt werden: 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr sind es bei der Zitronensäure – produziert von Schimmelpilzen, die in einer Zuckerlösung schwimmen. Zitronensäure landet zum Beispiel als Geschmacksverstärker in der Limonade. Beim Bioäthanol – Lösungsmittel und Energieträger zugleich - sind es sogar 18,5 Millionen Tonnen im Jahr. Aber auch Kunststoffe wie "PHB" – Polyhydroxibuttersäure - entstehen unter Mitwirkung von Mikroorganismen. Prof. Hartmut Seliger von der Universität Ulm hat die Entwicklungsarbeit dazu geleistet:
"Dieser Speicherstoff wird von den Bakterien bevorzugt dann hergestellt, wenn sie unter Mangelbedingungen bezüglich Kohlenstoff – oder Stickstoffquellen arbeiten müssen. Und diese Mangelbedingungen kann man im Labor und auch großtechnisch heute in der Industrie einstellen und erhält auf diese Weise "PHB" in Ausbeuten, die über 90 Prozent hinausgehen. Das heißt also, eine Zelle besteht nur noch zu zehn Prozent aus Zellmasse und zu 90 Prozent aus Plastik."
PHB hat Eigenschaften ähnlich dem petrochemisch hergestellten Polypropylen. Auch Polylactid, ein Kunststoff, der aus Milchsäure entsteht, ist biologisch abbaubar, und kann wie PHB zu Verpackungsmaterial verarbeitet werden. Beide Kunststoffe werden bereits industriell mit Hilfe der weißen Biotechnologie hergestellt. In vielen Fällen genügt Zucker oder Stärke als Kohlenstoffquelle für die Mikroorganismen. Neben nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrohr, Kartoffeln, Getreide oder Raps könnten eines Tages vielleicht sogar Abfalldeponien als Kohlenstofflieferanten dienen. Forschungen hierzu laufen gerade an.
"Grundsätzlich ist es so, dass der Biokatalysator #Zelle' – ob Bakterium oder Pilz oder was auch immer – viel effektiver und viel sauberer in der Umsetzung ist und viel komplexere Reaktionen umsetzt. Aber, weil es so komplex ist, ist es auch sehr schwierig, diese Prozesse zu beherrschen. Da ist sicher noch ein enormes Entwicklungspotenzial."
Wahrscheinlich – so Dr. Frank Eiden von der Universität Dortmund - wird es Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis die klimaschädliche "Erdölchemie" durch "weiße Biotechnologie" auf der Basis nachwachsender Rohstoffen komplett ersetzt werden kann. Viele Mikroorganismen gelten zwar als "chemische Zauberkünstler", doch arbeiten sie mitunter sehr langsam, oder sie produzieren komplizierte chemische Gemische, die aufwändig aufbereitet werden müssen. So stecken praktisch alle großen Chemieunternehmen in Deutschland derzeit viel Geld in die Erforschung der "weißen Biotechnologie", um die Prozesse zu optimieren, wohl wissend, dass unser Erdöl eines Tages zur Neige geht.
"Wir kennen aus unserer eigenen Erfahrung Enzyme, die selbst um den Gefrierpunkt noch aktiv sind. Die haben wir bevorzugt aus Organismen, die aus Spitzbergen stammen, die also im Eis selbst leben, isolieren können. Und die natürlich den Vorteil gegenüber anderen Enzymen haben, dass sie eben bei diesen niedrigen Temperaturen wesentlich höher aktiv sind. Für die Waschmittel beispielsweise Amylasen, fettlösende Enzyme, also Lipasen, um eben niedrige Temperaturen und da auch entsprechende Energie einsparen zu können."
Auch Waschmittelhersteller wie Henkel erforschen "Tieftemperatur-Enzyme": Für eine Energie sparende Kaltwäsche bei 15 Grad Celsius. Noch aber stecken solche Waschmittel in der Grundlagenforschung: Tieftemperatur-Enzyme sind sehr empfindlich und zerfallen schnell. Seit 1997 fördert die "Deutsche Bundesstiftung Umwelt" – DBU – mit insgesamt 90 Millionen Euro staatliche Forschungseinrichtungen wie die TU-Hamburg-Harburg, aber auch private Biotech-Unternehmen, um die weiße beziehungsweise industrielle Biotechnologie zu forcieren, wie DBU-Sprecher Dr. Rainer Erb erläutert.
"Wenn sie die industrielle Biotechnologie nehmen, dann ist es ja so etwas wie die Werkzeugkiste der Natur, dass man sagt, man nimmt andere Ressourcen, man stellt neue, bessere Produkte mit anderen Eigenschaften her, das Ganze ressourcen- oder energieeffizient. Da gibt es sehr interessante Ansätze der industriellen Biotechnologie, die genau diesen Punkt angreifen."
Bislang sind es nur wenige Substanzen, die mit Hilfe der weißen Biotechnologie bereits in großen Mengen hergestellt werden: 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr sind es bei der Zitronensäure – produziert von Schimmelpilzen, die in einer Zuckerlösung schwimmen. Zitronensäure landet zum Beispiel als Geschmacksverstärker in der Limonade. Beim Bioäthanol – Lösungsmittel und Energieträger zugleich - sind es sogar 18,5 Millionen Tonnen im Jahr. Aber auch Kunststoffe wie "PHB" – Polyhydroxibuttersäure - entstehen unter Mitwirkung von Mikroorganismen. Prof. Hartmut Seliger von der Universität Ulm hat die Entwicklungsarbeit dazu geleistet:
"Dieser Speicherstoff wird von den Bakterien bevorzugt dann hergestellt, wenn sie unter Mangelbedingungen bezüglich Kohlenstoff – oder Stickstoffquellen arbeiten müssen. Und diese Mangelbedingungen kann man im Labor und auch großtechnisch heute in der Industrie einstellen und erhält auf diese Weise "PHB" in Ausbeuten, die über 90 Prozent hinausgehen. Das heißt also, eine Zelle besteht nur noch zu zehn Prozent aus Zellmasse und zu 90 Prozent aus Plastik."
PHB hat Eigenschaften ähnlich dem petrochemisch hergestellten Polypropylen. Auch Polylactid, ein Kunststoff, der aus Milchsäure entsteht, ist biologisch abbaubar, und kann wie PHB zu Verpackungsmaterial verarbeitet werden. Beide Kunststoffe werden bereits industriell mit Hilfe der weißen Biotechnologie hergestellt. In vielen Fällen genügt Zucker oder Stärke als Kohlenstoffquelle für die Mikroorganismen. Neben nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrohr, Kartoffeln, Getreide oder Raps könnten eines Tages vielleicht sogar Abfalldeponien als Kohlenstofflieferanten dienen. Forschungen hierzu laufen gerade an.
"Grundsätzlich ist es so, dass der Biokatalysator #Zelle' – ob Bakterium oder Pilz oder was auch immer – viel effektiver und viel sauberer in der Umsetzung ist und viel komplexere Reaktionen umsetzt. Aber, weil es so komplex ist, ist es auch sehr schwierig, diese Prozesse zu beherrschen. Da ist sicher noch ein enormes Entwicklungspotenzial."
Wahrscheinlich – so Dr. Frank Eiden von der Universität Dortmund - wird es Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis die klimaschädliche "Erdölchemie" durch "weiße Biotechnologie" auf der Basis nachwachsender Rohstoffen komplett ersetzt werden kann. Viele Mikroorganismen gelten zwar als "chemische Zauberkünstler", doch arbeiten sie mitunter sehr langsam, oder sie produzieren komplizierte chemische Gemische, die aufwändig aufbereitet werden müssen. So stecken praktisch alle großen Chemieunternehmen in Deutschland derzeit viel Geld in die Erforschung der "weißen Biotechnologie", um die Prozesse zu optimieren, wohl wissend, dass unser Erdöl eines Tages zur Neige geht.