Kein Neumeier, kein Cranko
Shakespeares spätes Mischdrama aus Komödie und Tragödie "Der Sturm" ist nur einige wenige Male in Tanz gefasst worden - jetzt wieder vom derzeitigen Hannoveraner Ballettchef Jörg Mannes in München beim Bayerischen Staatsballett. Mannes hat ein großes, abendfüllendes Handlungsballett im neoklassizistischen Stil geschaffen. An der Uraufführung hatte man wenig Freude.
Wie wenige andere Sprechtheaterautoren sind Shakespeares Werke oder Themen in Ballette umgeformt worden: Romeo und Julia, Der Widerspenstigen Zähmung, Otello - um nur die berühmtesten zu nennen. Shakespeares spätes Mischdrama aus Komödie und Tragödie "Der Sturm" ist nur einige wenige Male in Tanz gefasst worden - gestern Abend aber erneut: vom derzeitigen Hannoveraner Ballettchef Jörg Mannes in München beim Bayerischen Staatsballett.
Gleichzeitig ist gegenüber auf der Münchner Maximilianstraße, in den Kammerspielen Stefan Puchers hoch gelobte Schauspielfassung zu erleben, die die teils märchenhaft phantastische, teils hochpolitische Handlung um den Ex-Herzog und Inselzauberer Prospero auf zwei pausenlose Stunden verkürzt. Doch Jörg Mannes hat ein großes, abendfüllendes Handlungsballett im neoklassizistischen Stil geschaffen.
Zu Tschaikowskys glutender und flutender "Sturm-Fantasie" geht eine große, lebensbestimmende Liebe in Erfüllung. Die mit ihrem Vater Prospero auf der Insel aufwachsende Miranda findet in dem vom Sturm angespülten Herzogsohn Ferdinand das große Glück.
Doch auch andere große Gefühle toben: Der zu Unrecht entmachtete und verstoßene Herzog Prospero sinnt zunächst auf Rache und hat sich magisch Gewalt über die Elemente, den Luftgeist Ariel und den missgestalteten Wilden Caliban verschafft. Etliche Bläserballungen aus Anton Bruckners 4.Symphonie passen da - doch sie brechen auch auf die Liebenden hernieder wie das Jüngste Gericht - und da beginnen die Probleme des ganzen Abends.
Problem eins: Anders als viele Shakespeare-Stücke ist die Handlung des "Sturm" wenig bekannt - wer sie erzählen will, muss eine sehr sprechende Choreografie schaffen. Das gelingt Jörg Mannes zu wenig.
Problem zwei: Die unterschiedlichen Lebewesen - hoch zivilisierte und gänzlich unzivilisierte Menschen, Rüpel und Edle, verschiedenen Geisterwesen sollten durch sehr unterschiedliche Tanz- und Körpersprachen geformt sein - das gelang Mannes zu wenig.
Problem drei: Mannes zielte auf Allgemeingültigkeit und ließ die leere, schwarze Bühne des Nationaltheaters nur durch fünf auf- und abfahrende, bühnenbreite Dreikant-Balken von Tina Kitzing ein wenig formen - prompt wirkte die Handlung zu abstrakt-blutleer.
Problem vier: Über die zarte Liebeshandlung hinaus ist vor allem Prosperos Läuterung ein feinsinniger geistig-philosophischer Prozess - Bruckners wogende Wucht und Sibelius strenge Größe waren da musikdramatisch eher von erschlagender Wirkung, so klangvoll auch das Bayerische Staatsorchester unter David Coleman spielte.
Insgesamt blieb also wenig Freude an der Uraufführung: Primaballerina Lucia Lacarra war ein so biegsamer Ariel, dass die Künstlichkeit überwog. Séverine Ferrolier und Lukáš Slavický überzeugten als junges Liebespaar. Aus einer virilen und sprungkräftigen Männersoloriege ragte der athletische Prospero von Alen Botaïni heraus.
Doch dass der mal tierisch lauernde, mal kriecherisch verbogen unterwürfige, mal wie Quasimodo hochtanzende Caliban von Wlademir Faccioni am meisten gefeiert wurde, sagt alles über das Ergebnis. Jörg Mannes "Sturm" bleibt leider weit hinter den großen Kreationen eines Neumeier oder Cranko zurück. Die Münchner Uraufführung gewinnt dem Repertoire des Handlungsballetts kein neues Werk.
Gleichzeitig ist gegenüber auf der Münchner Maximilianstraße, in den Kammerspielen Stefan Puchers hoch gelobte Schauspielfassung zu erleben, die die teils märchenhaft phantastische, teils hochpolitische Handlung um den Ex-Herzog und Inselzauberer Prospero auf zwei pausenlose Stunden verkürzt. Doch Jörg Mannes hat ein großes, abendfüllendes Handlungsballett im neoklassizistischen Stil geschaffen.
Zu Tschaikowskys glutender und flutender "Sturm-Fantasie" geht eine große, lebensbestimmende Liebe in Erfüllung. Die mit ihrem Vater Prospero auf der Insel aufwachsende Miranda findet in dem vom Sturm angespülten Herzogsohn Ferdinand das große Glück.
Doch auch andere große Gefühle toben: Der zu Unrecht entmachtete und verstoßene Herzog Prospero sinnt zunächst auf Rache und hat sich magisch Gewalt über die Elemente, den Luftgeist Ariel und den missgestalteten Wilden Caliban verschafft. Etliche Bläserballungen aus Anton Bruckners 4.Symphonie passen da - doch sie brechen auch auf die Liebenden hernieder wie das Jüngste Gericht - und da beginnen die Probleme des ganzen Abends.
Problem eins: Anders als viele Shakespeare-Stücke ist die Handlung des "Sturm" wenig bekannt - wer sie erzählen will, muss eine sehr sprechende Choreografie schaffen. Das gelingt Jörg Mannes zu wenig.
Problem zwei: Die unterschiedlichen Lebewesen - hoch zivilisierte und gänzlich unzivilisierte Menschen, Rüpel und Edle, verschiedenen Geisterwesen sollten durch sehr unterschiedliche Tanz- und Körpersprachen geformt sein - das gelang Mannes zu wenig.
Problem drei: Mannes zielte auf Allgemeingültigkeit und ließ die leere, schwarze Bühne des Nationaltheaters nur durch fünf auf- und abfahrende, bühnenbreite Dreikant-Balken von Tina Kitzing ein wenig formen - prompt wirkte die Handlung zu abstrakt-blutleer.
Problem vier: Über die zarte Liebeshandlung hinaus ist vor allem Prosperos Läuterung ein feinsinniger geistig-philosophischer Prozess - Bruckners wogende Wucht und Sibelius strenge Größe waren da musikdramatisch eher von erschlagender Wirkung, so klangvoll auch das Bayerische Staatsorchester unter David Coleman spielte.
Insgesamt blieb also wenig Freude an der Uraufführung: Primaballerina Lucia Lacarra war ein so biegsamer Ariel, dass die Künstlichkeit überwog. Séverine Ferrolier und Lukáš Slavický überzeugten als junges Liebespaar. Aus einer virilen und sprungkräftigen Männersoloriege ragte der athletische Prospero von Alen Botaïni heraus.
Doch dass der mal tierisch lauernde, mal kriecherisch verbogen unterwürfige, mal wie Quasimodo hochtanzende Caliban von Wlademir Faccioni am meisten gefeiert wurde, sagt alles über das Ergebnis. Jörg Mannes "Sturm" bleibt leider weit hinter den großen Kreationen eines Neumeier oder Cranko zurück. Die Münchner Uraufführung gewinnt dem Repertoire des Handlungsballetts kein neues Werk.