Kein Katastrophengeschrei
EHEC und SARS, Vogel- und Schweinegrippe: Lebensbedrohliche Infektionskrankheiten sind auf dem Vormarsch. Aber woran liegt das? Der preisgekrönte Biologe Nathan Wolfe nimmt uns mit auf eine faszinierende Expedition ins Reich der Mikroorganismen - eine Mischung aus Popular Science und Abenteuer!
Auf dem Planeten Erde wimmelt es von winzigen, unsichtbaren Organismen. Viren, Bakterien und Einzeller schwimmen im Wasser, besiedeln den Boden oder schweben durch die Luft. Die allermeisten dieser Mikroorganismen sind für uns Menschen ungefährlich. Aber einige wenige können zur Bedrohung werden und Millionen Menschenleben fordern.
Die Entstehung neuer Epidemien, wie aus dem nichts, ist das Lebensthema des Virenforschers Nathan Wolfe. In seinem verständlichen und informativen Sachbuch "Virus – Die Wiederkehr der Seuchen" nimmt er seine Leser mit zu den Ursprüngen neu entstehender Seuchen. Er beschreibt, wie Jäger in Zentralafrika beim Zerlegen mit dem Blut der erlegten Tiere in Kontakt kommen und wie Krankheitserreger aus der Tierwelt immer wieder auf den Menschen überspringen.
Insbesondere Menschenaffen stellen ein riesiges Virenreservoir dar. Durch die Erschließung der Urwälder und die Verknüpfung aller Regionen der Welt durch immer dichtere Verkehrsnetze können Viren, die früher auf einzelne Dörfer beschränkt blieben, innerhalb von Wochen eine Pandemie auslösen und zu einer Bedrohung für die ganze Menschheit werden. Dem will Nathan Wolfe mit neuen Konzepten der Viren-Vorhersage begegnen.
Der Wissenschaftler entwirft das Modell eines weltweiten Immunsystems. Dabei stehen Wissenschaftler vor Ort in direktem Kontakt nicht nur mit Krankenhäusern, sondern auch mit den Bewohnern abgelegener Dörfer. Sobald sich verdächtige Krankheiten häufen, schlagen sie Alarm und informieren ein internationales Kontrollzentrum, das bei Bedarf sofort eingreift, die Patienten behandelt und falls nötig isoliert. Gäbe es ein solches Überwachungssystem, hätte die Verbreitung von HIV und Aids verhindert werden können. Davon ist Nathan Wolfe überzeugt.
Das Buch zieht den Leser sofort in seinen Bann. Denn der Autor weiß, wovon er schreibt. Er verknüpft Episoden aus der Geschichte der Virusforschung mit eigenen Erlebnissen und wechselt immer wieder die Perspektive. Die Verbreitung von Krankheiten macht er verständlich, indem er eine Epidemie aus Sicht der Viren beschreibt. Für Krankheitserreger ist der Mensch ein Lebensraum, und seine weltweite Reisetätigkeit eine nie dagewesene Möglichkeit zur Verbreitung.
In seinem Buch "Virus" belässt es Nathan Wolfe aber nicht bei anschaulichen Beschreibungen und sachlichen Informationen. Er bezieht klar Stellung. Seiner Ansicht nach müssen wir uns viel besser vor neuen Krankheitserregern schützen. Die Gefahr durch Viren sei viel größer als die Bedrohung durch Terrorismus oder Kriminalität. Nur ein weltweites Virenüberwachungssystem, das alle neuen Möglichkeiten nutzt, kann seiner Ansicht nach verhindern, dass sich immer mehr Erreger immer schneller verbreiten.
Obwohl Nathan Wolfe eindrücklich vor Panikmache warnt und "Katastrophengeschrei" scharf verurteilt, hinterlässt sein Buch doch eine unbestimmte Angst: vor tödlichen Seuchen, die überall lauern und vor denen es letztlich keinen hundertprozentigen Schutz gibt.
Besprochen von Michael Lange
Nathan Wolfe: "Virus: Die Wiederkehr der Seuchen"
Übersetzt Monika Niehaus
Rowohlt Verlag, Reinbek 2012
256 Seiten, 19,95 Euro
Links auf dradio.de:
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Insbesondere Menschenaffen stellen ein riesiges Virenreservoir dar. Durch die Erschließung der Urwälder und die Verknüpfung aller Regionen der Welt durch immer dichtere Verkehrsnetze können Viren, die früher auf einzelne Dörfer beschränkt blieben, innerhalb von Wochen eine Pandemie auslösen und zu einer Bedrohung für die ganze Menschheit werden. Dem will Nathan Wolfe mit neuen Konzepten der Viren-Vorhersage begegnen.
Der Wissenschaftler entwirft das Modell eines weltweiten Immunsystems. Dabei stehen Wissenschaftler vor Ort in direktem Kontakt nicht nur mit Krankenhäusern, sondern auch mit den Bewohnern abgelegener Dörfer. Sobald sich verdächtige Krankheiten häufen, schlagen sie Alarm und informieren ein internationales Kontrollzentrum, das bei Bedarf sofort eingreift, die Patienten behandelt und falls nötig isoliert. Gäbe es ein solches Überwachungssystem, hätte die Verbreitung von HIV und Aids verhindert werden können. Davon ist Nathan Wolfe überzeugt.
Das Buch zieht den Leser sofort in seinen Bann. Denn der Autor weiß, wovon er schreibt. Er verknüpft Episoden aus der Geschichte der Virusforschung mit eigenen Erlebnissen und wechselt immer wieder die Perspektive. Die Verbreitung von Krankheiten macht er verständlich, indem er eine Epidemie aus Sicht der Viren beschreibt. Für Krankheitserreger ist der Mensch ein Lebensraum, und seine weltweite Reisetätigkeit eine nie dagewesene Möglichkeit zur Verbreitung.
In seinem Buch "Virus" belässt es Nathan Wolfe aber nicht bei anschaulichen Beschreibungen und sachlichen Informationen. Er bezieht klar Stellung. Seiner Ansicht nach müssen wir uns viel besser vor neuen Krankheitserregern schützen. Die Gefahr durch Viren sei viel größer als die Bedrohung durch Terrorismus oder Kriminalität. Nur ein weltweites Virenüberwachungssystem, das alle neuen Möglichkeiten nutzt, kann seiner Ansicht nach verhindern, dass sich immer mehr Erreger immer schneller verbreiten.
Obwohl Nathan Wolfe eindrücklich vor Panikmache warnt und "Katastrophengeschrei" scharf verurteilt, hinterlässt sein Buch doch eine unbestimmte Angst: vor tödlichen Seuchen, die überall lauern und vor denen es letztlich keinen hundertprozentigen Schutz gibt.
Besprochen von Michael Lange
Nathan Wolfe: "Virus: Die Wiederkehr der Seuchen"
Übersetzt Monika Niehaus
Rowohlt Verlag, Reinbek 2012
256 Seiten, 19,95 Euro
Links auf dradio.de:
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