Kein Heldentum

Von Hans-Ulrich Pönack |
"World Trade Center" von Oliver Stone blickt auf eine New Yorker-Polizei-Einheit am Morgen des 11. September 2001. Von einem Moment auf den anderen werden die Retter zu Opfern. Eine Art Zeitreise ins Ich bietet "Klick". Dort gelangt ein Workaholic in den Besitz einer Fernbedienung, mit der er sein Leben vor- und zurückspulen kann.
"World Trade Center"
USA 2006, Regie: Oliver Stone, Hauptdarsteller: Nicholas Cage, Maria Bello, ab zwölf Jahren

"World Trade Center" von Oliver Stone, Jahrgang ´46 (am 15. September 60 geworden). Er hat in 30 Berufsjahren (als Drehbuch-Autor, Produzent, Regisseur) nur 15 Filme gedreht, ist aber immerhin dabei dreifacher "Oscar"-Preisträger geworden: Für das Drehbuch zu "12 Uhr nachts - Midnight Expreß" von Alan Parker, 1978, als Regisseur für die Filme "Platoon", 1986 sowie für "Geboren am 4. Juli", 1989. Er gilt als d e r politische Provokateur in Hollywood, seine Themen kritisieren "amerikanische Verhältnisse, Zu-, Umstände, Gegebenheiten": Den Vietnam-Krieg ("Platoon"), die zynische Medien-Welt ("Talk Radio", 1988), hausgemachte Politskandale, Politiker-Porträts ("J.F.K.", 1991, "Nixon", 1995), Thema "Gewalt und (in den) Medien": "Natural Born Killers", 1994.

Der Film "The Doors" bedeutete 1991 den Biographie-Blick auf die legendäre Pop-Ikone Jim Morrison. Zuletzt aber stürzte Oliver Stone mit seinem Monumental-Schinken "Alexander" (mit Colin Farrell, 2004) ab, sein erster "größerer" Flop - sowohl künstlerisch wie kommerziell.

Hier jetzt: Eine 65 Millionen-Dollar-Produktion über "private Ereignisse", die sich, ausgelöst durch den Terror vom 11. September 2001 in New York, tatsächlich (fast) so abgespielt haben. Also, vorweg (weil einige Kolleginnen, Kollegen einen ganz "anderen Film" zu sehen hofften): "World Trade Center" ist KEIN Stoff, Film über Hintergründe, Folgen des 11. September, ist KEIN Film über gegenwärtig (vor allem im Netz) "herumrauschende" Gerüchte bzw. Verschwörungstheorien in Sachen 11.9.01, ist aber auch KEINE politische Oliver-Stone-Provokation wie etwa Michael Moore´s Attacken in dem Dokumentarfilm "Fahrenheit 9, 11" (2004).

Der Film blickt auf eine New Yorker-Polizei-Einheit am Morgen des 11. September 2001. Als das erste Flugzeug in einen der beiden Türme des World-Trade-Center stürzt, wird aus Routine-Alltag (Er-)Schrecken. Cops werden in die U-Bahn-Ebene unter den Türmen geschickt, um Evakuierungen durchzuführen. Ruhig und besonnen führen sie ihre Arbeit aus. Dann passiert es: Der Turm, unter dem sie sich befinden, fällt zusammen und begräbt das Rettungsteam unter Tonnen von Stahl, Glas und Beton.

Von einem Moment auf den anderen werden die Retter zu Opfern. 2749 Menschen sterben, darunter über 300 Polizisten. 20 von ihnen können gerettet werden: Dies ist die Geschichte der Rettung der Retter Nr.18 und 19: Will Jimeno (Michael Pena) und John McLoughlin ("Oscar"-Preisträger Nicolas Cage). 22 Stunden liegen sie dort, schwer verletzt, lebendig begraben, ehe sie doch noch gefunden werden. Der Film bleibt hart, direkt an den Fakten, Ereignissen um DIESE wahre Geschichte. Ist eine Art realistische wie spannende Studie der Klaustrophobie, der Bewegungs- und somit auch Machtlosigkeit, der Unfassbarkeit wie Hoffnungslosigkeit.

Dabei: KEINE Tricks oder Effekte, KEINE Show und KEIN Heldentum. Sondern "so" sehr nahe gehend, bedrückend, schmerz- wie grauenvoll. Aber auch: Es ist eben auch keine Dokumentation, sondern ein Spielfilm. Demzufolge mit einer ebensolchen Dramaturgie erzählt, inszeniert, "spannend-vorangetrieben". Aber: Nie themen- wie personenmäßig ausbeuterisch, nie eklig-spekulativ, nie verlogen, mit legitimen patriotischen Motiven, Gefühlen. Das Hollywood-Kino zeigt hier seine allererste Spielfilmsicht zum brennenden Thema, viele werden sicherlich folgen. Das WIE geht unter die Haut, verdient hier durchaus Respekt und Anerkennung.

"Klick"
USA 2006, Regie: Frank Coraci, Hauptdarsteller: Adam Sandler, Kate Beckinsale, Christopher Walken, ab 6 Jahre

"KLICK" von Frank Coraci, der neulich das Remake von "In 80 Tagen um die Welt" (2004) völlig in den (Unterhaltungs-)Sand setzte, und davor mit leichtgewichtigen komödiantischen Späßen wie "Eine Hochzeit zum Verlieben" (mit Adam Sandler und Drew Barrymore, 1997) sowie "Waterboy - Der Typ mit dem Wasserschaden" (mit Adam Sandler, 1998) mehr oder weniger auffiel.

Hier adaptiert er, auch, in Motiven, das Ebenizer-Scrooged-Thema aus der gleichnamigen Charles-Dickens-Weihnachts-Geschichte ("Die Geister, die ich rief...", mit Bill Murray, 1988), indem er einen mit dem Alltag und seiner beruflich-terminlichen wie privaten Bewältigung überforderten Typen mal in das "Gesamt-Leben" mit Vergangenheitserinnerungen und Gegenwartsdiagnostik "modern" blicken lässt.

Konkret: Architekt Michael Newman (Adam Sandler) ist Workaholic. Sein ebenso bescheuerter wie blöder, undankbarer Chef (fürchterlich: David Hasselhoff) lässt ihn schuften und schuften, bis die Schwarte kracht. Über einen exzentrischen Kaufhaus-Tüftler (Christopher Walken als faustischer Verführer) gelangt er in den Besitz einer "außergewöhnlichen" Fernbedienung, mit der er nun sein Leben vor- und zurückzuspulen vermag. Schnell, langsam, stopp wie beliebt. Sozusagen: Eine Art Zeitreise in das eigene Ich.

Was sich als Komödien-Idee witzig-originell anhört und im Trailer neulich auch prima-kurz-ulkig ´rüberkam, ist nun, auf 108 Minuten gestreckt, lahm, völlig, elendig dauer-zerquatscht, albern-harmlos. Nur selten blitzen freche, satirisch-pointierte Gags durch, die meiste lange Zeit bleibt die Show unstimmig, fade, ohne Esprit, Charme, Power.

Im biederen Amerika kam das beim Publikum ordentlich an, bei uns wirkt dieser Mainstream-Quatsch mit der aufdringlichen Disney-Botschaft - "Die Familie ist das Wichtigste" - ebenso langweilig wie doof. Ach so ja: Schmollmund-Schnuckelbiene Kate Beckinsale ("Pearl Harbor"), die sich ihre Erfüllung als Mutter und Geliebte wünscht, wirkt in ihrer ihre Eva-Herman-Rolle genauso dämlich...
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