Kaum mehr als eine Stilübung

Rezensiert von Katharina Döbler |
Die 31 Menschen, die Nadja Einzmann in ihrem neuen Buch "Dies und das und das" abbildet, stellen so etwas wie einen repräsentativen Querschnitt dar. Leider erzählt Nadja Einzmann von all diesen verschiedenen Menschen in ein und demselben Ton: Egal ob Mann oder Frau, verzweifelt oder zufrieden, alle Personen führen einen inneren Monolog in der dritten Person.
Mit den "Porträts" hat die 32-jährige Nadja Einzmann ihren zweiten Band kleiner Prosatexte vorgelegt. Der erste, mit "Geschichten über die Liebe", erschien 2001 und ließ von dieser Autorin für die Zukunft einiges erhoffen. Und auch ein wenig befürchten: es war sprachlich ein recht uneinheitliches Buch, unsicher zwischen Manieriertheiten und eigenem Ton schwankend.

In diesem Band nun herrscht durchgängig ein deutlich identifizierbarer Sprachduktus. Und zwar, unverkennbar, der der österreichischen höheren Belletristik, die sich an der Sprachkritik geschult und eine dezidierte Vorstellung von einer verbal authentischen Ausdrucksweise des Denkens - und Fühlens - entwickelt hat. Elfriede Jelinek und Marlene Streeruwitz haben da Patinnen gestanden. Deshalb deucht einen schon bei der Lektüre der ersten Seite des neuen Einzmann-Buches alles recht bekannt.

Glücklicherweise aber es eine Sammlung von Porträts, in ihrer fragmentarischen Form vielleicht eher Skizzen, von 31 Menschen beiderlei Geschlechts. Inhaltlich ist für Abwechslung reichlich also gesorgt. Es sind gescheiterte und erfolgreiche Existenzen dabei, Neurotiker und Ängstliche, Hoffnungsvolle und Enttäuschte, Energische, Selbstbewusste, Unsichere, Schöne und Unscheinbare. Die Personen, die Nadja Einzmann abbildet, stellen so etwas wie einen repräsentativen Querschnitt dar: repräsentativ zumindest für die derzeit zwanzig- bis dreißigjährigen Kinder des gebildeten Mittelstands in Deutschland und Österreich.

Es ist ja viel darüber geschreiben und geredet worden, dass diese Generation nichts erlebt habe, keinen rebellischen Aufbruch, keine äußeren Umwälzungen, nichts als Friede und Wohlstand. Dass dies nicht unbedingt gnädige Umstände sind, kann bei Einzmann nachlesen. Unbeschwerte Kindheiten sind selten, viel ist die Rede von Einsamkeit oder Rivalität mit den Geschwistern, vom ständigen Kampf um Liebe und Anerkennung. Für das Erwachsenenalter ist dann das Maß des Erreichten wichtig und die Frage nach dem Glücksgehalt der eigenen Existenz. Es sind dieselben Geschichten vom Scheitern und Wollen, die jedes Individuum neu erzählen kann und muss. Es sind die ewigen Themen der erzählerischen Literatur.

Leider erzählt Nadja Einzmann von all diesen verschiedenen Menschen in ein und demselben Ton: egal ob Mann oder Frau, verzweifelt oder zufrieden, alle 31 Personen führen einen inneren Monolog in der dritten Person, ganz auf der Höhe der bereits erwähnten österreichischen Sprachbewusstheit.

"... dass ein Kind so nicht aufwachsen dürfe, dass es zu verhindern sei, ein Kind aufwachsen zu lassen, wie es heute nirgendwo gepflegt wird. Was da und dort und rundherum gepflegt wird, ist wichtiger, las Eltern glauben, das denkt sie heute."

Was man gerne als kollektiven Bewusstseinsstrom einer Generation gelesen hätte, kommt durch den kunstbeflissenen Gestaltungswillen der Autorin über eine vereinheitlichende Stilübung nur selten hinaus - trotz der Höhenflüge, Schrecken und Banalitäten all dieser so verschiedenen Existenzen.


Nadja Einzmann, Dies und das und das. Porträts
Collection S. Fischer, Frankfurt/Main 2006