Kauder: Protest allein verändert nichts
Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, hat die SPD dazu aufgefordert, sich gegen die neuformierte Partei Die Linke zur Wehr zu setzen. Die Linke grabe an der SPD, sagte der CDU-Politiker. Zugleich kündigte er an, auch die Union werde die Auseinandersetzung mit der Linken suchen und klarstellen, dass Sozialismus immer zu Armut, Staatswirtschaft und Unfreiheit führe.
Marie Sagenschneider: "Wir wollen und werden das politische System in Deutschland durcheinander wirbeln!" – Klare Ansage aus den Reihen der neuen Partei Die Linke und die Konkurrenz nimmt das durchaus ernst. Die SPD versucht, sich deutlich abzugrenzen und mit Themen wie Mindestlohn und Arbeitnehmerbeteiligung zu punkten. Das Koalitionsangebot seitens der Linken hatte man umgehend zurückgewiesen. Damit will man nichts zu tun haben. Aber auch die Union hat sich den Kampf gegen die neue Partei auf die Fahnen geschrieben und eine harte Auseinandersetzung angekündigt. – Volker Kauder ist Chef der Unionsfraktion im Bundestag und nun am Telefon von Deutschlandradio Kultur. Guten Morgen Herr Kauder!
Volker Kauder: Guten Morgen!
Sagenschneider: Wie hat man sich denn die angekündigte harte Auseinandersetzung vorzustellen?
Kauder: Zunächst einmal muss völlig klar sein, dass Sozialismus in Deutschland immer Armut bedeutet hat. Sozialismus hat immer bedeutet Staatswirtschaft und wir haben sozialistische Ergebnisse in der DDR besichtigen können. Sozialismus hat immer Unfreiheit bedeutet. Sozialismus hat in der DDR strikt in die Gefängnisse von Bautzen und Hohenschönhausen geführt. Darauf werden wir hinweisen, wenn jemand sagt, er möchte den Sozialismus in Deutschland einführen und das System überwinden.
Sagenschneider: Aber die Linke wird natürlich trotzdem ein Problem für die SPD vor allen Dingen, aber auch für die Union werden, weil sich da ja auch eine Protestpartei als Adresse für die Unzufriedenen anbietet?
Kauder: Natürlich! Bei der ersten Großen Koalition hatten wir eine außerparlamentarische Opposition. Jetzt haben wir eine Linke im Deutschen Bundestag und ich gehe mal davon aus, dass es auch eine Zeit lang so bleiben wird. Aber ich glaube schon, dass die Menschen erkennen werden, dass mit Protest allein nichts zu machen ist, sondern sie werden sehr schnell sehen, dass die Ergebnisse, die die jetzige Bundesregierung bringt, viel mehr für die Menschen bedeuten, wenn wir an die sinkende Arbeitslosigkeit denken. Also ich mache mir da keine allzu großen Sorgen, nehme aber diese Partei ernst und wir müssen sie auch stellen, beispielsweise dort, wo sie wie in Berlin in Koalitionen sind, was da gemacht wird, was da nicht erreicht wird. Also es wird notwendig werden, dass man sich mit der Politik dieser Partei auseinandersetzt. Vor allem muss dies aber die SPD tun. Diese Partei gräbt an der SPD und die SPD hat schon einmal eine solche Erfahrung gemacht mit den Grünen. Deswegen muss sie sich gegen diese Partei wehren.
Sagenschneider: Aber das ist natürlich schwierig. Sie selber haben ja gesagt und auch die SPD davor gewarnt, den Themen der Linken nachzulaufen. Aber nur weil die Linke sagt, Mindestlohn finden wir gut, kann die SPD ja nicht sagen Mindestlohn finden wir nicht gut. Das ergibt ja keinen Sinn. Wie soll man sich da abgrenzen?
Kauder: Das Thema Mindestlohn ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass man Themen, die die PDS und jetzt die neue Linke immer populistisch nutzen wird, so ohne weiteres eben nicht spielen darf. Der Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze vor allem in den neuen Ländern und es war schon immer falsch zu sagen, wir brauchen einen Mindestlohn. Wenn jetzt formuliert wird, ein Familienvater muss von seiner Arbeit die Familie ernähren können, dann kann ich nur sagen, gibt es jetzt einen Mindestlohn für Familien mit einem, mit zwei, mit drei Kindern. Nein! Wir haben genau in Deutschland das System, dass wir ein Mindesteinkommen sichern. Das sichert der Staat – Arbeitseinkommen – und wenn dies für die Sicherung der Existenz nicht ausreicht, dann gibt es eben Sozialleistungen vom Kindergeld bis Zuschläge aus Hartz IV.
Sagenschneider: Aber damit, Herr Kauder, sind Sie inzwischen in der Minderheitsposition, denn laut einer Umfrage sind fast 70 Prozent der Deutschen für den Mindestlohn und selbst die Mehrheit der Unionsanhänger und sogar eine Mehrheit der FDP-Anhänger. Also liegen Sie vielleicht doch falsch mit Ihrer Ablehnung?
Kauder: Wissen Sie die Meinungsumfragen. Wenn wir das machen, dass wir Politik ausschließlich nach den Meinungsumfragen machen, dann würde es in Deutschland ganz anders aussehen.
Sagenschneider: Nun ja, ausschließlich nicht, aber es ist die Klientel, auf die Sie als Wähler abzielen.
Kauder: Man muss eben mit den Menschen reden und muss klar machen: wir haben eine Lösung jetzt in der Koalition gefunden, dass wir sagen, die Lohnfindung muss am Markt stattfinden. Das müssen die Tarifpartner machen, nicht die Politik. Wie soll die Politik einen Lohn festlegen? Dort, wo die Tarifpartner zu schwach sind, wo sie nicht mehr stark genug sind, haben wir ein System angeboten mit dem Mindestarbeitsbedingungsgesetz, das wir in die heutige Zeit übertragen. Da wird es also Lösungen geben, überhaupt keine Frage, und wo die Probleme besonders groß sind, haben wir auch schon Lösungen gefunden. Wir haben in das sogenannte Entsendegesetz den Baubereich hineingenommen, die Gebäudereiniger hineingenommen. Also es ist ja nicht so, dass überhaupt dort, wo Probleme entstehen, nichts geschieht. Aber pauschal zu sagen, es gibt einen Mindestlohn in dieser oder jener Höhe, würde Arbeitsplätze in Deutschland schlicht und ergreifend vernichten. Dies ist eine klare Erkenntnis aller Ökonomen. Und wir haben es ja gesehen, als die Gewerkschaften versucht haben, bundesweit die sogenannten Leichtlohngruppen abzuschaffen, was dann auch gelungen ist. Darauf sind in diesen Bereichen auch die Arbeitsplätze weggefallen. Also ich kann nur sagen Probleme lösen ja, aber Ideologie durchsetzen hat überhaupt keinen Sinn. Das muss die SPD auch wissen.
Die Linke hat vor wenigen Tagen erklärt, ein Mindestlohn von 6,50 Euro, wie ihn die SPD verlangt, passe überhaupt nicht mehr in die Welt. Es müsse mehr und mehr sein. Ich sage nur: wenn der Staat einen Mindestlohn von 6,50 Euro festlegen würde, würden alle Löhne, die heute um die 8 und 8,50 Euro liegen, in Zukunft nach unten wandern nach dem Motto, der Staat hat gesagt, wo die Eingangsgrenze liegt. Ich kann nur warnen vor einer solchen Fehlentwicklung!
Sagenschneider: Volker Kauder, Unionsfraktionsvorsitzender im Bundestag, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen.
Volker Kauder: Guten Morgen!
Sagenschneider: Wie hat man sich denn die angekündigte harte Auseinandersetzung vorzustellen?
Kauder: Zunächst einmal muss völlig klar sein, dass Sozialismus in Deutschland immer Armut bedeutet hat. Sozialismus hat immer bedeutet Staatswirtschaft und wir haben sozialistische Ergebnisse in der DDR besichtigen können. Sozialismus hat immer Unfreiheit bedeutet. Sozialismus hat in der DDR strikt in die Gefängnisse von Bautzen und Hohenschönhausen geführt. Darauf werden wir hinweisen, wenn jemand sagt, er möchte den Sozialismus in Deutschland einführen und das System überwinden.
Sagenschneider: Aber die Linke wird natürlich trotzdem ein Problem für die SPD vor allen Dingen, aber auch für die Union werden, weil sich da ja auch eine Protestpartei als Adresse für die Unzufriedenen anbietet?
Kauder: Natürlich! Bei der ersten Großen Koalition hatten wir eine außerparlamentarische Opposition. Jetzt haben wir eine Linke im Deutschen Bundestag und ich gehe mal davon aus, dass es auch eine Zeit lang so bleiben wird. Aber ich glaube schon, dass die Menschen erkennen werden, dass mit Protest allein nichts zu machen ist, sondern sie werden sehr schnell sehen, dass die Ergebnisse, die die jetzige Bundesregierung bringt, viel mehr für die Menschen bedeuten, wenn wir an die sinkende Arbeitslosigkeit denken. Also ich mache mir da keine allzu großen Sorgen, nehme aber diese Partei ernst und wir müssen sie auch stellen, beispielsweise dort, wo sie wie in Berlin in Koalitionen sind, was da gemacht wird, was da nicht erreicht wird. Also es wird notwendig werden, dass man sich mit der Politik dieser Partei auseinandersetzt. Vor allem muss dies aber die SPD tun. Diese Partei gräbt an der SPD und die SPD hat schon einmal eine solche Erfahrung gemacht mit den Grünen. Deswegen muss sie sich gegen diese Partei wehren.
Sagenschneider: Aber das ist natürlich schwierig. Sie selber haben ja gesagt und auch die SPD davor gewarnt, den Themen der Linken nachzulaufen. Aber nur weil die Linke sagt, Mindestlohn finden wir gut, kann die SPD ja nicht sagen Mindestlohn finden wir nicht gut. Das ergibt ja keinen Sinn. Wie soll man sich da abgrenzen?
Kauder: Das Thema Mindestlohn ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass man Themen, die die PDS und jetzt die neue Linke immer populistisch nutzen wird, so ohne weiteres eben nicht spielen darf. Der Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze vor allem in den neuen Ländern und es war schon immer falsch zu sagen, wir brauchen einen Mindestlohn. Wenn jetzt formuliert wird, ein Familienvater muss von seiner Arbeit die Familie ernähren können, dann kann ich nur sagen, gibt es jetzt einen Mindestlohn für Familien mit einem, mit zwei, mit drei Kindern. Nein! Wir haben genau in Deutschland das System, dass wir ein Mindesteinkommen sichern. Das sichert der Staat – Arbeitseinkommen – und wenn dies für die Sicherung der Existenz nicht ausreicht, dann gibt es eben Sozialleistungen vom Kindergeld bis Zuschläge aus Hartz IV.
Sagenschneider: Aber damit, Herr Kauder, sind Sie inzwischen in der Minderheitsposition, denn laut einer Umfrage sind fast 70 Prozent der Deutschen für den Mindestlohn und selbst die Mehrheit der Unionsanhänger und sogar eine Mehrheit der FDP-Anhänger. Also liegen Sie vielleicht doch falsch mit Ihrer Ablehnung?
Kauder: Wissen Sie die Meinungsumfragen. Wenn wir das machen, dass wir Politik ausschließlich nach den Meinungsumfragen machen, dann würde es in Deutschland ganz anders aussehen.
Sagenschneider: Nun ja, ausschließlich nicht, aber es ist die Klientel, auf die Sie als Wähler abzielen.
Kauder: Man muss eben mit den Menschen reden und muss klar machen: wir haben eine Lösung jetzt in der Koalition gefunden, dass wir sagen, die Lohnfindung muss am Markt stattfinden. Das müssen die Tarifpartner machen, nicht die Politik. Wie soll die Politik einen Lohn festlegen? Dort, wo die Tarifpartner zu schwach sind, wo sie nicht mehr stark genug sind, haben wir ein System angeboten mit dem Mindestarbeitsbedingungsgesetz, das wir in die heutige Zeit übertragen. Da wird es also Lösungen geben, überhaupt keine Frage, und wo die Probleme besonders groß sind, haben wir auch schon Lösungen gefunden. Wir haben in das sogenannte Entsendegesetz den Baubereich hineingenommen, die Gebäudereiniger hineingenommen. Also es ist ja nicht so, dass überhaupt dort, wo Probleme entstehen, nichts geschieht. Aber pauschal zu sagen, es gibt einen Mindestlohn in dieser oder jener Höhe, würde Arbeitsplätze in Deutschland schlicht und ergreifend vernichten. Dies ist eine klare Erkenntnis aller Ökonomen. Und wir haben es ja gesehen, als die Gewerkschaften versucht haben, bundesweit die sogenannten Leichtlohngruppen abzuschaffen, was dann auch gelungen ist. Darauf sind in diesen Bereichen auch die Arbeitsplätze weggefallen. Also ich kann nur sagen Probleme lösen ja, aber Ideologie durchsetzen hat überhaupt keinen Sinn. Das muss die SPD auch wissen.
Die Linke hat vor wenigen Tagen erklärt, ein Mindestlohn von 6,50 Euro, wie ihn die SPD verlangt, passe überhaupt nicht mehr in die Welt. Es müsse mehr und mehr sein. Ich sage nur: wenn der Staat einen Mindestlohn von 6,50 Euro festlegen würde, würden alle Löhne, die heute um die 8 und 8,50 Euro liegen, in Zukunft nach unten wandern nach dem Motto, der Staat hat gesagt, wo die Eingangsgrenze liegt. Ich kann nur warnen vor einer solchen Fehlentwicklung!
Sagenschneider: Volker Kauder, Unionsfraktionsvorsitzender im Bundestag, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen.