Katja, bulgarische Prostituierte

"Nicht alle Kunden haben ein gutes Herz"

Eine Prostituierte wartet in Berlin auf ihre Kundschaft.
Eine Prostituierte wartet in Berlin auf ihre Kundschaft. © dpa-Bildfunk / Tim Brakemeier
Von Ellen Häring · 23.03.2016
Die Prostitution wird neu geregelt. Der am Mittwoch beschlossene Gesetzentwurf sieht eine Meldepflicht für Prostituierte und eine Kondompflicht für Freier vor. Bordelle benötigen künftig eine Erlaubnis. Ob Frauen wie Katja davon profitieren, bleibt offen.
"28 Jahre." - Katja sieht viel älter aus als 28. Die Arbeit auf dem Straßenstrich hat Spuren hinterlassen. Katja wirkt unendlich müde. Seit fünf Jahren steht sie an der Kurfürstenstraße.
"Arbeit schwer, scheiße Arbeit…"
Sie erzählt, wie schwer die Arbeit ist, dass sie ewig wartet, und doch zu wenig Kunden hat. Und dass sie mindestens 30 Euro nimmt. Für’s Ficken.
"Ficken okay. Nur ficken. Nicht alle Kunden haben ein gutes Herz…"
Manche geben ihr mehr Geld, aber andere betrügen und zahlen nach dem Sex nur 10 oder 15 Euro.
"Sie geben 15 oder nur 10 Euro. Das ist scheiße. Zuhälter schlagen…"

Zu wenig Kunden, zu wenig Geld

Gewalttätig sind nicht nur die Zuhälter, oft auch die Kunden.
"Hier kommen Afrikaner, Deutsche, Italiener, Türken, es ist international hier."
Sie hat zu wenig Kunden, das Geld reicht nicht, obwohl Katja nicht raucht und keine Drogen nimmt.
"Für mich besser so."
Die guten Kunden bleiben weg, immer mehr Idioten kommen. Katjas ungarische Freundin wurde von zwei afrikanischen Männern auf dem Parkplatz geschlagen. Seitdem nimmt Katja keine Afrikaner mehr. Und auch keine Araber.
"Ich immer Angst"
Die deutschen, alten Männer sind am besten. Aber die sind schwer zu bekommen.
"Aber schwer. Ich immer gebe alle Geld, ich keine Chef."

Regelmäßige Überweisung nach Bulgarien

Katja hat schon lange keine Zuhälter mehr. Ihr Geld schickt sie nach Bulgarien zu ihrer Mutter und ihren Zwillingen, die sie dort gelassen hat.
"Nicht so viel Geld, keine Arbeit."
50, 60 Euro kann sie im Monat schicken, mehr nicht. Mit den Kunden geht sie auf den Parkplatz oder ins Parkhaus. In der Pension ist es zu teuer.
"Zimmer halbe Stunde: zehn unten, oben 15 halbe Stunde…"
Im Erdgeschoss ist es verdreckt und unhygienisch, Katja hat Angst, dort krank zu werden.
"Ich gehe ins Parkhaus oder auf den Parkplatz. Andere Arbeit für mich sehr gut."
Eine andere Arbeit kann Katja schwer finden, sie ist nicht gemeldet und hat nicht einmal eine Wohnung. Sie schläft bei Freunden oder in einem Internetcafé.

Viele Kunden wollen es "ohne"

Die Hälfte der Kunden auf der Kurfürstenstraße will ungeschützten Sex.
"Ohne Kondome, ohne Kondome, ohne Kondome!"
Sie zahlen dann mehr und finden eine Frau. Katja macht das grundsätzlich nicht.
"Ich immer Angst. Egal, deutsche türkische, Italiener auch, immer."
Viele Kolleginnen von Katja sind weggegangen, nach Frankreich, weil es hier zu wenig Arbeit gibt.
"Ich noch hier, dann auch Frankreich, gutes Geld geben und viel Arbeit. Gutes Geld, sehr gut. Aber hier: Scheiße. Andere Arbeit? - Ja. Sauber machen."
Wenn es nicht klappt mit Frankreich, dann würde Katja auch mit Putzen in Berlin gerne Geld verdienen. Aber ohne Papiere? Auf der Kurfürstenstraße jedenfalls geht es für sie nicht mehr lange weiter.
"Heute keine Kunde, gestern auch nicht, aber es ist mir egal. So habe ich keinen Stress."
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