Katastrophenhilfe

"Die westliche Welt ist ganz klar im Vorteil"

Überschwemmungen auf Kuba durch "Irma", hier in Havana
Überschwemmungen auf Kuba durch "Irma", hier in Havana © AP Photo/Ramon Espinosa
Dirk Bathe im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 11.09.2017
Die westliche Welt ist reicher, bekommt aber bei Katastrophen trotzdem mehr Hilfe als ärmere Länder. Das liegt an der medialen Sichtbarkeit, sagt Dirk Bathe von World Vision, denn man könne ja nur für Katastrophen spenden, von denen man wisse. Doch er hat eine Lösung für dieses Dilemma.
Kuba ist härter getroffen worden von Hurrikan Irma als Florida, trotzdem wird hierzulande mehr über die USA berichtet. Das ist auch deshalb dramatisch, weil die Spendenbereitschaft von medialer Aufmerksamkeit abhängt - und Spenden werden auch auf Kuba dringend gebraucht.
"Die westliche Welt ist da ganz klar im Vorteil", sagt Dirk Bathe von World Vision. "Mit den Bildern kommt auch erst die Bereitschaft zu spenden." Doch auch das gesellschaftliche und politische Klima eines Landes spiele eine Rolle. "Auf Kuba oder auch auf Haiti, dort kann man nicht frei arbeiten, dort gibt es kaum Journalisten und dann gibt es auch keine Bilder."
"Wir sind auf Haiti schon seit 39 Jahren vertreten, nicht nur in der Katastrophenhilfe", erzählt Bathe. "Die Kollegen sind natürlich auch in der Lage, Bilder zu drehen oder Artikel zu schreiben und die veröffentlichen wir dann über unser Kanäle. Wir bieten sie aber auch den Medien an."

Pauschal die Armen bevorzugen

Am heftigsten getroffen werden immer die Ärmsten, sagt Bathe. "Schon allein deswegen, weil sie nicht in der Lage sind, sich Häuser zu bauen, die einem Hurrikan standhalten und weil sie oft auch nicht in der Lage sind zu fliehen."
"Wenn man von vornherein darauf achtet, dass die Reichtümer einer Gesellschaft fairer verteilt werden, zum Beispiel indem Steuergelder so eingesetzt werden, dass auch in ärmeren Gebieten die Infrastruktur stabiler aufgesetzt wird mit Straßen, die nicht sofort weggespült werden bei jedem Hurrikan, dann kann man die Folgen deutlich mindern", sagt Bathe.
Katastrophenvorsorge sei eine allgemeine gesellschaftliche und auch internationale Aufgabe, meint Bathe. Denn in Ländern wie Haiti oder der Dominikanischen Republik gebe es weder die finanziellen Mittel, noch die nötigen Kompetenzen zur Katastrophenvorsorge. Dabei spare jeder Dollar, den man einsetze, sieben Dollar, die man hinterher für den Wiederaufbau aufwenden müsse. "Es ist wirtschaftlich äußerst sinnvoll, in Katastrophenvorsorge zu investieren."
Und wenn es dann um die Katastrophenhilfe ginge, müsse man pauschal die Armen bevorzugen, meint Dirk Bathe. "Denn die haben nicht die Möglichkeit, sich selbst wieder aus der Patsche zu ziehen!"
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