Kartellamtschef Heitzer: Bonusregelung hat sich bewährt
Der Chef des Bundeskartellamtes, Bernhard Heitzer, hat die Bonusregelung zur Aufdeckung von Kartellvergehen als bewährtes Instrument bezeichnet. Heitzer sagte, seit Einführung der Regelung vor gut zwei Jahren seien mehr als 40 Verfahren eröffnet worden.
Christopher Ricke: Das Bundeskartellamt verhängt Bußgelder gegen Pharmafirmen und -verbände, das Bundeskartellamt will die jüngsten Preiserhöhungswellen bei Strom und Gas genau überprüfen, das Bundeskartellamt fordert die Energiekonzerne auf, ihre Beteiligungen an Stadtwerken und Regionalversorgern zu verkaufen. Einige Meldungen der vergangenen Woche – das Bundeskartellamt, die große deutsche Wettbewerbsbehörde, feiert heute ihr 50-jähriges Bestehen. Der Präsident ist Bernhard Heitzer, guten Morgen, Herr Heitzer!
Bernhard Heitzer: Schönen guten Morgen, Herr Ricke!
Ricke: Wenn Konzerne ein Kartell bilden, Preise absprechen, den Wettbewerb aushebeln, ist der Kunde am Schluss der Dumme. Welche Branchen stehen denn heute unter besonderem Verdacht, kartellanfällig zu sein?
Heitzer: Ach, wissen Sie, Herr Ricke, diese Anfälligkeit kann man nicht an einer bestimmten Branche festmachen, die ist eigentlich überall gut ausgeprägt. Ich werde da keine besondere Branche hervorheben wollen.
Ricke: Dann nenne ich mal zwei: die Stromlieferanten und die Ölkonzerne, die stehen doch immer mal wieder in Verdacht.
Heitzer: In Verdacht ja, in Verdacht ja, aber genau so verdächtig sind, ich sage mal, andere Wirtschaftsbereiche, die Zementindustrie und alles, was wir hier so haben.
Ricke: Es gibt ja ab und zu den Verdacht, dass Absprachen gebildet werden, dass sich Manager zusammensetzen, sagen, wir halten den Preis hoch. Es ist da immer die Schwierigkeit mit dem Verdacht und dem Beweis, wenn man es nicht wirklich beweisen kann, kann man nicht vorgehen. Ist da das Kartellamt nicht ein zwar brüllender, aber dann doch zahnloser Löwe?
Heitzer: Natürlich ist es immer ein schwerwiegender Vorwurf, jemandem zu unterstellen, dass er Kartelle abspricht, dass er Kartelle bildet, aber zum anderen ist natürlich auch das Beweiserfordernis sehr hoch angesetzt, zu Recht hoch angesetzt, und deshalb müssen wir in diesen Dingen wirklich sehr genau recherchieren. Wir haben allerdings jetzt seit einiger Zeit eine Möglichkeit an der Hand, die uns so ein bisschen dazu verhilft, ich sage mal, ein bisschen Instabilität in die Kartelle zu bringen. Ich nenne jetzt einfach mal das Stichwort: das ist eine neue Bonusregelung, so ähnlich oder fast synonym zu der, die auch auf der Ebene der Europäischen Kommission angewendet wird, und die bewirkt eben, dass der erste Kartellant, der sich bei uns freiwillig meldet und uns eine Information gibt, völlig – jetzt nicht im juristischen Sinne, aber etwas untechnisch – straffrei ausgeht, der zweite kriegt einen Bonus von 50 Prozent. Und das ist ein Instrument, mit dem wir doch in der Lage sind, etwas besser als früher Kartelle aufzudecken, und wenn ich mir einfach mal die Zahl im Kopf Revue passieren lasse, wir haben seit der Einführung der Bonusregelung im Jahr 2005 jetzt hier insgesamt 44 Fälle mit derartigen Bonusanträgen. Das ist schon ganz ordentlich, und das hilft uns sicherlich ein Stück weiter.
Ricke: Wann kommt den so ein Kronzeuge – kurz bevor er sich ertappt fühlt, oder aus eigenem Antrieb, weil er sagt, das kann so nicht lange weitergehen?
Heitzer: Das ist unterschiedlich. In der Regel ist es so, wenn wir dabei sind, ein Kartell aufzudecken, wir machen dann Durchsuchungen, ich sage mal, auch untechnisch erwischen wir Leute, und der Erste, der sich dann in so einer Situation meldet und aktiv dazu beiträgt – und zwar substanziell dazu beiträgt –, das Kartell schnell aufzudecken und diese illegitime Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu beenden, der kriegt eben einen hundertprozentigen, ich sage mal, Ablass.
Ricke: Das Bundeskartellamt hat ja gesagt, dass es die jüngste Preiserhöhungswelle bei Strom genau überprüfen will. Die, die da angesprochen sind, heißen RWE, E.ON, Vattenfall, EnBW, das sind die vier Großen. Glauben Sie wirklich, dass sich da jemand zum Kronzeugen hergibt?
Heitzer: Es sind nicht nur die vier Großen, die im Verdacht stehen könnten, ein missbräuchliches Preisverhalten zu haben, es sind natürlich – wir haben hier, Herr Ricke, in Deutschland, wir haben ungefähr 1000 Energieversorgungsunternehmen –, es sind auch regionale Versorger, so dass ich persönlich jetzt davon ausgehe, wenn es denn überhaupt nachhaltige Beweise gäbe für missbräuchliches Preisverhalten im Energiesektor Strom oder Gas, dann sind erst mal in der Mehrzahl – dafür spricht einfach die große Zahl von 1000 – die Landeskartellbehörden am Zuge, da sind sie zuständig. Aber sie werden das natürlich im engstem Benehmen mit uns machen.
Ricke: Sie haben die Zuständigkeitsebenen gerade angesprochen, die Landeskartellbehörden, dann gibt es das Bundeskartellamt, es gibt auch noch die Bundesnetzagentur, auf der europäischen Ebene gibt es die EU-Wettbewerbskommissarin. Erkennen Sie denn hier Reformpotenzial? Könnte man sozusagen da die, die Kartelle überprüfen und aufdecken wollen, nicht besser zusammenfassen?
Heitzer: Ich weiß nicht, was hinter der Frage genau steht, aber ich kann Ihnen wirklich, Herr Ricke, versichern, die Zusammenarbeit – zumindest zwischen europäischen Kartellbehörden – ist exzellent. Dazu gibt es eine Rechtsgrundlage, das ist die Fusionskontrollverordnung aus 1989, die ist im Übrigen ganz entscheidend hier vom deutschen GWW und von der deutschen Fusionskontrolle geprägt worden, und auf der Basis gibt es eine sehr intensive Zusammenarbeit zwischen den 27 europäischen Kartellbehörden mit der Europäischen Kommission, das funktioniert hervorragend.
Ricke: Verbraucher freuen sich, wenn sie Informationen bekommen, zum Beispiel auf Ihrer Webseite, wenn Gaspreise bundesweit vergleichend dargestellt werden. Kann in der Richtung mehr geschehen? Müssen Sie sich noch mehr direkt an die Verbraucher wenden?
Heitzer: Die Verbraucher sind schon ganz wichtig, wenn Sie bloß allein überlegen, dass auch deren Eigeninitiative beim Wechseln des Stromanbieters und des Gasanbieters – da ist es noch nicht so leicht möglich, aber beim Strom ist es schon recht leicht –, da ist schon auch in erheblicher Weise die Eigenverantwortung der Verbraucher gefragt. Sie sprechen glaube ich an, das, was wir jetzt – glaube ich zum dritten Mal – an Gaspreisvergleichen für typische Haushaltskunden veröffentlicht haben. Das ist eine Veröffentlichung, die basiert letztlich auf einem Beschluss der Länderwirtschaftsministerkonferenz, das werden wir sicherlich noch eine Weile weiterführen, aber wir haben nicht die Absicht, jetzt ähnliche Preisvergleiche dann für andere Branchen bei uns auf der Homepage zu machen. Da gibt es, wenn ich das richtig sehe, mittlerweile auch eine ganze Reihe von privaten Portalen, die auch nicht schlecht sind.
Bernhard Heitzer: Schönen guten Morgen, Herr Ricke!
Ricke: Wenn Konzerne ein Kartell bilden, Preise absprechen, den Wettbewerb aushebeln, ist der Kunde am Schluss der Dumme. Welche Branchen stehen denn heute unter besonderem Verdacht, kartellanfällig zu sein?
Heitzer: Ach, wissen Sie, Herr Ricke, diese Anfälligkeit kann man nicht an einer bestimmten Branche festmachen, die ist eigentlich überall gut ausgeprägt. Ich werde da keine besondere Branche hervorheben wollen.
Ricke: Dann nenne ich mal zwei: die Stromlieferanten und die Ölkonzerne, die stehen doch immer mal wieder in Verdacht.
Heitzer: In Verdacht ja, in Verdacht ja, aber genau so verdächtig sind, ich sage mal, andere Wirtschaftsbereiche, die Zementindustrie und alles, was wir hier so haben.
Ricke: Es gibt ja ab und zu den Verdacht, dass Absprachen gebildet werden, dass sich Manager zusammensetzen, sagen, wir halten den Preis hoch. Es ist da immer die Schwierigkeit mit dem Verdacht und dem Beweis, wenn man es nicht wirklich beweisen kann, kann man nicht vorgehen. Ist da das Kartellamt nicht ein zwar brüllender, aber dann doch zahnloser Löwe?
Heitzer: Natürlich ist es immer ein schwerwiegender Vorwurf, jemandem zu unterstellen, dass er Kartelle abspricht, dass er Kartelle bildet, aber zum anderen ist natürlich auch das Beweiserfordernis sehr hoch angesetzt, zu Recht hoch angesetzt, und deshalb müssen wir in diesen Dingen wirklich sehr genau recherchieren. Wir haben allerdings jetzt seit einiger Zeit eine Möglichkeit an der Hand, die uns so ein bisschen dazu verhilft, ich sage mal, ein bisschen Instabilität in die Kartelle zu bringen. Ich nenne jetzt einfach mal das Stichwort: das ist eine neue Bonusregelung, so ähnlich oder fast synonym zu der, die auch auf der Ebene der Europäischen Kommission angewendet wird, und die bewirkt eben, dass der erste Kartellant, der sich bei uns freiwillig meldet und uns eine Information gibt, völlig – jetzt nicht im juristischen Sinne, aber etwas untechnisch – straffrei ausgeht, der zweite kriegt einen Bonus von 50 Prozent. Und das ist ein Instrument, mit dem wir doch in der Lage sind, etwas besser als früher Kartelle aufzudecken, und wenn ich mir einfach mal die Zahl im Kopf Revue passieren lasse, wir haben seit der Einführung der Bonusregelung im Jahr 2005 jetzt hier insgesamt 44 Fälle mit derartigen Bonusanträgen. Das ist schon ganz ordentlich, und das hilft uns sicherlich ein Stück weiter.
Ricke: Wann kommt den so ein Kronzeuge – kurz bevor er sich ertappt fühlt, oder aus eigenem Antrieb, weil er sagt, das kann so nicht lange weitergehen?
Heitzer: Das ist unterschiedlich. In der Regel ist es so, wenn wir dabei sind, ein Kartell aufzudecken, wir machen dann Durchsuchungen, ich sage mal, auch untechnisch erwischen wir Leute, und der Erste, der sich dann in so einer Situation meldet und aktiv dazu beiträgt – und zwar substanziell dazu beiträgt –, das Kartell schnell aufzudecken und diese illegitime Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu beenden, der kriegt eben einen hundertprozentigen, ich sage mal, Ablass.
Ricke: Das Bundeskartellamt hat ja gesagt, dass es die jüngste Preiserhöhungswelle bei Strom genau überprüfen will. Die, die da angesprochen sind, heißen RWE, E.ON, Vattenfall, EnBW, das sind die vier Großen. Glauben Sie wirklich, dass sich da jemand zum Kronzeugen hergibt?
Heitzer: Es sind nicht nur die vier Großen, die im Verdacht stehen könnten, ein missbräuchliches Preisverhalten zu haben, es sind natürlich – wir haben hier, Herr Ricke, in Deutschland, wir haben ungefähr 1000 Energieversorgungsunternehmen –, es sind auch regionale Versorger, so dass ich persönlich jetzt davon ausgehe, wenn es denn überhaupt nachhaltige Beweise gäbe für missbräuchliches Preisverhalten im Energiesektor Strom oder Gas, dann sind erst mal in der Mehrzahl – dafür spricht einfach die große Zahl von 1000 – die Landeskartellbehörden am Zuge, da sind sie zuständig. Aber sie werden das natürlich im engstem Benehmen mit uns machen.
Ricke: Sie haben die Zuständigkeitsebenen gerade angesprochen, die Landeskartellbehörden, dann gibt es das Bundeskartellamt, es gibt auch noch die Bundesnetzagentur, auf der europäischen Ebene gibt es die EU-Wettbewerbskommissarin. Erkennen Sie denn hier Reformpotenzial? Könnte man sozusagen da die, die Kartelle überprüfen und aufdecken wollen, nicht besser zusammenfassen?
Heitzer: Ich weiß nicht, was hinter der Frage genau steht, aber ich kann Ihnen wirklich, Herr Ricke, versichern, die Zusammenarbeit – zumindest zwischen europäischen Kartellbehörden – ist exzellent. Dazu gibt es eine Rechtsgrundlage, das ist die Fusionskontrollverordnung aus 1989, die ist im Übrigen ganz entscheidend hier vom deutschen GWW und von der deutschen Fusionskontrolle geprägt worden, und auf der Basis gibt es eine sehr intensive Zusammenarbeit zwischen den 27 europäischen Kartellbehörden mit der Europäischen Kommission, das funktioniert hervorragend.
Ricke: Verbraucher freuen sich, wenn sie Informationen bekommen, zum Beispiel auf Ihrer Webseite, wenn Gaspreise bundesweit vergleichend dargestellt werden. Kann in der Richtung mehr geschehen? Müssen Sie sich noch mehr direkt an die Verbraucher wenden?
Heitzer: Die Verbraucher sind schon ganz wichtig, wenn Sie bloß allein überlegen, dass auch deren Eigeninitiative beim Wechseln des Stromanbieters und des Gasanbieters – da ist es noch nicht so leicht möglich, aber beim Strom ist es schon recht leicht –, da ist schon auch in erheblicher Weise die Eigenverantwortung der Verbraucher gefragt. Sie sprechen glaube ich an, das, was wir jetzt – glaube ich zum dritten Mal – an Gaspreisvergleichen für typische Haushaltskunden veröffentlicht haben. Das ist eine Veröffentlichung, die basiert letztlich auf einem Beschluss der Länderwirtschaftsministerkonferenz, das werden wir sicherlich noch eine Weile weiterführen, aber wir haben nicht die Absicht, jetzt ähnliche Preisvergleiche dann für andere Branchen bei uns auf der Homepage zu machen. Da gibt es, wenn ich das richtig sehe, mittlerweile auch eine ganze Reihe von privaten Portalen, die auch nicht schlecht sind.