Karnevalistischer Tanzsport

Mehr als nur das Tanzmariechen

05:19 Minuten
Bei den Deutschen Meisterschaften im karnevalistischen Tanzsport in Erfurt kämpft die Seniorengarde der Tanzsportgarde KG Rote Funken Harsewinkel um eine gute Wertung.
Die Tanzsportgarde Harsewinkel hat 200 Mitglieder. © dpa / picture alliance / Martin Schutt
Von Heinz Schindler · 18.02.2024
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Akrobatik, Tanz, Turnen, Gymnastik und Freude an der Präsentation vereinen sich beim karnevalistischen Tanzsport. Auch nach dem Aschermittwoch ist bei den Garden und Tanzmariechen längst noch nicht alles vorbei. Die Turniersaison beginnt erst jetzt.
Die Mehrzweckhalle im ostwestfälischen Harsewinkel im Kreis Gütersloh: Etwa ein Viertel der Spielfläche eines Handballfeldes nimmt die Bühne ein, davor stehen längs bis zum anderen Ende der Halle Tische und Bänke. Die Bestuhlung erinnert an die Prunksitzung einer Karnevalsgesellschaft.
Doch statt eines Elferrates regieren Wertungsrichterinnen und -richter, statt mehr oder weniger launiger Büttenreden gibt es Anspannung und Ausgelassenheit im Drei-Minuten-Rhythmus der Choreografien – hier, beim Qualifikationsturnier im karnevalistischen Tanzsport.

Viele verschiedene Tanzarten integriert

Daniela Schafarik ist Sport- und Lehrwartin beim Bundesverband für karnevalistischen Tanzsport in Deutschland.
„Der karnevalistische Tanzsport setzt sich aus ganz vielen verschiedenen Tanzarten zusammen. Natürlich traditionell der Marschtanz, der Gardetanz - so in Uniform. Dabei muss man natürlich gelenkig sein und sehr flexibel. Ein bisschen eine Abwandlung vom Ballett, ein bisschen militärisch. Daher kommt auch der Marschtanz.  Dann gibt es unsere Solisten, die auch sehr akrobatisch sein müssen. Freie Elemente, aber auch tanzen und präsentieren. Tanzpaare haben wir auch natürlich noch bei uns in den Disziplinen.“
Und das in der Regel zu Musik, die nur selten dem privaten Geschmack der Tänzerinnen und Tänzer entsprechen dürfte.

Der Schautanz als vierte Disziplin

Die vierte Disziplin hingegen ist so ganz anders als das, was man auf Anhieb mit Karneval verbindet - aber nicht weniger anspruchsvoll und facettenreich: der Schautanz.

„Da verkörpern wir Themen. Der Trainer – oder der Choreograf – darf sich dann ein Thema selbst frei wählen und kann dann alle Tanzarten wie zum Beispiel Hip-Hop, Aerobic, Streetdance, alles, was es gibt, Schauspielerei mit reinbringen. Und das ist, glaube ich, noch mal ganz vielseitig - dass man nicht nur auf einer Schiene läuft.“

Der Bundesverband ist aus dem Bund Deutscher Karneval hervorgegangen und ist Mitglied im Deutschen Tanzsportverband und damit im DOSB. Als Fachverband für besondere Aufgaben sieht man sich als Bindeglied zwischen Brauchtum und Sport.

Der karnevalistische Tanzsport ist auch Leistungssport. Das fördern wir. Leistungssport, das bedeutet, dass die Tänzer, Garden, Solisten Meisterschaften tanzen und sich messen, um dann hinterher beim Endturnier zu schauen, wer der Beste ist in dem Jahr.

Daniela Schafarik vom Bundesverband für karnevalistischen Tanzsport

191 Vereine sind im Bundesverband für karnevalistischen Tanzsport organisiert. Dessen Hauptzweck besteht in der Ausbildung der Trainerinnen und Trainer.

120 Stunden Unterricht für die C-Lizenz

Um die C-Lizenz nach den Rahmen-Richtlinien des DOSB zu erhalten, sind 120 Stunden Unterricht und entsprechende Prüfungen zu absolvieren. Die Lizenz gilt dann für vier Jahre.

„Da muss man ja erst mal einen Basic-Kurs besuchen, wie das bei allen Lizenzen ist. Also in jeder Sportart. Und danach geht man dann in die Fachbereiche rein. Man lernt da auch ganz viel: Wie gehe ich mit den Kindern um?
Gerade, wenn es dann um die körperlichen Voraussetzungen geht: Wie baue ich die Tänze auf? Was gehört in so einen Tanz rein? So wie die Richtlinien. Wenn ich auf Meisterschaften gehe, gibt es Richtlinien, Bewertungskriterien. Es gibt eine Turnierordnung. Und das schulen wir auch alles zusammen in der C- Lizenz. Dass der Trainer auf jeden Fall vorbereitet ist, an den Meisterschaften auch teilzunehmen.“
An diesem Wochenende finden in Suhl und in Würzburg die Nord- und Süddeutschen Meisterschaften statt. Nächstes Wochenende dann die Deutsche Meisterschaft in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart.

Training ist unabhängig vom Karneval

Um karnevalistischen Tanzsport anzuschauen oder auszuüben, muss man nicht zwingend ein Freund des Karnevals sein. Aufgeführt und trainiert wird unabhängig von der Karnevalssaison.
Der Sport steht im Vordergrund, so auch im Heimatverein von Daniela Schafarik, bei der Tanzsportgarde Harsewinkel, die zwischen 2005 und 2014 der erfolgreichste Verein des Landes war.

Das Training im Verein pausiert lediglich während der Osterferien. 200 Mitglieder hat die Tanzsportgarde, die Hälfte davon sind Aktive.
Und die wollen auch in einer 25.000-Einwohner-Stadt gewonnen werden.

„Aber hier im Ort sind auch viele Angebote. Man muss sich schon bemühen. Man muss eine Plattform schaffen, wo man sich dann auch wohlfühlt."

Fester Bestandteil des Vereinslebens

Und so ist die Tanzsportgarde ein fester Bestandteil des Vereinslebens. Präsentiert sich auch auf Heimatabenden oder dem Empfang des Bürgermeisters. Der kleine Vorteil eines visuell ausgelegten Leistungssports. 

„Immer, wenn man irgendwo wieder kleine Auftritte macht - wo man dann auf so Frühlingsfesten ist. Oder man tanzt auf einem Geburtstag bei jemandem. Dann wird es immer weitererzählt. Oder wenn wir eine Großveranstaltung hier in Harsewinkel haben. Das ist ganz wichtig, dass man da auch präsent ist, damit die Menschen auch wissen, was da gemacht wird."

Eine Wiederholung vom 12. März 2023

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