Karl-Theodor zu Guttenberg

Nun also wieder Herr Doktor

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Der frühere Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sitzt nach einem Interview, während des Ludwig-Erhard-Gipfels, am Tegernsee.
Der frühere Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat seinen Doktor inzwischen nachgeholt. © dpa/Angelika Warmuth
Teresa Koloma Beck im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 13.08.2020
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Karl-Theodor zu Guttenberg darf sich wieder Doktor nennen und hat inzwischen in England promoviert. Mehr "Irritationspo­ten­zi­al" bescheinigt die Soziologin Teresa Koloma Beck allerdings der Plagiatsaffäre um ihre Fachkollegin Cornelia Koppetsch.
Karl-Theodor zu Guttenberg musste 2011 als Verteidigungsminister zurücktreten, weil er ganze Passagen seiner Doktorarbeit abgeschrieben hatte. Nun hat er nach eigenen Angaben wieder einen Doktortitel.
Guttenberg hat offenbar schon vor einiger Zeit an der britischen Universität Southampton promoviert und trägt nun den Titel PhD (Doktor der Philosophie). Auf der Internetseite der Universität findet sich ein entsprechender Eintrag - als Autor ist "Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg, Karl (2018)" angegeben.

Die Soziologin Teresa Koloma Beck.
Die Soziologin Teresa Koloma Beck begrüßt die Debatte über fehlerhafte wissenschaftliche Praxis. © Bild: privat
"Wenn jemand erfolgreich promoviert hat, dann immer erst mal Glückwunsch", sagt unser Studiogast, die Soziologin Teresa Koloma Beck. Für die Professorin an der Münchner Universität der Bundeswehr bleibt Guttenberg so ein bisschen eine tragische Figur im Politikgeschehen.
Vor der Ablehnung seines Titels habe er noch so um ein Ehrgefühl gerungen. Dabei hätte er schon am Anfang wissen können, dass diese Schlacht eigentlich verloren gewesen sei, wenn die Leute weiter nachbohren, sagt die Professorin. Dieser Typus komme ihr bei ihren Promovierenden nicht unter.

Mehr "Irritationspotential" bei Cornelia Koppetsch

Der Fall ihrer Kollegin, der Soziologin Cornelia Koppetsch, sei interessant, weil es zum ersten Mal jemanden treffe, der im akademischen Betrieb im Sattel sitze. Der Abschlussbericht zu den Plagiatsvorwürfen gegen Koppetsch, den die Technische Universität Darmstadt gerade vorgelegt hat, hatte die Vorwürfe gegen sie bestätigt und ihr "eine gravierende Missachtung guter wissenschaftlicher Praxis" attestiert. Dieser Fall habe sehr viel mehr "Irritationspotenzial", sagt Koloma Beck.
Einerseits sei es gut, dass nun innerhalb der Wissenschaft darüber diskutiert werde, was Plagiate und Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis eigentlich sind. "Das ist jetzt eben nicht nur Fußnote vergessen." Allerdings sei es bedauerlich, dass Koppetsch ausgerechnet eine Soziologin gewesen sei, die sich als Forschende zu gesellschaftlich relevanten Themen geäußert habe. Das sei das, was in der Soziologie eigentlich sein sollte. Es sei tragisch, dass da vorschnell produziert worden sei und die wissenschaftliche Praxis gelitten habe.
(gem)

Teresa Koloma Beck ist Professorin für Soziologie der Globalisierung an der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaft der Universität der Bundeswehr München und Gastwissenschaftlerin am Hamburger Institut für Sozialforschung. Sie studierte in Paris und an der Universität Witten/Herdecke und promovierte 2010 an der Humboldt-Universität zu Berlin über Veralltäglichungsprozesse im Bürgerkrieg. Der Schwerpunkt ihrer akademischen Arbeit liegt in der alltagssoziologischen Erforschung von Gewaltkonflikten und Globalisierungsdynamiken.

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