Kapitalismuskritik

Die Soziale Marktwirtschaft ist in Gefahr

Sozialethiker Friedhelm Hengsbach
Friedhelm Hengsbach ist einer der renommiertesten Sozialethiker Deutschlands. © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Von Friedhelm Hengsbach · 22.12.2014
Der Jesuit Friedhelm Hengsbach fordert in seinem Sachbuch "Teilen, nicht töten" eine Ethik des Teilens in Deutschland und Europa. Für ihn ist die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland fundamental gefährdet. Deshalb müssten die Reichen den Armen von ihrem Reichtum abgeben.
Der Titel von Friedhelm Hengsbachs Buch ist nicht leicht verständlich, erschließt sich aber schnell: "Teilen, nicht töten", dies spielt auf eine mittlerweile berühmte Aussagen von Papst Franziskus an: "Diese Wirtschaft tötet!" Diesen kapitalismus-kritischen Satz des Oberhauptes der katholischen Weltkirche nimmt der deutsche Sozialethiker Friedhelm Hengsbach auf und entwickelt ihn in seinem knappen Buch stringent weiter: Der Jesuit fordert in klaren Worten eine Ethik des Teilens in Deutschland und Europa. Und wie? Kurz gesagt: Die Reichen müssen den Armen von ihrem Reichtum abgeben.
Kritik am globalisierten Banken- und Finanzwesen
Hengsbach ist einer der profiliertesten Wirtschafts- und Sozialethiker der Bundesrepublik. Lange Jahre war er Professor für Christliche Gesellschaftsethik an der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main und Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik. In dieser Tradition Nell-Breunings, der die Katholische Soziallehre über Jahrzehnte stark prägte, steht auch Hengsbach. Seine Kritik am globalisierten Banken- und Finanzwesen ist scharf. Er sieht die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland als fundamental gefährdet an - ja zweifelt an, ob sie überhaupt noch sozial genannt werden könne.
Hengsbachs Buch, das kleiner ist als eine Männerhand, versammelt in faszinierender Kürze und Dichte die gravierendsten Fakten der zunehmenden Polarisierung nicht nur der deutschen Gesellschaft: in Reiche, die immer reicher werden, und Arme, die immer ärmer werden. Zwar irritiert an Hengsbachs engagiertem Werk manchmal eine Sprache, die doch noch stark von einem marxistischen Klassenkampf-Sound gefärbt ist. Auch wünschte man sich eine stärkere biblische oder theologisch-kirchliche Verankerung des Gesagten, denn ein katholischer Sozialethiker sollte gerade diese Argumentation stärker bedienen können, da andere sie nicht leisten können.
Gehfar der sozialen Ungleichheit
Insgesamt aber regt das Buch Hengsbach auf überzeugende Art und Weise an und auf. In manchmal polemischer Schärfe verurteilt er eine Wirtschaftsentwicklung, die am Ende die Demokratie selbst gefährden kann, wie Hengsbach meint: "Wenn der real existierende Kapitalismus unter dem hegemonialen Finanzregime sich selbst überlassen bleibt, treibt er die soziale Ungleichheit unerbittlich weiter. Nicht die Demokratie soll marktkonform werden, sondern der Kapitalismus demokratiekonform." Der katholische Ethiker fordert einen "egalitären Kapitalismus", der vor allem eines wieder lernen muss: zu teilen.
Friedhelm Hengsbach: Teilen, nicht töten
Westend Verlag, Frankfurt am Main, 2014
128 Seiten, 12,00 Euro
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