Kapitalismus-Satire

Zynisch, böse und genial

Die Schauspieler Devid Striesow (l) und Katharina Schüttler in einer Szene des Films "Zeit der Kannibalen"
Die Schauspieler Devid Striesow (l) und Katharina Schüttler in einer Szene des Films "Zeit der Kannibalen" © dpa / picture alliance / Farbfilm
Von Vanja Budde · 18.05.2014
Skrupellose Unternehmensberater als Symbolgestalten des Raubtierkapitalismus: Mit "Zeit der Kannibalen" will Regisseur Johannes Naber erneut ein politisches Statement setzen.
"People, Profit, Planet!"
Die Menschheit schert sie ebenso wenig wie der Planet: Für die von Katharina Schüttler, Sebastian Blomberg und Devid Striesow gespielten Unternehmensberater zählen nur Umsatz und Karriere.
"Zeit der Kannibalen" ist ein Kammerspiel, Schauplatz sind ausschließlich klimatisierte Luxushotels in Ländern der so genannten Dritten Welt.
Nachdem sie in Meetings indische oder afrikanische Mittelständler auf Effizienz getrimmt und nebenbei das Hotelpersonal wahlweise vernascht oder mit Füßen getreten haben, sitzen die drei abends an der Hotelbar: Ein Psychopath, ein eiskaltes Biest und ein Zyniker.
"Ich sag´s dir: Du bist bei der Company genau richtig." - "Ja! Es ist toll, für die Company zu arbeiten! Ganz toll! Egal wo du bist, du bist sofort vernetzt, du hast zu jedem gleich 'nen Draht, wie in 'ner großen Familie. Auf die Company!"
Herrliche Dialoge, bitterböse Satire
Dank der herrlich abgefeimten Dialoge aus der Feder von Drehbuchautor Stefan Weigl weiß man in dieser bitterbösen Satire nicht, ob man lachen oder weinen soll über die Abgründe, die sich da auftun.
"Da draußen ist Krieg!" - "Vielleicht hat irgendein Kopftuchmädchen ihren Jungfrauentest nicht bestanden und jetzt gab‘s eine Massenvergewaltigung oder eine Steinigung. Das ist doch hier so üblich, oder? Schau doch mal in deinen Reiseführer unter 'Jungfrauentest'".
Regisseur Johannes Naber will mit „Zeit der Kannibalen" eine Diskussion über den wachsenden Egoismus in unserer Gesellschaft in Gang bringen:
"Das führt dazu, dass Leute sagen, ‚solange mir der Gesetzgeber keinen Riegel vorschiebt bei meinen Aktivitäten und alles, was ich mache legal ist, schöpfe ich das auch aus, um meinen eigenen Benefit so groß wie möglich zu bekommen, und für alle gesellschaftlichen Aufgaben ist der Staat zuständig, da muss ich mich nicht dran beteiligen. So funktioniert natürlich ein demokratisches System nicht."
Dass aus seinem Film keine dröge Kapitalismuskritik geworden ist, sondern eine auch sehr spaßige Groteske, dass hat Naber seinem Drehbuchautor zu verdanken:
"Stefan Weigl kommt ja vom Hörspiel und ist ein sehr anarchistischer Autor, würde ich mal sagen, ein sehr radikaler Autor. Seine Sachen machen mir wahnsinnig viel Spaß. Ich habe die Dialoge gelesen und dachte mir: Okay, das ist so vielschichtig und so hinterfotzig, das habe ich selten gesehen, so was."
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