Kap der deutschen Hoffnung

Reportage von Leonie March |
Die Deutsche Internationale Schule in Kapstadt wurde vor 122 Jahren gegründet. 1981, noch zur Zeiten der Apartheid, wurde die Schule für Kinder aller Hautfarben geöffnet, im Gegensatz zu südafrikanischen Schulen waren also auch schwarze und farbige Schüler zugelassen. Der Unterricht ist zweisprachig – englisch und deutsch. Die Lehrer aus Deutschland arbeiten hier unter Bedingungen, von denen sie in ihrem Heimatland nur träumen können.
Große Pause. Die Schüler stürmen die Treppe herunter, laufen den Flur entlang, nach draußen. Alle tragen Jeans und ein weißes T-Shirt – die Schuluniform an der Deutschen Internationalen Schule in Kapstadt. Alle sprechen fließend englisch und deutsch.

Ziel der meisten Schüler: die Cafeteria. Ein einfacher rechteckiger Raum mit Holztischen und Stühlen. Durch die Fenster sind Meer und Tafelberg zu sehen. Die Kulisse, für die rund hunderttausend deutsche Touristen jedes Jahr nach Kapstadt reisen. An der Essensausgabe steht Schulleiter Christian Wendt. Der Norddeutsche mit den grauen Haaren trägt Jeans, ein weißes Hemd, eine Krawatte mit kleinen Elefanten darauf. Gerade hat er sich eine Tasse Kaffee und ein Brötchen geholt.

„Für die Internatsschüler ist hier Mittagstisch und für Schüler Cafeteria, mit Stammessen, die kriegen auch immer so einen Essensblock, das hat sich ganz gut bewährt, weil wir ja relativ lange den Schulalltag haben, Unterricht geht über 8 Stunden bis 14.15 Uhr und dann kommen aber jede Menge Extra-Aktivitäten. Die verlässliche Schule wird in Deutschland angestrebt, wir sind sie, wir machen sie und die Ganztagsschule auf freiwilliger Basis bieten wir seit 2 Jahren an, auch Betreuung, für Eltern und Alleinerziehende, und die nehmen das sehr dankend an. "

Christian Wendt hat es eilig. Er muss zurück ins Büro. Die Mutter eines Schülers wartet dort auf ihn. Mehrere Treppen weiter unten. Das Schulgelände liegt am Hang – ganz oben das Internat, die Cafeteria, in der Mitte Klassenzimmer und Sekretariat, ganz unten das Sportgelände mit Pool.

Vor dem Werkraum sitzt Tim Gebhardt auf einer kleinen Mauer in der Sonne. Schüler der 12. Klasse, Kind von Auswanderern, in Kapstadt geboren. Tim ist begeisterter Wassersportler und Mitglied im Schul-Verein Kids.

„Also wir sind eine Gruppe von ungefähr 30 Leuten, die hier auch zur Schule gehen und wir helfen Straßenkindern, um sich selber zu helfen. Das sind Kinder, die in Heime gesteckt wurden und wir haben die Heime praktisch adoptiert und machen dann halt immer was mit denen, dass die sich selber helfen können und von der Straße abbleiben sollen.“

Soziales Engagement, Sport und Musik werden an der Schule groß geschrieben, erzählt Tim. In diesem Jahr macht er sein Matrik, den südafrikanischen Schul-Abschluss. Was danach kommt, weiß er noch nicht genau – vielleicht eine Ausbildung als Pilot. „Mal sehen“ sagt er und geht zurück in den Unterricht.

Deutsch- und Geschichtslehrer Heiner Schultz-Gutschke ist auf dem Weg vom oberen Teil der Schule nach unten. Vorbei am Werkraum, Computerraum, Musiksaal. „Anstrengend ist es“, schnauft er, „aber Treppensteigen hält fit“.

„Jetzt sind wir im Zwischengeschoss mit der Bibliothek. Das ist eine Referenzbibliothek, aber auch Unterhaltungsliteratur, dass Kinder sich deutschsprachige und englischsprachige, afrikaanssprachige Bücher ausleihen können, da arbeiten Schülerinnen und Schüler auch in den Freistunden. Hier auch Computerarbeitsplätze für die Schüler. Jedenfalls, die Schüler haben auch die Möglichkeit, selbst zu arbeiten und dafür auch Platz. "

Hier gibt es Einiges, von dem Schulen in Deutschland nur träumen können. Die Ausstattung der deutschen Privatschule am Kap ist gut – dank der Zuschüsse der Bundesrepublik, der Spenden und des Schulgeldes.

„Die deutsche Schule ist unter den vergleichbaren Privatschulen, relativ billig, mit 12- 13.000 Rand im Jahr, während vergleichbare Privatschulen deutlich über 20.000 Rand liegen. Der Unterschied kommt eben durch die Zuwendungen der Bundesrepublik für den laufenden Schulbetrieb und eben auch für die Gehälter für die aus Deutschland vermittelten Lehrkräfte.

Ich bekomme keinen Pfennig von Südafrika, aber ich gebe mein Geld hier aus. Das ist nicht das schlechteste, aber wir sind eben auch von allen Wechselkursveränderungen abhängig und wenn der Rand vor zweieinhalb Jahren bei 10 Rand pro Euro stand und jetzt bei 7,50, dann merkt man schon. Aber kein Auslandslehrer ist bisher verhungert. "

Das Lächeln kann sich der Lehrer nicht verkneifen. Sein grauer Schnäuzer zuckt. Natürlich fühlt er sich hier wohl – seit drei Jahren betreut er die Oberstufe, gerade hat er die Verlängerung beantragt. Die Probleme der Heimat sind weit weg – das Niveau ist hoch, die Klassenziele werden erreicht, die Pisa-Studie fürchtet hier keiner. Die Lehrpläne orientieren sich an denen Baden-Württembergs und der südafrikanischen Provinz Western Cape.

Alle Schüler machen nach der 12. Klasse das Matrik, eine Art Fachhochschulreife, nach der 13. können sie das Abitur ablegen. Geprüft wird nach der Vorgabe der Kultusministerkonferenz. Deutsch, Englisch, Mathe und Geschichte sind Pflicht. Ein Abi mit Sport und Religion als Leistungsfächer unmöglich.

Schulz-Gutschke öffnet die Tür zum Sekretariat, grüßt die Sekretärin und verschwindet ins Lehrerzimmer. Gegenüber steht die Tür zum Büro des Schulleiters offen. Christian Wendt sitzt an seinem Schreibtisch. Die Mutter eines Schülers ist gerade gegangen. Der 63-jährige schaut zufrieden aus dem Fenster. „Eltern und Lehrer arbeiten hier eng zusammen“, so Wendt. „Gelebtes Ehrenamt“, nach dem sich viele Kollegen in Deutschland sehnen.

Eltern sind Deutsche, die nach Südafrika ausgewandert sind oder eine Weile in Kapstadt arbeiten. Andere Südafrikaner mit deutschen Vorfahren. Seit 2004 kann die Deutsche Schule in Kapstadt außerdem 12 Austauschschüler aufnehmen. Auf Anfragen musste Christian Wendt nicht lange warten.

„Die Schülerinnen und Schüler können sich direkt an die Schule wenden und für ein halbes Jahr oder ein Jahr hier bei uns bleiben, im Internat wohnen, mit einer englischsprachigen Internats-Leiterin, am Schulalltag, am Unterricht ganz regulär teilnehmen, ab Klasse 10 ist bei uns der Fachunterricht in englischer Sprache und darüber hinaus können sie an einem herausragenden Standort, nämlich in Kapstadt, Südafrika erleben und auch wirklich kennen und schätzen lernen. "

Christian Wendt steht auf, geht ans Fenster. Stolz blickt er auf seine Schule, die in Deutschland ihresgleichen sucht.