Kanzel statt Kino
Wer auf der Kanzel predigt, der ist meist nicht nur Pfarrer, sondern zwangsweise auch Entertainer für die Gemeinde. Da die schauspielerischen Qualitäten der Theologen aber meist zu wünschen übrig lassen, nehmen einige der Kirchenmänner und -frauen nun Schauspielunterricht.
"Schöner ist, wenn Sie erst nach vorne gehen. Besser, als wenn Sie sagen: So, wir treffen uns gleich, kommen Sie schon mal nach vorne."
Thomas Kabel ist in seinem Element. Der Schauspieler und Regisseur übt mit Pfarrerinnen und Pfarrern die liturgische Präsens ein. Diesmal geht es um den Traugottesdienst. Das Brautpaar, gespielt von einer Pastorin und einem Pastor, wird nach vorne gebeten, in den Altarraum. Thomas Kabel weist die Seminarteilnehmer auf ihre Aufgabe als Zeremonienmeister hin: Der Gang in den Altarraum sei für die meisten Menschen wie das Überschreiten einer besonderen Schwelle, in eine andere Welt.
"Es gibt nicht so viele Momente, wo Menschen in diesem Raum sind, oder? Das ist jetzt das Feng Shui der Liturgie, es muss in der Mitte sein."
Der Hamburger Dramaturg arbeitet geradezu detailversessen. Bei so einem besonderen Moment wie einer Trauung dürfe nichts dem Zufall überlassen bleiben: auch die Stühle nicht - die müssten genau in der Mitte und ganz gerade stehen.
"Oma Titje kriegt die Krise und denkt die ganze Zeit: 'Das hätten sie doch wirklich machen können für den Sohnemann, hat er doch verdient, ist doch eine Kleinigkeit.' Herr Pfarrer war nicht in der Mitte, war nicht in der Mitte."
Die Seminare von Thomas Kabel und anderen Dramaturgen sind zurzeit in den evangelischen Kirchen en vogue. Der Schauspieler und Dramaturg bietet seine Seminare zum Thema "Liturgische Präsens" nicht nur für junge Vikare an, sondern auch für altgediente Pfarrerinnen und Pfarrer:
"Ich habe mit meiner Arbeit eine Botschaft: Sei wesentlich. Das ist das, was ich möchte, weil mich das interessiert. Das ist schwer genug, wesentlich zu sein. Das heißt, es ist relativ anstrengend und relativ aufwändig, heilige Momente zu erschaffen, und die zu bekommen. Ich habe sie im Theater gehabt, weil Schauspieler sich so reingegeben haben in eine Rolle, dass mich das so berührt hat: Das hat mein Leben verändert. Und ich stelle fest, dass ich manchmal heilige Momente an heiligen Orten habe, wenn Leute einen Text sprechen, der wirklich eine Tiefe zeigt, die mich tief berührt."
Heilige Momente im Gottesdienst zu erreichen - das ist für den 49-Jährigen das zentrale Anliegen seiner Kurse:
"Viele glauben nicht mehr an die heiligen Momente und sind dann überrascht, dass so ein Regisseur manchmal mit ihnen auch diese heiligen Momente erschafft. Um da kein Missverständnis zu haben: Heilige Momente kann man nicht erschaffen, sondern das sind Geschenke, die sich aus der Arbeit ergeben, indem man sich drum kümmert, kann das passieren, dass man einen heiligen Moment erschafft und denkt: Das war stimmig."
Auch Matthias Schlicht hat schon mit dem Schauspieler Thomas Kabel zusammengearbeitet. Matthias Schlicht war bis vor kurzem Ausbildungsleiter für den theologischen Nachwuchs der hannoverschen Landeskirche; er ist selbst Pfarrer - und Kabarettist. Kirchenleute sind oft nur von ihresgleichen zu verstehen, kritisiert Matthias Schlicht. Das gelte für den Oberkirchenrat, aber auch oft genug für den Gemeindepfarrer:
"In der Tat gibt es ein klerikales Gehabe, das sich unbedingt einer Reflexion unterziehen muss. Tradition hat immer zwei Möglichkeiten: Tradition kann kalte Asche sein, mit der haben sie keine Chance, noch einen Funken zu entzünden, Tradition kann aber auch eine Flamme sein. Das heißt, nicht alles, was man früher so gemacht hat, ist per se, weil man es früher so gemacht hat, schlecht, es geht nur um eine Reflexion dessen, was ich tue."
Und bei dieser Reflexion könne ein pastoraler Kabarettist durchaus hilfreich sei.
"Ein christlicher Till Eulenspiegel hat der Kirche noch nie geschadet. Es gibt so viel Menschliches, allzu Menschliches bei Gottes Bodenpersonal und bei kirchlichen Verwaltungsvorgängen, da ist es manchmal ein Befreiungsschlag, dass ich mich auch als Kirchenkabarettist auf die Bühne wage, aber mein erster Beruf ist der des Pastors, den habe ich gelernt. Der Kabarettist nimmt so ein bisschen charmant Dinge auf, die man auch mit spöttischem Blick begleiten kann. Das ist der Nebenberuf."
"Mein Name ist Wolf Fröhling, ich bin 38 Jahre alt, Pfarrer in Neustadt an der Dosse und seit über zehn Jahren bin ich auch kabarettistisch tätig und seitdem trage ich in der Öffentlichkeit auch den Namen Wolf Amadeus Fröhling. Mein erstes Programm hieß 'Die Kreislerianer des Wolf Amadeus Fröhling', von Georg Kreisler: mein erstes Programm. Seitdem habe ich immer Kreisler gespielt und seit 1997 trete ich richtig in der Öffentlichkeit auf und habe schon 200 Lieder drauf, rauf und runter, sofern ich dazu komme.
Ich bin durch und durch Künstler, und das kommt in dem Pfarrerberuf auch zum Ausdruck, aber Pfarrer zu sein ist einfach meine Berufung. Das weiß ich seit Anfang 1989. Ich wollte erst Dolmetscher werden und habe dann gedacht, das ist was völlig Artfremdes, bis mir Leute gesagt haben: 'Das, was du jetzt machst, hat ja auch was mit Übersetzung zu tun.' So eine olle Schwarte, eine 2000 Jahre alte Bibel zu übersetzen, den Menschen zu vermitteln, dass das sinnvoll ist, an Gott zu glauben, das hat auch damit zu tun mit Dolmetschertum. Für den Gottesdienst kommt mir das auf jeden Fall zupass, denn als Kabarettist bin ich gewohnt, immer auf das Publikum einzugehen und vor allen Dingen, das Publikum nie für bekloppter zu halten, als man selber ist. Wenn ich dann also Kollegen erlebe, die die Predigt vom letzten Sonntag in der nächsten Gemeinde halten und sagen: 'Das merkt doch sowieso keiner’, dann denke ich: 'Die halten ihr Publikum für bekloppter als sie selber sind’, und das ist ein Grundsatz, der im Kabarett tödlich ist, und ich glaube, in der Kirche auf lange Sicht auch.
Wenn dann immer die Frage ertönt: 'Nein, Sie sind ja nun Pfarrer und so’, dann habe ich gesagt: 'Wer in der Kirche arbeitet, hat sehr viel Verständnis für schwarzen Humor’."
Pfarrer und Kabarettist - zwei Seiten, die sich gegenseitig befruchten. Denn - so Matthias Schlicht - eigentlich sollte jeder Pfarrer auch ein Entertainer sein:
"Nichts ist schlimmer als ein Pastor oder eine Pastorin, die man nicht verstehen kann. Unsere Botschaft wird verbal weitergegeben in der Predigt. Und wenn dann einer nuschelt oder sonst nicht zu verstehen ist oder mit Phrasen oder theologischen Floskeln von vor 50 Jahren arbeitet, kommt er bei den Leuten nicht an. Und wenn man einen Menschen nicht berühren kann, emotional oder rational, ist man ein schlechter klerikaler Entertainer."
"Der Pfarrer ist auch ein Entertainer, immer, es geht ja in unserem Beruf ständig darum, Leute zu begeistern für eine Sache, für Jesus Christus zu begeistern, und auch sie zu begeistern, sich in der Gemeinde zu engagieren."
"Wir sind keine Schauspieler, wir sind Verkünder. Wir verkünden das Evangelium der Menschenfreundlichkeit Gottes durch unser Wort, das wir aussprechen, das wir mimisch, gestisch und mit dem Körper unterstützen. Stellen Sie sich vor, der schöne Satz, der in der Bibel steht: 'Freuet euch, und abermals sage ich: Freuet euch’ wird ausgesprochen mit diesem Tonfall: 'Freuet euch, und abermals sage ich: Freuet euch’. Na, das ist eine tolle Freude."
"Es gibt das elfte Gebot und das heißt: Du sollst nicht langweilen, und das ist ein Motto für mich."
"Das Rollenbild des Pastors ist für manche so gefasst, dass es für sie kaum möglich ist, dass jemand, der Pastor ist, ohne Talar auf der Bühne steht, und dann dort ein Programm macht. Dem versuche ich aber vorzubeugen. Glaubensthemen, Bibeltexte und Gesangbuchlieder kommen bei mir nicht vor. Ich denke dann an einen Spruch, den Paulus geschrieben hat: Man soll mit den Traurigen weinen und mit den Fröhlichen lachen. Aber ich frage Sie: Warum lachen wir nicht öfter über das Fröhliche, was in der Kirche passiert."
"Ich habe es schon erlebt, bei einem Agenten, der mich in eine Kirche vermitteln wollte, wo sehr viel Kultur ist, aber wo der Gemeindekirchenrat gesagt hat: Tauben werden bei uns nicht vergiftet. Da hat man die feinsinnige Ironie schon mal nicht beachtet."
Wolf Amadeus Fröhling weiß, dass er mit Georg Kreisler einen Künstler interpretiert, der nicht kirchenkompatibel zu sein scheint:
"Man muss schon sagen: Es ist nichts Christliches. Georg Kreisler sieht sich ja auch als überzeugten Atheisten, aber es ist ja nichts Wider-Christliches, und da muss man doch schon einen Unterschied machen."
Der kabarettistische Gemeindepfarrer verweist auf eine Handreichung seiner Berlin-Brandenburgischen Landeskirche zum Thema "Kultur in der Kirche":
"Man kann diese Handreichung mit einem Satz zusammenfassen: Alles, was nicht der Botschaft des Evangeliums widerspricht, ist möglich in der Kirche."
Manchmal spielt Fröhling Kreisler-Lieder auch in der Gemeinde - zum Beispiel beim Konfirmandenunterricht:
"Ich habe auch ein schönes Lied: Der Mensch muss weg, heißt das. Als wir die Schöpfungsgeschichte behandelt haben, habe ich das auch im Konfirmandenunterricht untergebracht, wo also jetzt die ganzen Tiere gelobt werden und dann gesagt wird: Nur der Mensch, der stört, der Mensch muss weg. Fanden auch alle ziemlich lustig."
Nicht nur die Konfis begrüßen es, wenn Pfarrer wie Wolf Fröhling frischen Wind in die Kirche bringen:
"Es ist zumindest so, dass viele Leute ein anderes Image vermittelt bekommen von Kirche und vom Pfarrer. Es ist schon so, dass ich reihenweise sehen kann, dass Klischees zusammenbrechen, dass, wenn Leute sagen, ach nein, Kirche ist immer langweilig, verstaubt und unmodern, humorlos vielleicht auch, und dann trete ich nun in Erscheinung: Dann sieht man doch, wie diese Vorurteile zusammenbrechen."
Thomas Kabel ist in seinem Element. Der Schauspieler und Regisseur übt mit Pfarrerinnen und Pfarrern die liturgische Präsens ein. Diesmal geht es um den Traugottesdienst. Das Brautpaar, gespielt von einer Pastorin und einem Pastor, wird nach vorne gebeten, in den Altarraum. Thomas Kabel weist die Seminarteilnehmer auf ihre Aufgabe als Zeremonienmeister hin: Der Gang in den Altarraum sei für die meisten Menschen wie das Überschreiten einer besonderen Schwelle, in eine andere Welt.
"Es gibt nicht so viele Momente, wo Menschen in diesem Raum sind, oder? Das ist jetzt das Feng Shui der Liturgie, es muss in der Mitte sein."
Der Hamburger Dramaturg arbeitet geradezu detailversessen. Bei so einem besonderen Moment wie einer Trauung dürfe nichts dem Zufall überlassen bleiben: auch die Stühle nicht - die müssten genau in der Mitte und ganz gerade stehen.
"Oma Titje kriegt die Krise und denkt die ganze Zeit: 'Das hätten sie doch wirklich machen können für den Sohnemann, hat er doch verdient, ist doch eine Kleinigkeit.' Herr Pfarrer war nicht in der Mitte, war nicht in der Mitte."
Die Seminare von Thomas Kabel und anderen Dramaturgen sind zurzeit in den evangelischen Kirchen en vogue. Der Schauspieler und Dramaturg bietet seine Seminare zum Thema "Liturgische Präsens" nicht nur für junge Vikare an, sondern auch für altgediente Pfarrerinnen und Pfarrer:
"Ich habe mit meiner Arbeit eine Botschaft: Sei wesentlich. Das ist das, was ich möchte, weil mich das interessiert. Das ist schwer genug, wesentlich zu sein. Das heißt, es ist relativ anstrengend und relativ aufwändig, heilige Momente zu erschaffen, und die zu bekommen. Ich habe sie im Theater gehabt, weil Schauspieler sich so reingegeben haben in eine Rolle, dass mich das so berührt hat: Das hat mein Leben verändert. Und ich stelle fest, dass ich manchmal heilige Momente an heiligen Orten habe, wenn Leute einen Text sprechen, der wirklich eine Tiefe zeigt, die mich tief berührt."
Heilige Momente im Gottesdienst zu erreichen - das ist für den 49-Jährigen das zentrale Anliegen seiner Kurse:
"Viele glauben nicht mehr an die heiligen Momente und sind dann überrascht, dass so ein Regisseur manchmal mit ihnen auch diese heiligen Momente erschafft. Um da kein Missverständnis zu haben: Heilige Momente kann man nicht erschaffen, sondern das sind Geschenke, die sich aus der Arbeit ergeben, indem man sich drum kümmert, kann das passieren, dass man einen heiligen Moment erschafft und denkt: Das war stimmig."
Auch Matthias Schlicht hat schon mit dem Schauspieler Thomas Kabel zusammengearbeitet. Matthias Schlicht war bis vor kurzem Ausbildungsleiter für den theologischen Nachwuchs der hannoverschen Landeskirche; er ist selbst Pfarrer - und Kabarettist. Kirchenleute sind oft nur von ihresgleichen zu verstehen, kritisiert Matthias Schlicht. Das gelte für den Oberkirchenrat, aber auch oft genug für den Gemeindepfarrer:
"In der Tat gibt es ein klerikales Gehabe, das sich unbedingt einer Reflexion unterziehen muss. Tradition hat immer zwei Möglichkeiten: Tradition kann kalte Asche sein, mit der haben sie keine Chance, noch einen Funken zu entzünden, Tradition kann aber auch eine Flamme sein. Das heißt, nicht alles, was man früher so gemacht hat, ist per se, weil man es früher so gemacht hat, schlecht, es geht nur um eine Reflexion dessen, was ich tue."
Und bei dieser Reflexion könne ein pastoraler Kabarettist durchaus hilfreich sei.
"Ein christlicher Till Eulenspiegel hat der Kirche noch nie geschadet. Es gibt so viel Menschliches, allzu Menschliches bei Gottes Bodenpersonal und bei kirchlichen Verwaltungsvorgängen, da ist es manchmal ein Befreiungsschlag, dass ich mich auch als Kirchenkabarettist auf die Bühne wage, aber mein erster Beruf ist der des Pastors, den habe ich gelernt. Der Kabarettist nimmt so ein bisschen charmant Dinge auf, die man auch mit spöttischem Blick begleiten kann. Das ist der Nebenberuf."
"Mein Name ist Wolf Fröhling, ich bin 38 Jahre alt, Pfarrer in Neustadt an der Dosse und seit über zehn Jahren bin ich auch kabarettistisch tätig und seitdem trage ich in der Öffentlichkeit auch den Namen Wolf Amadeus Fröhling. Mein erstes Programm hieß 'Die Kreislerianer des Wolf Amadeus Fröhling', von Georg Kreisler: mein erstes Programm. Seitdem habe ich immer Kreisler gespielt und seit 1997 trete ich richtig in der Öffentlichkeit auf und habe schon 200 Lieder drauf, rauf und runter, sofern ich dazu komme.
Ich bin durch und durch Künstler, und das kommt in dem Pfarrerberuf auch zum Ausdruck, aber Pfarrer zu sein ist einfach meine Berufung. Das weiß ich seit Anfang 1989. Ich wollte erst Dolmetscher werden und habe dann gedacht, das ist was völlig Artfremdes, bis mir Leute gesagt haben: 'Das, was du jetzt machst, hat ja auch was mit Übersetzung zu tun.' So eine olle Schwarte, eine 2000 Jahre alte Bibel zu übersetzen, den Menschen zu vermitteln, dass das sinnvoll ist, an Gott zu glauben, das hat auch damit zu tun mit Dolmetschertum. Für den Gottesdienst kommt mir das auf jeden Fall zupass, denn als Kabarettist bin ich gewohnt, immer auf das Publikum einzugehen und vor allen Dingen, das Publikum nie für bekloppter zu halten, als man selber ist. Wenn ich dann also Kollegen erlebe, die die Predigt vom letzten Sonntag in der nächsten Gemeinde halten und sagen: 'Das merkt doch sowieso keiner’, dann denke ich: 'Die halten ihr Publikum für bekloppter als sie selber sind’, und das ist ein Grundsatz, der im Kabarett tödlich ist, und ich glaube, in der Kirche auf lange Sicht auch.
Wenn dann immer die Frage ertönt: 'Nein, Sie sind ja nun Pfarrer und so’, dann habe ich gesagt: 'Wer in der Kirche arbeitet, hat sehr viel Verständnis für schwarzen Humor’."
Pfarrer und Kabarettist - zwei Seiten, die sich gegenseitig befruchten. Denn - so Matthias Schlicht - eigentlich sollte jeder Pfarrer auch ein Entertainer sein:
"Nichts ist schlimmer als ein Pastor oder eine Pastorin, die man nicht verstehen kann. Unsere Botschaft wird verbal weitergegeben in der Predigt. Und wenn dann einer nuschelt oder sonst nicht zu verstehen ist oder mit Phrasen oder theologischen Floskeln von vor 50 Jahren arbeitet, kommt er bei den Leuten nicht an. Und wenn man einen Menschen nicht berühren kann, emotional oder rational, ist man ein schlechter klerikaler Entertainer."
"Der Pfarrer ist auch ein Entertainer, immer, es geht ja in unserem Beruf ständig darum, Leute zu begeistern für eine Sache, für Jesus Christus zu begeistern, und auch sie zu begeistern, sich in der Gemeinde zu engagieren."
"Wir sind keine Schauspieler, wir sind Verkünder. Wir verkünden das Evangelium der Menschenfreundlichkeit Gottes durch unser Wort, das wir aussprechen, das wir mimisch, gestisch und mit dem Körper unterstützen. Stellen Sie sich vor, der schöne Satz, der in der Bibel steht: 'Freuet euch, und abermals sage ich: Freuet euch’ wird ausgesprochen mit diesem Tonfall: 'Freuet euch, und abermals sage ich: Freuet euch’. Na, das ist eine tolle Freude."
"Es gibt das elfte Gebot und das heißt: Du sollst nicht langweilen, und das ist ein Motto für mich."
"Das Rollenbild des Pastors ist für manche so gefasst, dass es für sie kaum möglich ist, dass jemand, der Pastor ist, ohne Talar auf der Bühne steht, und dann dort ein Programm macht. Dem versuche ich aber vorzubeugen. Glaubensthemen, Bibeltexte und Gesangbuchlieder kommen bei mir nicht vor. Ich denke dann an einen Spruch, den Paulus geschrieben hat: Man soll mit den Traurigen weinen und mit den Fröhlichen lachen. Aber ich frage Sie: Warum lachen wir nicht öfter über das Fröhliche, was in der Kirche passiert."
"Ich habe es schon erlebt, bei einem Agenten, der mich in eine Kirche vermitteln wollte, wo sehr viel Kultur ist, aber wo der Gemeindekirchenrat gesagt hat: Tauben werden bei uns nicht vergiftet. Da hat man die feinsinnige Ironie schon mal nicht beachtet."
Wolf Amadeus Fröhling weiß, dass er mit Georg Kreisler einen Künstler interpretiert, der nicht kirchenkompatibel zu sein scheint:
"Man muss schon sagen: Es ist nichts Christliches. Georg Kreisler sieht sich ja auch als überzeugten Atheisten, aber es ist ja nichts Wider-Christliches, und da muss man doch schon einen Unterschied machen."
Der kabarettistische Gemeindepfarrer verweist auf eine Handreichung seiner Berlin-Brandenburgischen Landeskirche zum Thema "Kultur in der Kirche":
"Man kann diese Handreichung mit einem Satz zusammenfassen: Alles, was nicht der Botschaft des Evangeliums widerspricht, ist möglich in der Kirche."
Manchmal spielt Fröhling Kreisler-Lieder auch in der Gemeinde - zum Beispiel beim Konfirmandenunterricht:
"Ich habe auch ein schönes Lied: Der Mensch muss weg, heißt das. Als wir die Schöpfungsgeschichte behandelt haben, habe ich das auch im Konfirmandenunterricht untergebracht, wo also jetzt die ganzen Tiere gelobt werden und dann gesagt wird: Nur der Mensch, der stört, der Mensch muss weg. Fanden auch alle ziemlich lustig."
Nicht nur die Konfis begrüßen es, wenn Pfarrer wie Wolf Fröhling frischen Wind in die Kirche bringen:
"Es ist zumindest so, dass viele Leute ein anderes Image vermittelt bekommen von Kirche und vom Pfarrer. Es ist schon so, dass ich reihenweise sehen kann, dass Klischees zusammenbrechen, dass, wenn Leute sagen, ach nein, Kirche ist immer langweilig, verstaubt und unmodern, humorlos vielleicht auch, und dann trete ich nun in Erscheinung: Dann sieht man doch, wie diese Vorurteile zusammenbrechen."