Historie der deutschen Science-Fiction

Mehr als Metropolis und Emmerich

08:28 Minuten
Eine Person verliert Glühbirnen in einem Feld, während sie auf eine große Hand zugeht.
Wie sieht Science-Fiction aus Deutschland aus? © imago / Panthermedia / Rolff Images
Lars Schmeink im Gespräch mit Massimo Maio · 10.05.2022
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"Schwäbischer Spielberg" wird Roland Emmerich genannt. Dennoch sieht Lars Schmeink den Regisseur nicht als Vertreter einer deutschen Science-Fiction. Das Genre habe es nicht leicht gehabt, sich hierzulande zu entwickeln, so der Medienwissenschaftler.
Science-Fiction made in Germany: Dafür standen einst die großen UFA-Produktionen "Metropolis" (1927) und "Die Frau im Mond" (1929) von Fritz Lang. Beide prägten das Genre nachhaltig - aber vor allem dessen US-amerikanische Variante. Eine Tradition deutscher Science-Fiction hat sich hingegen nicht verstetigt. Woran das liegt, hat der Medienwissenschaftler Lars Schmeink untersucht.
Ironie der Geschichte: Mit Roland Emmerich war es ein Deutscher, der im US-amerikanischen Science-Fiction-Kino der letzten Jahrzehnte für Furore und jede Menge Rabatz sorgte. „Independence Day“ und „Stargate“ gehören zu den erfolgreichsten Science-Fiction-Filmen. Dennoch sehe er den Regisseur Roland Emmerich nicht wirklich als Vertreter einer deutschen Science-Fiction, urteilt Schmeink.
„Emmerich ist ein schönes Beispiel dafür, wenn es darum geht, zu sagen, wie schwer es ist, Science-Fiction in Deutschland zu machen.“ Gerade, wenn es um Filme dieses Genres gehe, erklärt der Science-Fiction-Experte. Der Regisseur habe in den 80er-Jahren versucht, auf Deutsch zu drehen, doch um Erfolg zu haben, sei er dann in die USA gegangen.

Überholte Teilung in „ernsthafte“ und „unterhaltende“ Literatur

Science-Fiction habe es vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg schwer gehabt, weil es in Deutschland die sehr überholte Unterscheidung zwischen der „ernsthaften Literatur“ und der „Unterhaltungsliteratur“ gebe – bis heute, erklärt Lars Schmeink. Diese Trennung mache man in der angloamerikanischen Kultur und Literatur nicht.
Dort sei anders als in Deutschland anerkannt, dass Science-Fiction etwas leisten könne, was realistische Literatur eben nicht liefere. Noch immer dominiere in Deutschland die Idee, Science-Fiction sei etwas für Kinder oder Jugendliche, die in andere Welten flüchten wollten, so der Medienwissenschaftler.

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Zuvor allerdings, wenn man etwa Fritz Langs „Metropolis“ betrachte, habe es Experimentierphasen gegeben, die auch international wahrgenommen und anerkannt worden seien, erklärt Schmeink.
Dann habe es einen Bruch gegeben. Der Einfluss deutscher Philosophen auf die Science-Fiction sei allerdings groß, sagt Lars Schmeink – auch in den USA.

Marx' Theorien etwa gelten in der Utopieforschung als ein zentraler Einflussbereich für utopisches Denken, also für die Ideen, wie eine Gesellschaft in Zukunft besser oder anders aussehen könnte.

Lars Schmeink

Wenn man diese Theorien in Literatur und Film weiterspinne, sei man eben bei der Science-Fiction, so der Medienwissenschaftler.

Deutsche Science-Fiction im Aufschwung

Seit Mitte der 90er-Jahre gebe es in Deutschland eine Renaissance der Science-Fiction. Andreas Eschbachs Roman „Das Jesus-Video“ oder Frank Schätzings Bestseller „Der Schwarm“ nennt Lars Schmeink als Beispiele dieser Entwicklung. Mit dem Überspringen von Science-Fiction in andere Genres der Literatur werde sie nun auch hierzulande stärker wahrgenommen.
Zwar gebe es eine Dominanz des angloamerikanisches Marktes. „Die deutsche Science-Fiction-Literatur ist aber nicht nur ein reines Kopieren“, betont Lars Schmeink. Klimawandel und Migration seien Themen, die nun von Autoren des Genres hierzulande sehr stark behandelt und verhandelt würden.
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