Kanada bekräftigt Abzugstermin für Afghanistantruppen
Der kanadische Botschafter in Deutschland, Peter Michael Boehm, hat den Beschluss seines Landes verteidigt, 2011 die kanadischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen. 2011 sei Kanada bereits zehn Jahre in Afghanistan präsent und habe bereits jetzt 120 Opfer zu beklagen, betonte der Botschafter. Wie der Abzug erfolge und wo die kanadischen Truppen anschließend stationiert würden, werde mit den Verbündeten aber abgesprochen.
Marcus Pindur: In Afghanistan liefern sich die ISAF-Truppen ständig Gefechte mit der Guerillas, besonders in der afghanischen Provinz Kandahar ist es unsicher. Dort stehen unter anderem kanadische Truppen. Ich habe vor der Sendung mit dem kanadischen Botschafter in Deutschland gesprochen, mit Peter Michael Boehm, und ihn zunächst gefragt, der kanadische Premier hat gesagt: Dieser Krieg sei nicht zu gewinnen. Können wir uns aber leisten, ihn zu verlieren?
Peter Michael Boehm: Ich denke, der Krieg sei nicht zu gewinnen, sagte unser Premierminister über die jetzigen Verhältnisse. Und wir wissen also, die Alliierten und die Länder, die in dem ISAF teilnehmen, die besprechen gerade, und natürlich die neue amerikanische Administration, wie es weitergehen soll. Also für uns zum Beispiel hat Afghanistan eine sehr hohe Priorität in unserer Außen- und Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Und die Idee ist, dass das langfristige Ziel ist, das Leben der Menschen dort zu verbessern und dann endgültig dem afghanischen Volk zu überlassen in einem besser regierten, friedlicheren und sicheren Land zu leben.
Pindur: Das hoffen wir alle. Kurzfristig wird das nicht zu erreichen sein, aber die kanadische Regierung will relativ kurzfristig, nämlich 2011 schon, die Truppen aus Afghanistan abziehen. Ist das verantwortungsbewusst?
Boehm: Ich denke schon. Also das ist der Beschluss unseres Parlaments, bis 2011 werden wir schon zehn Jahre in Afghanistan sein. Im Moment sind ungefähr fast 3000 Soldaten und 100 Zivilisten im Einsatz in Afghanistan. Wir haben schon 120 Truppen verloren, einen Diplomaten und zwei Entwicklungsarbeiter. So dieser Einsatz war groß, wenn man rechnet, dass wir ein Heer von nur 60.000 Soldaten haben. Wie wir abziehen und wo wir dann hingehen, das wird natürlich zur Besprechung kommen, auch mit unseren Alliierten wie Deutschland zum Beispiel.
Pindur: Man hat den Eindruck, Deutschland und Kanada stehen in Afghanistan im gleichen Krieg, aber sie stehen nicht an derselben Front. Es hat viel böses Blut in Kanada gegeben, weil in Kandahar, dort in dieser Provinz in Afghanistan, sehr viel mehr gefallene NATO-Soldaten und eben auch kanadische Soldaten zu beklagen sind als oben im Norden und weil die Deutschen sich beharrlich geweigert haben, in den Süden auch zu gehen des Landes. Wie bewerten Sie das? Hat das dazu beigetragen, dass Kanada jetzt auch relativ schnell abziehen will?
Boehm: Ich denke nicht. Ich glaube also, am Anfang, da musste ein jeder sich ziemlich finden. Afghanistan ist ein kompliziertes Land, und der Einsatz für Deutschland sowie für mein Land war nicht einfach. Und ich würde sagen, dass wir sogar die Unterstützung Deutschlands beim Einsatz zusätzlicher operativer Fähigkeiten sehr schätzen. Wir haben von Deutschland die Bereitstellung von 20 Panzern vom Typ Leopard 2 und zwei Bergpanzern auch, und wir arbeiten sehr eng mit Deutschland zusammen bei der Errichtung eines Stabs und Sprachausbildungszentrums in Kabul für die afghanische Nationalarmee. So haben wir viele Punkte, wo wir eng zusammenarbeiten. Ich glaube, am Anfang war es für beide Länder ein wenig schwierig. Es war für uns neu, für Deutschland auch neu, und wir arbeiten eigentlich sehr gut zusammen.
Pindur: Noch mal zurück zu der Ausgangsfrage, aber dann, die kanadischen Truppen haben jetzt ein Datum, zu dem sie abziehen. Ist das nicht förmlich eine Einladung an die Taliban, sich zu gruppieren und andere Truppensteller auch unter Druck zu setzen?
Boehm: Ich sehe es nicht so. Also da sind 50 Länder in Afghanistan beteiligt. Wir geben innerhalb zehn Jahren fast zwei Milliarden Dollar Entwicklungsgelder an dieses Land in verschiedene Projekte, wo wir sehr aktiv sind. Die Zusammenarbeit geht weiter. Wir bauen eine neue Botschaft in Kabul. Also langfristig werden wir dort sein. Wie wir militärisch dort sein werden, das ist noch zu beurteilen. Und ich denke auch, dass es wichtig ist, dass man auch Sonderbeauftragte hat wie zum Beispiel Botschafter Holbrooke von der amerikanischen Regierung, Botschafter Mützelburg von Deutschland, wir haben auch einen, und dass sie sich mal treffen, dass man eine bessere Koordinierung vom Einsatz hat, nicht nur auf dem militärischen Bezirk, aber auch, was Entwicklung und Entwicklungsgelder anbelangt.
Pindur: Wie beurteilen Sie die Politik der Obama-Administration jetzt? Sie will 37.000 amerikanische Soldaten zusätzlich nach Afghanistan schicken, 17.000 allein in diesem Jahr. Halten Sie das für erfolgversprechend?
Boehm: Ich denke schon. Es ist klar, dass die Situation dort auch kritisch geworden ist, besonders in den Grenzregionen. Und die Obama-Administration ist auch dabei, die ganze Politik ein wenig anzuschauen, wie sie das mit ihren Streitkräften machen, wie sie es mit Entwicklungsgeldern machen, wie sie selber besser mit den verschiedenen Agenturen, amerikanischen Agenturen besser koordinieren können und wie sie mit ihren Alliierten arbeiten können. Das zeigt schon, dass sie uns die Hand geben, dass sie mit uns enger arbeiten wollen, mit Kanada, mit Deutschland und den anderen Ländern, die dort teilnehmen.
Pindur: Herr Botschafter Boehm, recht herzlichen Dank für das Gespräch.
Boehm: Vielen Dank, ich danke Ihnen!
Peter Michael Boehm: Ich denke, der Krieg sei nicht zu gewinnen, sagte unser Premierminister über die jetzigen Verhältnisse. Und wir wissen also, die Alliierten und die Länder, die in dem ISAF teilnehmen, die besprechen gerade, und natürlich die neue amerikanische Administration, wie es weitergehen soll. Also für uns zum Beispiel hat Afghanistan eine sehr hohe Priorität in unserer Außen- und Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Und die Idee ist, dass das langfristige Ziel ist, das Leben der Menschen dort zu verbessern und dann endgültig dem afghanischen Volk zu überlassen in einem besser regierten, friedlicheren und sicheren Land zu leben.
Pindur: Das hoffen wir alle. Kurzfristig wird das nicht zu erreichen sein, aber die kanadische Regierung will relativ kurzfristig, nämlich 2011 schon, die Truppen aus Afghanistan abziehen. Ist das verantwortungsbewusst?
Boehm: Ich denke schon. Also das ist der Beschluss unseres Parlaments, bis 2011 werden wir schon zehn Jahre in Afghanistan sein. Im Moment sind ungefähr fast 3000 Soldaten und 100 Zivilisten im Einsatz in Afghanistan. Wir haben schon 120 Truppen verloren, einen Diplomaten und zwei Entwicklungsarbeiter. So dieser Einsatz war groß, wenn man rechnet, dass wir ein Heer von nur 60.000 Soldaten haben. Wie wir abziehen und wo wir dann hingehen, das wird natürlich zur Besprechung kommen, auch mit unseren Alliierten wie Deutschland zum Beispiel.
Pindur: Man hat den Eindruck, Deutschland und Kanada stehen in Afghanistan im gleichen Krieg, aber sie stehen nicht an derselben Front. Es hat viel böses Blut in Kanada gegeben, weil in Kandahar, dort in dieser Provinz in Afghanistan, sehr viel mehr gefallene NATO-Soldaten und eben auch kanadische Soldaten zu beklagen sind als oben im Norden und weil die Deutschen sich beharrlich geweigert haben, in den Süden auch zu gehen des Landes. Wie bewerten Sie das? Hat das dazu beigetragen, dass Kanada jetzt auch relativ schnell abziehen will?
Boehm: Ich denke nicht. Ich glaube also, am Anfang, da musste ein jeder sich ziemlich finden. Afghanistan ist ein kompliziertes Land, und der Einsatz für Deutschland sowie für mein Land war nicht einfach. Und ich würde sagen, dass wir sogar die Unterstützung Deutschlands beim Einsatz zusätzlicher operativer Fähigkeiten sehr schätzen. Wir haben von Deutschland die Bereitstellung von 20 Panzern vom Typ Leopard 2 und zwei Bergpanzern auch, und wir arbeiten sehr eng mit Deutschland zusammen bei der Errichtung eines Stabs und Sprachausbildungszentrums in Kabul für die afghanische Nationalarmee. So haben wir viele Punkte, wo wir eng zusammenarbeiten. Ich glaube, am Anfang war es für beide Länder ein wenig schwierig. Es war für uns neu, für Deutschland auch neu, und wir arbeiten eigentlich sehr gut zusammen.
Pindur: Noch mal zurück zu der Ausgangsfrage, aber dann, die kanadischen Truppen haben jetzt ein Datum, zu dem sie abziehen. Ist das nicht förmlich eine Einladung an die Taliban, sich zu gruppieren und andere Truppensteller auch unter Druck zu setzen?
Boehm: Ich sehe es nicht so. Also da sind 50 Länder in Afghanistan beteiligt. Wir geben innerhalb zehn Jahren fast zwei Milliarden Dollar Entwicklungsgelder an dieses Land in verschiedene Projekte, wo wir sehr aktiv sind. Die Zusammenarbeit geht weiter. Wir bauen eine neue Botschaft in Kabul. Also langfristig werden wir dort sein. Wie wir militärisch dort sein werden, das ist noch zu beurteilen. Und ich denke auch, dass es wichtig ist, dass man auch Sonderbeauftragte hat wie zum Beispiel Botschafter Holbrooke von der amerikanischen Regierung, Botschafter Mützelburg von Deutschland, wir haben auch einen, und dass sie sich mal treffen, dass man eine bessere Koordinierung vom Einsatz hat, nicht nur auf dem militärischen Bezirk, aber auch, was Entwicklung und Entwicklungsgelder anbelangt.
Pindur: Wie beurteilen Sie die Politik der Obama-Administration jetzt? Sie will 37.000 amerikanische Soldaten zusätzlich nach Afghanistan schicken, 17.000 allein in diesem Jahr. Halten Sie das für erfolgversprechend?
Boehm: Ich denke schon. Es ist klar, dass die Situation dort auch kritisch geworden ist, besonders in den Grenzregionen. Und die Obama-Administration ist auch dabei, die ganze Politik ein wenig anzuschauen, wie sie das mit ihren Streitkräften machen, wie sie es mit Entwicklungsgeldern machen, wie sie selber besser mit den verschiedenen Agenturen, amerikanischen Agenturen besser koordinieren können und wie sie mit ihren Alliierten arbeiten können. Das zeigt schon, dass sie uns die Hand geben, dass sie mit uns enger arbeiten wollen, mit Kanada, mit Deutschland und den anderen Ländern, die dort teilnehmen.
Pindur: Herr Botschafter Boehm, recht herzlichen Dank für das Gespräch.
Boehm: Vielen Dank, ich danke Ihnen!