Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard

Heilen, revitalisieren, wieder in Kontakt treten

05:28 Minuten
Porträt von Amelie Deuflhard, Intendantin der Kulturfabrik Kampnagel.
"Corona hat vielen Menschen deutlich gezeigt, dass es eine andere Art von Solidarität braucht": Amelie Deuflhard. © picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt
Amelie Deuflhard im Gespräch mit Anke Schaefer · 21.05.2021
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Über die Lehren aus der Pandemie wird auch im Theaterbetrieb nachgedacht, sagt Amelie Deuflhard, die Intendantin der Hamburger Kampnagel-Fabrik. Das Festival "Claiming Common Spaces" im Juni soll darauf Antworten geben.
Die Welt besser gegen künftige Pandemien zu rüsten, das versucht derzeit der globale Gesundheitsgipfel in Rom. Im Mittelpunkt der virtuellen Debatte stehen die gerechte Verteilung der Covid-19-Impfstoffe und Lehren aus der Pandemie.
Für einen international agierenden Theaterbetrieb wie die Kampnagel-Fabrik sei es sehr wichtig, wenn auch global geschaut werde, dass es ausreichend zu Impfungen komme, sagt die Intendantin Amelie Deuflhard. Nur so könne man wieder zu einem "Normalmodus" von Einladungen und Kooperationen mit dem Ausland kommen.
Gerade die Bühnenkunst sei von der Corona-Pandemie extrem betroffen, sagt Deuflhard. Trotz der Förderungen des Bundes und der Länder habe es eine lange Zeit ohne Bühnenöffentlichkeit gegeben. "Diese ganzen Kontaktsperren, das ist ja eigentlich genau das Gegenteil von dem, was wir normalerweise in der Kunst leben, wo viele Menschen zusammen auf der Bühne stehen, wo man sich abends in vollen Theatern trifft und in vollen Foyers."

Wieder in Kontakt treten

Im Juni findet auf Kampnagel das Festival "Claiming Common Spaces" statt. Es gehe dann darum, öffentliche Räume zurück zu erobern und nach der langen Zeit des Zuhauseseins zu heilen und zu revitalisieren. Deshalb auch der Untertitel: "Welcome to the pleasure zone". Es stelle sich nun die Frage, wie man in den "Normalmodus" zurückfinde und was aus der zurückliegenden Zeit zu lernen sei, so Deuflhard.
Diese "seltsame Körperlichkeit der Entfernung" werfe für Künstlerinnen und Künstler Fragen auf, so die Theatermacherin. "Wir Menschen, die wir vorher oft wie anziehende Magneten waren, sind jetzt abstoßende Magneten geworden. Was bedeutet das eigentlich für künstlerische Arbeit?"

Es werde jetzt mehr soziale Nähe und Solidarität gebraucht, sagt Deuflhard. Das gelte auch für die internationale Gesellschaft. "Corona hat vielen Menschen deutlich gezeigt, dass es eine andere Art von Solidarität braucht, und damit kommen wir vielleicht zu einer Heilung, die auch noch zusätzliches Potential für die Zukunft birgt."
(gem)

Amelie Deuflhard ist seit 2007 Intendantin von Kampnagel in Hamburg, Europas größtem Produktionszentrum für die Freien Darstellenden Künste. Die Theatermacherin wurde 1959 in Stuttgart geboren, studierte Romanistik, Geschichte und Kulturwissenschaften. Von 2000 bis 2007 war sie künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin der Sophiensaele in Berlin. 2004/2005 war sie Teil der künstlerischen Leitung von Volkspalast, einer festivalartigen Bespielung des Palastes der Republik.

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