Kampf ums Pflegebett

Von Dorothea Jung |
Wer todkrank ist und weiß, dass er bald sterben muss, möchte seine letzten Tage in der Regel zu Hause verbringen. Und darauf hat der gesetzlich Versicherte auch ein Recht. Doch zwischen Rechtsanspruch und Rechtswirklichkeit klafft eine Lücke.
Greta Hoberg: "Er hat alle Tabletten ausgebrochen und er hat fürchterlich gelitten, und wir wussten gar nicht mehr, was wir machen sollten, weil diese ganzen Schmerztabletten, die er vorher genommen hatte, nicht mehr ausreichten."

Der Hausarzt wollte den Schwerstkranken in eine Klinik einweisen. Doch der Patient und seine Familie wollten das nicht. Also begann Greta Hoberg, nach einem anderen Arzt zu forschen. Die Hobergs wohnen in einem kleinen Dorf in Niedersachsen - da war die Suche nach einem Schmerz-Mediziner eine Herausforderung. Doch Greta Hoberg fand ihn schließlich:

"Dieser Arzt, der kam morgens um sieben, abends um sieben, nachts um zwölf, immer um meinen Mann dann sein Schmerzmittel zu spritzen. Und ich danke dem lieben Gott jeden Tag, dass er uns diesen Arzt geschickt hat."

Im Oktober 2007 ist Erich Hoberg gestorben. Friedlich, zu Hause, in Gegenwart seiner Frau und seiner Tochter. Seine Frau hat ihn versorgt, unterstützt von Arzt und Sozialstation. Damit dies möglich wurde, musste Greta Hoberg allerdings eine weitere Herausforderung bestehen: Die Krankenkasse verweigerte die Kostenübernahme für das Pflegebett ihres Mannes.

"Die sagten, der erste Gutachter hat ja das Pflegebett abgelehnt, und denn kommt noch mal ein Obergutachter und bitte, gedulden Sie sich etwas, es wird noch einige Zeit dauern, aber dann wird Ihre Sache weiterverfolgt. Daraufhin sagte ich, das kann ja sein, dass mein Mann bis dahin gestorben ist. Die Frau antwortete mir: Da kann ich dann auch nichts für."

Der Berliner Palliativmediziner Achim Rieger kennt derartige Geschichten. Schwerstkranke benötigen seiner Erfahrung nach eine Vielzahl von Rezepten. Allein an Gebühren und Zuzahlungen kämen schnell hohe Summen zusammen. Das sei aber nur ein Problem.

Rieger: "Viel schwieriger ist dann noch die Bewilligung von Pflegestufen, die ja auch eine wichtige Rolle spielt bei der Pflege zu Hause. Und auch da muss man sagen, dass der Ablauf bei der Bewilligung einer Pflegestufe völlig inakzeptabel ist."

Es käme durchaus vor, dass Patienten die Genehmigung eines notwendigen Pflegesatzes gar nicht mehr erleben. Leider sei es eine Tatsache, dass Angehörige von Schwerstkranken wahre Kämpfer sein müssen.

Seit Anfang des Jahres wird dieser Kampf noch härter. Im Januar trat eine Honorarreform in Kraft. Danach erhalten Hausärzte pro Patient nur noch eine Pauschale von nicht ganz 50 Euro im Quartal. Und zwar unabhängig davon, wie oft der Patient besucht werden muss. Zeitaufwendige Hausbesuche rechnen sich also nicht mehr. Der Hausarzt behandelt seinen Patienten also entweder aus humanitären Gründen oder er weist ihn in die Klinik ein. Rein rechtlich könnten die Allgemeinmediziner ihre Patienten auch an Palliativärzte überweisen, aber mit den Palliativpraxen haben die Krankenkassen noch gar keine Vergütungsverträge abgeschlossen. Greta Hoberg hätte sich in der heutigen rechtlichen Situation also noch einer weiteren, zusätzlichen Herausforderung zu stellen.