Kampf gegen den Kreislauf der Gewalt
Die Demokratische Republik Kongo wird seit 18 Jahren vom Bürgerkrieg geplagt. Ruandische Rebellen kämpfen gegen die kongolesische Armee, beide Seiten gieren nach dem Rohstoff Coltan. Leidtragende sind meist Frauen und Kinder. Erzbischof Francois-Xavier Maroy engagiert sich seit vielen Jahren für Frieden und Versöhnung in der Region und hilft den Opfern des Krieges. Dafür ist er jetzt mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar ausgezeichnet worden.
Er schreibt seinen Namen ins Goldene Buch der Stadt, trifft am Nachmittag Journalisten, Politiker, spricht mit Studenten und Schülern. Klein und etwas schüchtern wirkt der 56-jährige Erzbischof Francois Xavier Maroy Rusengo. Der Winter habe ihn überrascht, die kalten Temperaturen und der Schnee. Er wirkt etwas verloren draußen im bunten Weihnachtsgetümmel.
Ob er an zu Hause denke, an zwei bis drei Menschen, die ihm besonders am Herzen liegen? Nein, sagt er, keine einzelnen Schicksale, er habe die ganze Gemeinde auf dem Rücken und sei mit der gesamten Gegenwart hier, der Realität aller.
Maroy Rusengo ist inzwischen für zwei Diözesen zuständig. 1,7 Millionen Menschen gehören zum Erzbistum Bukavu. Mehr als jeder zweiter, also 900.000 Menschen sind katholisch. Das Gebiet im Kongo ist seit 18 Jahren vom Bürgerkrieg geprägt. Rebellen aus Ruanda kämpfen gegen Regierungssoldaten. Doch auch vor diesen ist die Bevölkerung nicht sicher. Monatelang bekommen manche keinen Lohn, erklärt der Mitarbeiter eines Hilfswerkes, dann plündern auch sie – ziehen durch Dörfer und verwüsten, vergewaltigen und verstümmeln Körper und Seelen.
Ein Zustand der Verrohung, von dem wir zu wenig wissen und dessen Ausmaß wir nicht ermessen können – sagt Jörg Novak – er war für das Katholische Hilfswerk Missio im Kongo unterwegs:
"Es war eine ganz intensive Reise, wir wollten von Nord nach Süd fahren. Wir sind die Strecke nicht gefahren. Wir sind aus dem Kongo nach Uganda ausgereist. Von Uganda nach Ruanda und dann über den Süden rein nach Bukovu zum Erzbischof."
Das Hilfswerk unterstützt seine Arbeit – u.a. mit dem Bau von Traumazentren, wo Menschen betreut werden - die meisten sind Opfer sexueller Gewalt:
"Sexualität oder Vergewaltigung wird als brutalste Waffe der Erniedrigung verwendet, ganz intendiert, dass sozusagen die Dorfgemeinschaft gezwungen wird und die Kinder gezwungen werden, sich die Vergewaltigung der Mutter anzuschauen. Und man merkt wie pervers die Gesellschaft ist, wie verroht, und wenn dann unsere Projektpartner versuchen in so einem ganz langen Prozess es wieder zu schaffen, ein wenig Menschenwürde und Stärke aufzubauen, das ist das Wichtige."
Seit einer Woche ist der Erzbischof unterwegs, erst heute Nachmittag haben Vertraute in seiner Heimat gesagt, warum er eigentlich nach Deutschland gefahren ist. Er wirkt bescheiden, still und zurückhaltend. Und doch ist seine pure Anwesenheit hier in Deutschland ein Appell – sagt Stefan Wolf – Oberbürgermeister der Stadt Weimar:
"Es sind schon gemischte Gefühle, wenn man auf der einen Seite denkt, in welcher Situation der Betroffene in seinem Heimatland lebt, und wir hier glücklich und in Frieden leben, und der Menschenrechtspreis wird ja immer in der Vorweihnachtszeit verliehen, wo die Themen ein besonderes Gewicht haben und sieht, dass es in seiner Heimat immer etwas anderes ist. Auf der anderen Seite auch schon eine große Freude, dass wir das Glück haben, einen solchen Preis verleihen zu können und derart würdige Preisträger zu haben und das für Weimar bei der Geschichte und schwierigen Situation, die die Menschenrechte im 20. Jahrhundert gespielt haben, ist es ein Glück, solch einen Preis hier vergeben zu können."
Wenn Erzbischof Maroy redet, dann spricht er von der Tragödie rund um die Minenarbeiter, die das Mineral Coltan abbauen. Der begehrte Rohstoff wird für Mobiltelefone und Laptops verwendet, steckt also in fast jedem Gerät – weil dadurch Hitze- und Korrosionsbeständigkeit gewährleistet werden. Die schöne Welt der Handys, Playstations und iPhones hat also eine dunkle, eine blutige Seite – hieß es in Weimar.
Denn durch den Coltanabbau, den teuren Kampf um billigen Rohstoff, gebe es den Bürgerkrieg. Und wenn man eine Zuneigung zu seinem Volk empfinde, werde man auch das Leid teilen können und sich irgendwann über das Glück freuen. Doch erst dann, wenn die Welt zwischen Geben und Nehmen im besseren Gleichgewicht sei.
Ein Tag also in Weimar, an dem nicht nur an das gute Gewissen beim mobilen Telefonieren appelliert werden soll, so Stefan Wolf:
"Uns hat das schon fasziniert, weil das Thema der seltenen Erden und der Handys, die ein wesentlicher Grund für den Konflikt im Kongo sind, für die vielen Verbrechen, die dort geschehen, starken Bezug zu unserer westlichen Welt haben, denn wir alle haben unser Handy in der Tasche und haben die Grundstoffe mit dort drinnen und in der öffentlichen Diskussion spielt das keine Rolle, und wir finden schon, dass es angemessen ist, auf dieses Thema auch in dieser Art aufmerksam zu machen, dass auch wir eine gewisse Mitverantwortung haben."
Der Menschenrechtspreis könnte einen gewissen Schutz bedeuten für den Erzbischof, zwei seiner Vorgänger sind erschossen worden. Auch er entging knapp einem Attentat.
Wir, so sagen Mitarbeiter des Hilfswerkes, erleben ihn – trotz aller Sorgen – mit einem unglaublichen Mut und mit Humor, erzählt Jörg Novak vom Hilfswerk Missio:
"Da sagte er, ja, da haben die Rebellen auf mich geschossen. Und glücklicherweise hat der liebe Gott mich nur so klein werden lassen. Und er sagte: Lieber Gott, herzlichen Dank dass ich nur so klein geworden bin, weil ansonsten würde die Kugel in meinem Kopf stecken."
Was ihn antreibt? Es ist meine Berufung, sagt er knapp und lächelt ein kaum sichtbares Lächeln in einem Gesicht mit großen hellen und wachen Augen.
Ob er an zu Hause denke, an zwei bis drei Menschen, die ihm besonders am Herzen liegen? Nein, sagt er, keine einzelnen Schicksale, er habe die ganze Gemeinde auf dem Rücken und sei mit der gesamten Gegenwart hier, der Realität aller.
Maroy Rusengo ist inzwischen für zwei Diözesen zuständig. 1,7 Millionen Menschen gehören zum Erzbistum Bukavu. Mehr als jeder zweiter, also 900.000 Menschen sind katholisch. Das Gebiet im Kongo ist seit 18 Jahren vom Bürgerkrieg geprägt. Rebellen aus Ruanda kämpfen gegen Regierungssoldaten. Doch auch vor diesen ist die Bevölkerung nicht sicher. Monatelang bekommen manche keinen Lohn, erklärt der Mitarbeiter eines Hilfswerkes, dann plündern auch sie – ziehen durch Dörfer und verwüsten, vergewaltigen und verstümmeln Körper und Seelen.
Ein Zustand der Verrohung, von dem wir zu wenig wissen und dessen Ausmaß wir nicht ermessen können – sagt Jörg Novak – er war für das Katholische Hilfswerk Missio im Kongo unterwegs:
"Es war eine ganz intensive Reise, wir wollten von Nord nach Süd fahren. Wir sind die Strecke nicht gefahren. Wir sind aus dem Kongo nach Uganda ausgereist. Von Uganda nach Ruanda und dann über den Süden rein nach Bukovu zum Erzbischof."
Das Hilfswerk unterstützt seine Arbeit – u.a. mit dem Bau von Traumazentren, wo Menschen betreut werden - die meisten sind Opfer sexueller Gewalt:
"Sexualität oder Vergewaltigung wird als brutalste Waffe der Erniedrigung verwendet, ganz intendiert, dass sozusagen die Dorfgemeinschaft gezwungen wird und die Kinder gezwungen werden, sich die Vergewaltigung der Mutter anzuschauen. Und man merkt wie pervers die Gesellschaft ist, wie verroht, und wenn dann unsere Projektpartner versuchen in so einem ganz langen Prozess es wieder zu schaffen, ein wenig Menschenwürde und Stärke aufzubauen, das ist das Wichtige."
Seit einer Woche ist der Erzbischof unterwegs, erst heute Nachmittag haben Vertraute in seiner Heimat gesagt, warum er eigentlich nach Deutschland gefahren ist. Er wirkt bescheiden, still und zurückhaltend. Und doch ist seine pure Anwesenheit hier in Deutschland ein Appell – sagt Stefan Wolf – Oberbürgermeister der Stadt Weimar:
"Es sind schon gemischte Gefühle, wenn man auf der einen Seite denkt, in welcher Situation der Betroffene in seinem Heimatland lebt, und wir hier glücklich und in Frieden leben, und der Menschenrechtspreis wird ja immer in der Vorweihnachtszeit verliehen, wo die Themen ein besonderes Gewicht haben und sieht, dass es in seiner Heimat immer etwas anderes ist. Auf der anderen Seite auch schon eine große Freude, dass wir das Glück haben, einen solchen Preis verleihen zu können und derart würdige Preisträger zu haben und das für Weimar bei der Geschichte und schwierigen Situation, die die Menschenrechte im 20. Jahrhundert gespielt haben, ist es ein Glück, solch einen Preis hier vergeben zu können."
Wenn Erzbischof Maroy redet, dann spricht er von der Tragödie rund um die Minenarbeiter, die das Mineral Coltan abbauen. Der begehrte Rohstoff wird für Mobiltelefone und Laptops verwendet, steckt also in fast jedem Gerät – weil dadurch Hitze- und Korrosionsbeständigkeit gewährleistet werden. Die schöne Welt der Handys, Playstations und iPhones hat also eine dunkle, eine blutige Seite – hieß es in Weimar.
Denn durch den Coltanabbau, den teuren Kampf um billigen Rohstoff, gebe es den Bürgerkrieg. Und wenn man eine Zuneigung zu seinem Volk empfinde, werde man auch das Leid teilen können und sich irgendwann über das Glück freuen. Doch erst dann, wenn die Welt zwischen Geben und Nehmen im besseren Gleichgewicht sei.
Ein Tag also in Weimar, an dem nicht nur an das gute Gewissen beim mobilen Telefonieren appelliert werden soll, so Stefan Wolf:
"Uns hat das schon fasziniert, weil das Thema der seltenen Erden und der Handys, die ein wesentlicher Grund für den Konflikt im Kongo sind, für die vielen Verbrechen, die dort geschehen, starken Bezug zu unserer westlichen Welt haben, denn wir alle haben unser Handy in der Tasche und haben die Grundstoffe mit dort drinnen und in der öffentlichen Diskussion spielt das keine Rolle, und wir finden schon, dass es angemessen ist, auf dieses Thema auch in dieser Art aufmerksam zu machen, dass auch wir eine gewisse Mitverantwortung haben."
Der Menschenrechtspreis könnte einen gewissen Schutz bedeuten für den Erzbischof, zwei seiner Vorgänger sind erschossen worden. Auch er entging knapp einem Attentat.
Wir, so sagen Mitarbeiter des Hilfswerkes, erleben ihn – trotz aller Sorgen – mit einem unglaublichen Mut und mit Humor, erzählt Jörg Novak vom Hilfswerk Missio:
"Da sagte er, ja, da haben die Rebellen auf mich geschossen. Und glücklicherweise hat der liebe Gott mich nur so klein werden lassen. Und er sagte: Lieber Gott, herzlichen Dank dass ich nur so klein geworden bin, weil ansonsten würde die Kugel in meinem Kopf stecken."
Was ihn antreibt? Es ist meine Berufung, sagt er knapp und lächelt ein kaum sichtbares Lächeln in einem Gesicht mit großen hellen und wachen Augen.