Kampf für das freie Wort

Von Michael Opitz |
Vor 75 Jahren, im Juni 1934, wurde der deutsche Exil-P.E.N. gegründet – eine Vereinigung von deutschen Schriftstellern, die vor den Nationalsozialisten geflohen waren und die Gleichschaltung des Deutschen P.E.N. nicht hinnehmen wollten. 1948 ging daraus das P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland hervor.
"Literatur kennt keine Grenzen", heißt es in der Charta des P.E.N., der im Oktober 1921 von einigen wenigen Vertretern der schreibenden Zunft in London gegründet wurde. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wollte der P.E.N. mit dazu beitragen, dass das freie Wort überall dorthin gelangen kann, wo es gelesen und gehört werden will – Grenzen sollten es nicht aufhalten. Der P.E.N. – die Abkürzung steht für poets, essayists und novelists – tritt bis heute für Frieden und Völkerverständigung ein, wendet sich gegen Zensur und kämpft für die Freilassung von zu Unrecht inhaftierten Schriftstellern. Zwar werden der Literatur immer noch Grenzen gesetzt, aber den Grenzziehern steht mit dem P.E.N eine Organisation gegenüber, die für das Recht der freien Meinungsäußerung eintritt.

Der zunächst elitäre Club fand mit seinen Ideen schnell Anerkennung in vielen Ländern, was zur Gründung von P.E.N.-Zentren in aller Welt führte, zu denen seit 1925 auch das Deutsche P.E.N.-Zentrum gehört. In dem gaben nach der Machtergreifung Adolf Hitlers jene Kräfte den Ton an, die sich vorbehaltlos hinter die nationale Bewegung stellten. Andersdenkende wurden aus dem deutschen P.E.N. ausgeschlossen und ein großer Teil der kritischen deutschen Autoren, zu denen Bertolt Brecht, Alfred Döblin oder Anna Seghers gehörten, verließen Deutschland und gingen ins Exil. Mitnehmen konnten sie wenig, geblieben war ihnen oft nur ihre Muttersprache.

Mit dem Wort traten die Exil-Autoren im Ausland für den "wahren" deutschen Geist ein, indem sie an jene "andere" deutsche Kultur erinnerten, die in Deutschland nichts mehr zählte: "Deutsche Menschen" nannte Walter Benjamin - auch er war zur Flucht aus Deutschland gezwungen - seine Ausgabe von Briefen.

Die in die Fremde vertriebenen Schriftsteller wollten die Gleichschaltung des deutschen P.E.N. nicht einfach hinnehmen und gründeten deshalb auf dem Internationalen P.E.N.-Kongress 1934 in Edinburgh unter der Leitung von Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Ernst Toller, Max Hermann-Neisse und Rudolf Olden den deutschen Exil-P.E.N. Dieser Exil-P.E.N. war bis 1948, als der deutsche Nachkriegs-P.E.N. in Göttingen gegründet wurde, die Organisation der deutschen Schriftsteller im Ausland. Dem deutschen Exil-P.E.N. gehörten namhafte Autoren an – unter anderem Brecht, Benjamin, Döblin, Seghers, die Gebrüder Mann, Nelly Sachs, Alfred Kerr, Hans Sahl und Arnold Zweig.

Aus dem Exil-P.E.N. ging 1948 das P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland hervor, dem heute etwa 90 Autoren angehören. In der Satzung P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland heißt es: Mitglieder

""können ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit und ihren Wohnsitz deutschsprachige Schriftsteller, Übersetzer, Herausgeber und andere Personen werden, die sich bedeutende Verdienste um die deutschsprachige Literatur erworben haben […] und deren Werke und deren Verhalten dem Geist der P.E.N.-Charta nicht widersprechen"."