Kaffee-Tricksereien

Von Udo Pollmer |
Die Preise für Rohkaffee haben massiv angezogen. Wie sehr dies auf die Endverbraucherpreise durchschlagen wird, ist noch offen. Natürlich erwartet der Handel von den Lieferanten "Preisdisziplin". Damit wächst aber der Druck auf die Kaffeeröster, neue Einsparpotenziale auszuloten.
Und da haben sie ja Erfahrung. Erinnern Sie sich noch an die 400-Gramm-Packungen, die so aussahen wie die vertrauten 500 Gramm? Ein namhafter Anbieter hatte die Bohnen klammheimlich so wie Popcorn aufgepustet. Als die Sache aufflog, brach der Umsatz ein.

Meistens sind die Tricks nicht so leicht zu bemerken wie in diesem Falle. Nicht umsonst gilt die Verfälschung von Kaffee weltweit als die wohl größte Herausforderung für die Branche. Bei grünem Kaffee halten sich die Manipulationen noch in Grenzen, aber bei gerösteter und vor allem gemahlener Ware wird es schon schwieriger. Hier werden immer wieder mal Schalen oder sogar Äste des Kaffeestrauchs fein vermahlen untergemengt. Ein zu niedriger Coffeingehalt lässt sich durch synthetisches Coffein ausgleichen. Eine bohnenlose Frechheit!

Das Strecken ist auch bei uns beliebt – und wenn man es geschickt anstellt, auch völlig legal. Denn solange niemand behauptet, der Inhalt der Packung bestünde aus Kaffee und sonst nichts, sondern nur aus "Spitzenqualität", dann sind kaffeefremde Zusätze nicht verboten. Die Kaffeebohnen werden vor der Röstung mit Stärke und Zuckern imprägniert. Das bringt nicht nur Gewicht auf die Waage, sondern verbessert nebenbei auch den Geschmack. Dadurch lassen sich auch Bohnen verwenden, deren Qualität nicht überzeugen würde. Das Etikett schwafelt in der Zutatenliste dann etwas von "Caramel".

Da Kaffee stets ein teures Gut war, wurde er zu allen Zeiten mit Hingabe gepanscht: Es begann beim Rohkaffee, der oft genug während Transport und Lagerung Schaden genommen hatte. Für einen ansprechenden Teint wurde er früher wieder appetitlich grün geschminkt: Man rollte ihn in Malachitgrün oder Kupfervitriol. Vor allem Farbstoffe mit Schwermetallen erhöhten so ganz nebenbei das Verkaufsgewicht. Heute ist diese Praxis zum Glück passé.

Noch populärer war das Fälschen gerösteter Bohnen. Früher wurden sie künstlich verfertigt. Speziell konstruierte Maschinen verpressten Schweinefutter wie Lupinensaat oder Weizenkleie zu bohnenförmigen Objekten und rösteten diese. Das geschah, wie es die Lebensmittelüberwachung noch vor 90 Jahren formulierte, "in ganz ungeheurem Maße". Bei gemahlenem Kaffee brachen dann alle Dämme: Ziegelsteinpulver, Erde, Rizinussamen, Baumrinde, Löwenzahnwurzeln, Rosskastanien, Eicheln, ja sogar Taubenknochen wurden darin gefunden.

Doch das ist alles kalter Kaffee. Was wird wohl diesmal kommen? Nun, die Einsparungspotenziale beim Produkt sind ausgeschöpft. Aber es gibt da noch etwas: Die Kaffeesteuer. Diese Steuer muss nur für Röstkaffee, nicht aber für den Rohkaffee entrichtet werden. Mischt man grüne Bohnen ins Mahlgut, dann spart das Steuern.
Die Steuerspar-Masche hat inzwischen auch die Diätbranche auf den Plan gerufen. Als neueste Marotte verkauft sie grünen Kaffee als – naja als - innovatives Schlankheitsmittel. Zu stolzen Preisen versteht sich. Vielleicht wäre es sinnvoller auf die grünen Bohnen, auf Muckefuck oder Analog-Käse eine Schummel-Steuer zu erheben, und ehrliche Produkte wie Röstkaffee davon zu befreien. Verdient hätte es der echte Bohnenkaffee allemal, zählt er doch zu den wenigen Lebensmitteln, deren Konsum nachweislich auch der Gesundheit förderlich ist. Nur schlank, das macht er nicht. Mahlzeit!

Literatur
-Nogueira T, do Lago CL: Detection of adulterations in processed coffee with cereals and coffee husks using capillary zone electrophoresis. Journal of Separation Science 2009; 32: 3507-3511
-Garcia LMZ et al: Chemometric evaluation of adulteration profile in coffee due to corn and husks by determining carbohydrates using HPAEC-PAD. Journal of Chromatographic Science 2009; 47: 825-832
-Martin GJ et al: Deuterium, carbon and nitrogen isotopic analysis of natural and synthetic caffeines. Authentication of Coffees. Proceedings of Euro Food Chem VI 1991; 2: 501-505
-Hirsch D, Maier HG: Kapillarelektrophoretische Bestimmung von Zuckern als Verfälschungsindikatoren im Kaffee-Extrakt. Lebensmittelchemie 1999; 53: 149-150
-Joh. Jacobs & Co GmbH: Verfahren und Vorrichtung zur Verbesserung von Röstkaffee. DE 3344265
-Jacobs Suchard GmbH: Verfahren zur Verbesserung von Röstkaffee. DE 3710768
-Anon: Unsere Nahrungsmittel und ihre Verfälschung. Verlag für Kunst und Wissenschaft A.O. Paul, Leipzig ca. 1920
-Walchner FH: Nahrungsmittel des Menschen, ihre Verfälschungen und Verunreinigungen. Springer, Berlin 1875
-Vacher F. Food Inspector's Handbook. Sanitary Publishing, London 1900
Pollmer U, Warmuth S: Pillen, Pulver, Powerstoffe. Piper, München 2009