Kabarettist Mathias Richling

"Ich bin nicht dazu da, lobzuhudeln"

Moderation: Marco Schreyl · 12.10.2021
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In seinen Fernsehshows und Kabarettprogrammen versprüht er seit 40 Jahren genüsslich sein satirisches Gift: Mathias Richling ist nichts und niemand heilig. Auch nicht die Corona-Politik, die er in seinem Buch "Das Virus Demokratie" hinterfragt.
Deutschland sucht eine neue Regierung, und Mathias Richling ist in seinem Element: "Das ist auch die Lieblingszeit eines Kabarettisten. Oder sollte sie sein, wenn etwas dauernd sich ändert, dass man sein eigenes Programm jeden Tag um ein Drittel verändern muss und man weiß nicht, wie es ausgeht."

Ein Mann mit Haltung und Tempo

Derzeit tourt er mit seinem Programm "Mathias Richling #2021" durch die Republik. Da kriegt schon mal Olaf Scholz sein Fett weg, als "Secondhand-Merkel" oder "sozialdemokratische Ausschussware", Armin Laschet ist der "Lachsack, schon mal einsetzbar bei Familienfeiern".
Richling wäre nicht Richling, wenn er – wie auch in unserem Gespräch – nicht schier überschäumen würde. Ob auf der Bühne oder im Interview: Der Mann hat Tempo und Haltung. Und die kommt frei heraus: "Ich kann es nicht trennen. Ich kann auf der Bühne nicht was Anderes spielen als das, was ich bin. Das merken die Menschen sofort, dass das dann verlogen oder nicht richtig wäre. Was ich sage, ist natürlich überspitzt und auch provokant, aber es ist nicht gespielt."

Als Kind schüchtern und introvertiert

Kaum zu glauben, dass Mathias Richling, Jahrgang 1953, als Kind eher schüchtern war. "Ich war als Kind wirklich introvertiert. Ich bin als Schüler, wenn mich der Lehrer ansprach – und sogar, wenn ich die Antwort wusste –, knallrot geworden. Ich hätte mich nicht getraut, mich selbst zu melden. Und irgendwann ging es mir so auf die Nerven, dass ich an einer gewissen Extrovertiertheit gearbeitet habe." Geholfen hat ihm eine Schallplatte des legendären Ruhrgebietskomikers Jürgen von Manger, alias Adolf Tegtmeier. Er hat sie so oft gehört, dass er ihn perfekt nachahmen konnte. "Und auf einmal merkte ich: Ich kann irgendetwas."
Seine kabarettistische Karriere beginnt Richling beim SWR, Ende der 1980er-Jahre feiert er bundesweit Erfolg in der ARD mit der Show "Jetzt schlägt's Richling". Nach noch nicht einmal zwei Jahren wird sie eingestellt. Unter anderem wegen einer satirischen Nummer über Papst Johannes Paul und dessen Haltung zu Aids. Eine Steilvorlage für den Kabarettisten und seine Kritiker: "Herr Stoiber hat mich damals auf Seite eins der Tagespresse geholt. Mehr konnte man nicht erreichen."
Seiner Karriere hat es keinen Abbruch getan: Er gehörte zum Team des legendären "Scheibenwischer", moderierte den "Satire-Gipfel". Seit 25 Jahren präsentiert er seine "Mathias Richling Show" im SWR-Fernsehen.

Die Schizophrenie in der Pandemie

Auch die Corona-Pandemie konnte den umtriebigen Kabarettisten nicht ausbremsen, im Gegenteil. Seine Erlebnisse mit abgesagten Shows und unterschiedlichsten Auflagen bei seinen Auftritten haben ihn dazu gebracht, ein Buch zu schreiben: "Das Virus Demokratie? Eine Abschätzung". Und das wie immer satirisch überspitzt. In die Ecke der "Querdenker" gehöre er nicht.

"Es ist wirklich so, dass es zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt hat. Entweder war man radikal mit allen Maßnahmen einverstanden, oder man hat eben gewagt, einige Maßnahmen zu hinterfragen, die den Menschen nicht mehr logisch gewesen sind. Ich habe gespielt in Leipzig, da saßen die Leute ohne Maske beieinander, mit 3G-Regel. In Bad Elster habe ich gespielt, da durfte nur der halbe Saal sein! Was ist das für eine Schizophrenie? Was ist das für eine Irrationalität?"
Die Aufmerksamkeit wird ihm – wie so oft – sicher sein. Denn, so Richling: "Ich bin nicht dazu da, lobzuhudeln."
(sus)
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