Junk-Junkies

Von Jens Rossbach |
Sie sind kostenlos, komisch und kultig: E-Mailanhänge mit witzigen Mini-Videos, schrägen Tonaufnahmen und skurrilen Fotos, die per Mauklick herum geschickt werden. Die so genannten „Junk-Mails“ sind für manche eine nette Ablenkung im Büroalltag, die geradezu süchtig macht.
Sound Junk: „Imbissdeutsch für Fortgeschrittene. Lesson one: Es gibt keine Mehrzahl!
Thwei Broatwoaaast bitte!
Zwei Bratwurst bitte!
Einmoal thwei halbe Haahn!
Einmal zwei halbe Hahn! Listen and repeat!
Einmoaal thwei halbe Haaahn! "

Miriam Luther: „Es ist so eine Art netter Gruß. Also wenn mir morgens jemand so ein Junkzeug schickt und der Tag beginnt sozusagen mit einem Brüller, dann finde ich das einfach nett, dann schick ich das sofort weiter und möchte, dass Bekannte oder Freunde auch einen netten Start haben. "

Miriam Luther ist 36 Jahre alt und Journalistin.

Sound Junk: „Einmoal thwei halbe Haahn!
Lesson two: Vergessen Sie der-die-das. Es gibt nur d e n.
Kommt auf den Pommes noch waas droauf?
Kommt auf den Pommes noch was drauf! Lesson three: Es geht auch ohne Hauptwort.
Hier kam noch thwei maol ohne!“

Rolf Schumann: „Die E-Mail ohne Anhang – das ist ja wie Bier ohne Alkohol, ja. Das macht einfach die Sache viel, viel reizvoller. Vor allem ist man ja neugierig. In der eigentlichen Anschrift steht ja nicht drin, was er mir geschickt hat. Aber ich will ja unbedingt wissen, was da drin ist. Ich könnte ja was verpassen. Und von daher finde ich das schon ziemlich spannend. "

Rolf Schumann ist 39 und PR-Berater.

Junk: „Lesson four: Richtig antworten.
Wolln Se die Thüringer?
Achtung, sagen Sie nicht was Sie wollen, sondern, was Sie sind!
Nein, ich bin das Schaschlik und er ist die Pommes!
Ich bin das Schaschlik! Listen and repeat!
Wolln Se die Thüringer? Nein, ich bin das Schaschlik und der ist die Pommes. (Atmo Bier) Aber Pils seid ihr beide ne? Genau! "

Miriam und Rolf sind Junk-Junkies. Die beiden können nicht genug kriegen von den kleinen Überraschungen, die per Mail herum geschickt werden. Ob es sich nun um Fotomontagen handelt, um Werbefilm-Parodien oder um Mitschnitte peinlicher Radio-Versprecher.

Junk: „Ein düsteres Bild zeichnet die Unesco auch vom weltweiten Anal-Phebitismus. Anal-Phabetamis. An-al-aphabetismus Entschuldigung... (Lachen). "

Miriam Luther: „Also, es muss irgendwas auslösen. Ich muss es entweder ein bisschen obszön finden oder ich muss es ein bisschen geschmacklos finden oder irgendwie muss es zu viel von irgendwas sein. Also es muss manchmal auch politisch sehr unkorrekt sein, also es kann schon ruhig mal ein Schritt zu weit gehen. Weil es ist halt… ich glaub Junk ist so ein Medium, wo man auch gerne mal sehr unkorrekt wird.“

Mail öffnen, Anhang anklicken, ablachen: Ein Sekunden-Spaß vor allem für Leute, die den ganzen Tag am Computer hocken.

Rolf Schumann: „Ich finde gut, wenn die Kollegen mitlachen können. Also, man kann die dann zum Rechner holen und dann lacht man zusammen. "

Miriam Luther: „Ihr guckt zusammen Junk?“

Rolf Schumann: „Ja sicher, du nicht? "

Miriam Luther: „Nee, also ich denke Junk ist eher so eine…“

Rolf Schumann: „…intime?“

Miriam Luther: „Intim nicht, aber ich würd sagen, man tut's doch eher alleine, oder?“ (lacht) „Also, ich hol jedenfalls nicht die Kollegen und sag: Hier, guck mal!“

Rolf Schumann: „Wenn ich für einen kurzen Moment eben mal meinen Tischnachbarn Bescheid sag: eh, ich hab wieder ‚ne geile Sache gekriegt, dann lachen wir herzlich und dann geht’s wieder richtig an die Arbeit. Ja, und dann ist das Arbeitsergebnis auch viel besser, als wenn man so was nicht hätte. "

Sound Junk: „Was ist denn da los? Was hastu denn wieder angestellt du Kackbratze? Die ganze Karre ist verfriemelt! Und Fettbemmen fressen gibt’s hier ooch nisch! Isch habs doch extra aufgeschriebn! Mach die Glotzen auf, du Arschkrampe!
Chef!
Was?
Chef, der kann keeen ostdeutsch! Der is doch von drüben!
Das hab isch doch gar nisch gewusst!
Sprecher:Über 60 Millionen Menschen in Deutschland können nicht richtig ostdeutsch.
Da muss man doch was machen!
Schreib dich nicht ab! Lerne ostdeutsch! Und mach die Glotzen auf, du Arschkrampe! "

Ein echter Junk-Junkie archiviert seine Witze. Miriam zum Beispiel hat dafür extra Ordner auf ihrer Festplatte eingerichtet: für Fotos, für Audios und für Videos.

Miriam Luther: „Es gibt immer ein Stichwort, wie das Ding heißt und dann weiß ich: Aha, das ist die kotzende Ente oder so. Und ein bisschen funktioniert das wie eine Zitatensammlung. Und ich warte dann schon immer drauf, dass mir jemand ein Stichwort gibt, das ich dem wieder so ein Ding um die Ohren ballern kann, weißte? Oder es gibt dann irgendwie, ein Junk ergibt den nächsten. Ja, das ist manchmal auch so ein bisschen, wie wenn man in der Runde zusammensitzt und ich erzähl jetzt mal einen Witz und dann kommt der andere und sagt: da kenn ich noch einen, geht ein Mann zum Arzt. Also so ein bisschen ist das manchmal auch so ein Wettkampf.“

Rolf Schumann: „Das ist wie ein Poesiealbum. Also wie die Mädels früher hatten, die kleinen. Ne, die haben Poesiealbum gehabt und so kriegen sie jetzt Junks. "

Miriam Luther: „Genau! In allen drei Ecken soll Liebe drin stecken! " (lacht)

Problem: Manchmal ist der Anhang nicht nur voll von Liebe. Aber das merkt man erst, wenn man ihn öffnet.

Rolf Schumann: „Eigentlich öffnet man jeden Anhang. Ja, egal, was da drin ist. Das Problem ist natürlich: ist da vielleicht ein Virus drin, ja?“

Auch die Computertechnik kann den Spaß verderben. E-Mail-Empfänger, die nur einen langsamen Internetanschluss haben, verzweifeln oft an der Dateigröße des angehängten Ton- oder Videopakets.

Miriam Luther: „Der gute Freund, der macht das Ding auf und braucht dann ein paar Stunden, um sich das anzuschauen. Und das hat dann auch schon ein bisschen Ärger gegeben. Da habe ich denn schon Mailverbot bekommen. "

Sound Junk: „Thwei Broatwoast, bitte!“

Manchmal haben selbst Junk-Junkies genug von der digitalen Droge und nehmen eine Auszeit. Dann landen die witzigen Anhängsel im Papierkorb. Ungeöffnet.

Miriam Luther: „Also, ich gehe vielleicht einmal im Monat zu McDonald. Und dann ist auch wieder gut. Und genauso funktionieren dann Junkmails. Also, wenn du zuviel von dem Zeug konsumierst, wird dir schlecht. Das ist dann zu viel Majo und Ketchup und dann denkst du so: ach Gott, ja, kenn ich, muss ich nicht schon wieder sehen. "

Sound Junk: „Thwei Broatwoast bitte! Einmoal thwei halbe Haahn! "