- Wer war Maria und was wissen wir gesichert über ihr Leben?
- Wie war das Verhältnis von Maria zu ihm Sohn Jesus?
- Warum gibt es die Erzählung von der Jungfrau Maria?
- Wann ist das Interesse an Maria erwacht?
- War Maria bei der Kreuzigung ihres Sohnes zugegen?
- Kommt Maria immer wieder auf die Erde zurück?
Jungfrau Maria
Das Motiv der "Madonna mit Kind" ist ein zentrales Thema der christlichen Kunst, das mütterliche Liebe, Reinheit und Erlösung symbolisiert: hier gemalt von Giovanni Bellini (1430-1516). © picture alliance / Fine Art Images / Heritage Images
Sie brauchte keinen Mann

Neben Gott selbst und seinem Sohn ist die Jungfrau Maria wohl die prägendste Figur im Christentum. Was wissen wir über Jesus‘ Mutter? Warum hat sie eine so große Bedeutung erlangt?
Ein Stern weist den Weg zu ihrer Unterkunft, einem kleinen Stall, mit Schafen, Ochs und Esel. In einer Krippe, aus der eigentlich die Tiere fressen, liegt ein Baby auf Stroh. Die Eltern heißen Josef und Maria. Der Vater ist nicht der richtige Vater, sondern der soziale. Er bleibt eine Randnotiz in dieser Geschichte.
Die Mutter hingegen vollbringt ein Wunder: Sie hat gerade Gottes Sohn geboren – ohne zuvor geschwängert worden zu sein. Der Sohn mit Namen Jesus wird über zwei Jahrtausende hinweg eine enorme Bedeutung für Christen überall auf der Welt bekommen. Allerdings: Auch die Strahlkraft und Bedeutung seiner Mutter ist kaum zu überschätzen. Maria wird zum Symbol für Keuschheit, Frömmigkeit, Empathie und Fürsorge.
Wer war Maria und was wissen wir gesichert über ihr Leben?
Die Weihnachtsgeschichte aus dem zweiten Kapitel des Lukasevangeliums ist fest in unserer Kultur verankert, doch historisch lässt sich kaum etwas davon belegen. Das beginnt schon beim Geburtsjahr Jesu: Das könne man nur schätzen, sagt die evangelische Theologin Silke Petersen. Das Jahr Null ist demnach eher unwahrscheinlich, vermutlich kam Jesus ein paar Jahre früher auf die Welt.
Maria war zu diesem Zeitpunkt vermutlich sehr jung: zwischen 12 und 15, schätzt Petersen. Das wäre zeittypisch. Sicher wissen wir, dass sie Jüdin war. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie in Nazareth lebte. Auch dass sie Maria hieß, ist plausibel: „Dieser Name war zur Zeit von Jesus und Maria unglaublich in Mode“, betont Petersen, die an der Universität Hamburg lehrt.

Pilger auf dem Weg zur Basilika Unserer Lieben Frau von Guadalupe in Mexiko-Stadt. Im Stadtviertel Guadalupe soll Maria 1531 mehrmals erschienen sein.© picture alliance / dpa / NurPhoto / Gerardo Vieyra
Wie war das Verhältnis von Maria zu ihm Sohn Jesus?
Später möglicherweise schwierig – in der Zeit, als Jesus älter wurde und als Wanderprediger auf sich aufmerksam machte. Aus den Quellen lasse sich schließen, dass Jesus ein „getrübtes Verhältnis“ zu seiner Familie gehabt habe, sagt die Theologin Petersen. Aus Sicht seiner Familie habe er sich wohl auf Abwege begeben. So heißt es unter anderem in der Bibel: „Und als es die Seinen hörten, machten sie sich auf und wollten ihn ergreifen; denn sie sprachen: Er ist von Sinnen.“
Warum gibt es die Erzählung von der Jungfrau Maria?
Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Buch mit vielen Geschichten, die eine Botschaft übermitteln sollen – und die heißt aus der christlichen Perspektive Hoffnung. Hoffnung darauf, dass mehr möglich ist, als man aus guten Gründen annimmt. Dass der Tod nicht das Ende ist und es jemanden gibt, der auf uns achtet, sich um uns sorgt, uns beschützt.
Die jungfräuliche Geburt sei dabei ein Bild für den göttlichen Ursprung von Jesus, sagt die katholische Theologin Mirja Kutzer von der Universität Kassel. Mit Jesus von Nazareth seien die Menschen jemand ganz Besonderem begegnet. Dass Jesus von Maria jungfräulich geboren wurde, sei ein starkes Bild für diese Besonderheit.
Vier Brüder und zwei Schwestern
Was die Jungfräulichkeit in Frage stellt, sind die Geschwister von Jesus, die in der Bibel erwähnt werden. Insgesamt gebe es dort vier Brüder mit Namen und zwei weitere Schwestern ohne Namen, sagt Petersen: „Das würde unter dem Strich heißen, dass Maria mindestens sieben Kinder hatte.“ Es gibt jedoch unterschiedliche Sichtweisen, wer diese Brüder und Schwestern genau waren. Um die Jungfräulichkeit Marias zu bewahren, werden sie in der katholischen Kirche nicht als leibliche Geschwister im engeren Sinne, sondern nur als nahe Verwandte betrachtet.
Wann ist das Interesse an Maria erwacht?
Um diese Frage zu beantworten, verweist die katholische Theologin Mirja Kutzer auf das Protoevangelium des Jakobus. Das ist eine populäre, frühchristliche Schrift aus dem zweiten Jahrhundert, die nicht Teil der Bibel wurde. Hier fänden sich Hinweise auf Maria vor der Geburt Jesu, berichtet Kutzer – wie beispielsweise die Namen ihrer Eltern und dass sie Tempeljungfrau war. Der Text sei weit verbreitet und einflussreich gewesen: „Und so wirkt diese Geschichte immer nach.“
Aus dem dritten Jahrhundert stamme dann das erste Gebet zu Maria. Theologen gingen davon aus, dass dies noch ein privates Gebet gewesen sei, so Kutzer – aber das ändert sich dann bald. Das Beten zu Maria etabliert sich. Auf dem Konzil von Ephesus verherrlicht der Bischof von Alexandria 431 die bisher nur als „Mutter Jesu“ benannte Maria als „Gottesgebärerin“: „Heil dir, Maria, Gottes Mutter, erhabener, kostbarer Gemeinbesitz der ganzen Welt. Du nie verlöschende Lampe, du Krone der Jungfräulichkeit, du Zepter des wahren Glaubens, du unzerstörbarer Tempel.“

Statue der Jungfrau Maria auf einem Felsen neben der Wallfahrtskapelle Notre Dame de la Serra auf Korsika.© picture alliance / dpa / Peter Schickert
Der blühende Marienkult mit seinen vielen Fest- und Gedenktagen nimmt von hier seinen Ausgang. Im siebten Jahrhundert gibt es bereits eine „eigenständige Marienfrömmigkeit“, berichtet die Theologin Kutzer. Maria wird immer wichtiger. Petersen spricht von Projektionen: Maria als „weibliche Identifikationsfigur, als Ersatzgöttin und als Symbol für Keuschheit“.
Die der Muttergottes zugeschriebenen Eigenschaften und Attribute lassen sich sehr unterschiedlich deuten – je nachdem, welchen Blickwinkel man einnimmt. Jungfräulichkeit und Keuschheit können idealisiert und dann dazu genutzt werden, die „weibliche Sexualität für dämonisch und schlecht zu erklären“ so Petersen. Man könne die Jungfräulichkeit aber zum Beispiel auch als Selbstständigkeit deuten, betont die Theologin: „Die braucht keinen Mann. Die hat ein direktes Gottesverhältnis.“
War Maria bei der Kreuzigung ihres Sohnes zugegen?
Das lässt sich nicht gesichert sagen. In den synoptischen Evangelien – also Markus, Lukas und Matthäus – gebe es einige Zeuginnen der Kreuzigung, sagt Petersen. Dort würden Maria Magdalena und einige andere Frauen namentlich genannt, aber nicht Maria, die Mutter. Im Johannesevangelium wiederum stehen die Mutter, ein Jünger, Maria Magdalena und noch eine andere Frau unter dem Kreuz. Doch die erste Schilderung sei das historisch plausiblere Szenario, meint die Theologin.
Kommt Maria immer wieder auf die Erde zurück?
Maria starb laut der Bibel nach Jesus und fuhr der katholischen Lehre zufolge in den Himmel auf. Seitdem lässt sie sich nach Berichten überall auf der Welt immer wieder blicken – zum Beispiel in Fatima in Portugal zwischen dem 13. Mai und 17. Oktober 1917. Drei Hirtenkinder erzählten damals, Maria sei ihnen erschienen. Dies ist eine der Marienerscheinungen, die die katholische Kirche anerkannt hat – sie geht damit eher vorsichtig und spärlich um. Nur ein Bruchteil aller gemeldeten Fälle schafft es auf die Liste der offiziellen Erscheinungen.
Weitere anerkannte Erscheinungen ereigneten sich 1531 in Guadalupe am nördlichen Stadtrand von Mexiko-Stadt und 1858 in dem kleinen Pyrenäenstädtchen Lourdes. Im Gespräch ist auch immer wieder Medjugorje in Bosnien-Herzegowina, wo sich die Muttergottes seit 1981 regelmäßig zeigen soll. Hier hat der Vatikan die Marienverehrung in dem Ort als authentisch anerkannt.
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