Jung für weitere Beteiligung an Anti-Terror-Einsatz in Afghanistan
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung spricht sich für eine Verlängerung des Mandats für die Operation Enduring Freedom (OEF) in Afghanistan aus. Diese Operation zur Bekämpfung des Terrors in Afghanistan sei notwendig, um die ISAF-Mission und die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen zu unterstützen, sagte der CDU-Politiker. Allerdings müsse die Kommunikation zwischen ISAF und OEF verbessert werden, um zivile Opfer zu vermeiden.
Marie Sagenschneider: Soll Deutschland noch mehr Soldaten nach Afghanistan schicken. Schon jetzt sind mehr als 3000 dort stationiert und an drei Einsätzen beteiligt: der ISAF-Mission, die in erster Linie den Wiederaufbau absichern soll, den Tornado-Einsatz und zumindest theoretisch an der Operation "Enduring Freedom", die von den USA geführt wird und mit einer sehr robusten Strategie im Süden und Osten des Landes die Taliban bekämpft – einer Strategie, der zahlreiche Zivilisten zum Opfer gefallen sind, was auch das Ansehen von ISAF zu beschädigen droht. Müssen also Wiederaufbau, Absicherung und Antiterroreinsatz neu justiert und stärker voneinander abgegrenzt oder aufeinander abgestimmt werden? Darüber wird natürlich längst diskutiert, auch mit Blick darauf, dass der Bundestag im Herbst über die Verlängerung der drei Afghanistan-Einsätze entscheiden wird. Und in der SPD-Fraktion gibt es doch etliche, die dafür plädieren, sich zumindest aus der Operation "Enduring Freedom" zu verabschieden, was Verteidigungsminister Jung allerdings ablehnt. Guten Morgen, Herr Jung!
Franz Josef Jung: Guten Morgen.
Sagenschneider: Warum halten Sie es eigentlich für so wichtig, dass Deutschland zumindest theoretisch am Kampfeinsatz "Enduring Freedom" beteiligt ist?
Jung: Also wir haben ja drei Mandate, wie Sie zu Recht gesagt haben, und ich denke, solange wir es hier noch mit Terrorismus in Afghanistan zu tun haben – und wir haben es ja gerade bitter erlebt in Kundus, wo drei deutsche Soldaten getötet worden sind –, solange ist es auch notwendig, weiterhin Terrorismus zu bekämpfen und das zu tun, um sozusagen ISAF, das heißt die Stabilisierung und unterstützende Maßnahmen hier durchführt, zu unterstützen, auch ihnen ein sicheres Umfeld zu geben. Denn um Wiederaufbau zu betreiben, brauchen Sie auch ein sicheres Umfeld. Dies ist auch notwendig für die Nichtregierungsorganisationen. Und deshalb denke ich, solange wir es mit terroristischen Aktivitäten zu tun haben in Afghanistan, solange brauchen wir auch OEF, also sprich das Mandat gegen Terrorismusbekämpfung.
Sagenschneider: Aber es ist seit geraumer Zeit eine theoretische deutsche Beteiligung, denn die KSK-Soldaten sind ja schon lange nicht mehr nachgefragt worden.
Jung: Sie wissen, dass ich zu KSK-Soldaten öffentlich nichts sage. Und ich kann nur sagen, ich war ja auch gerade in Washington und habe mit meinen amerikanischen Kollegen darüber gesprochen, wir brauchen weiterhin die Unterstützung von OEF, auch für ISAF. Dies wird generell auch in Afghanistan so beurteilt, denn das ist, denke ich, auch notwendig, um letztlich Sicherheit zu gewährleisten für den Wiederaufbau. Und ich füge hinzu, wir müssen allerdings – und das ist ein wichtiger Punkt, den haben Sie ebenfalls angesprochen – wir müssen allerdings noch etwas mehr auf die Informationen zu ISAF hin gewährleisten, zu dem, der das Kommando hat in Afghanistan, das nennt sich COMISAF, damit alles getan wird, um zivile Opfer zu vermeiden. Wobei ich sagen muss, die Taliban haben auch eine perfide Strategie, weil sie bewusst versuchen, zivile Opfer mit hineinzuziehen, sich dahinter zu verschanzen, um genau eine solche Diskussion natürlich auch damit hervorzurufen.
Sagenschneider: Aber da wird schon seit Monaten geklagt, dass diese Kommunikation nicht so recht funktioniert. Und wenn Sie jetzt wieder anmahnen, dann hat man so das Gefühl, da passiert gar nichts.
Jung: Also den Eindruck habe ich nicht. Denn es laufen ja weiterhin Operationen. Alles, was beispielsweise OEF anbelangt und zivile Opfer, liegt doch ein paar Wochen zurück. Wir haben leider Gottes auch zivile Opfer bei einer ISAF-Mission. Und deshalb, denke ich, ist es notwendig, dass wir angemessen und verhältnismäßig reagieren. Wir haben jetzt gerade, das ist eine Woche her, über den COMISAF, das heißt über den Kommandeur vor Ort in Kabul, eine neue Weisung auch an alle Truppen herausgegeben, wie sich zu verhalten ist, um zivile Opfer zu vermeiden. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt. Aber ich sage noch einmal, die Perfidie der Taliban ist allerdings auch, bewusst zivile Opfer zu verursachen. Bei dem Anschlag in Kundus, wo ja drei deutschen Soldaten ums Leben kamen, sind auch acht zivile Opfer verursacht worden. Das zeigt natürlich auch, inwiefern die Taliban auch überhaupt keine Rücksicht nehmen auf ihre eigene Bevölkerung.
Sagenschneider: Deutschland, Herr Jung, konzentriert sich ja tatsächlich in erster Linie auf den ISAF-Einsatz, auf die Absicherung des Wiederaufbaus, die Ausbildung der afghanischen Polizei und Armee zum Beispiel, und der deutsche ISAF-Stabschef Kasdorf hat ja auch gesagt, dieser Aufbau ist die Voraussetzung dafür, dass wir irgendwann einmal wieder abziehen können. Ist da bisher zu wenig auch personell investiert worden?
Jung: Also ich denke, wir sind dort, was die Frage der Streitkräfte anbetrifft, schon ein erhebliches Stück weitergekommen. Unser Ziel ist es ja, 70.000 ausgebildete afghanische Soldaten zu haben. Wir haben mittlerweile 35.000 ausgebildet, die sind auch mit im Einsatz. Wir haben ja eine gemeinsame Operation von ISAF und afghanischen Streitkräften, die erfolgreich läuft. Wo es noch etwas mangelt, ist im Hinblick auf das Thema Ausbildung Polizei. Und deshalb bin ich auch dankbar, dass jetzt wir vereinbaren konnten im Rahmen der Europäischen Union, dass wir hier zusätzliche Verstärkung vornehmen. Wir haben jetzt 195 Ausbilder in Afghanistan, die geführt werden von einem deutschen Experten, der GSG-9-Mann Eichler. Und hier denke ich, ist es notwendig, dass wir sowohl Polizei als auch Streitkräfte so ausbilden, dass nachher Afghanistan, die Regierung selbst in der Lage ist, für ihre Sicherheit zu sorgen. Unser Ziel ist es insgesamt, rund 70.000 ausgebildete Soldatinnen und Soldaten zu haben und in etwa 80.000 Polizisten.
Sagenschneider: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat nicht ausgeschlossen oder hat gesagt, er könnte sich vorstellen, noch mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, um eben diese Ausbildung von Polizei und auch Armee natürlich voranzutreiben. Wären Sie auch dafür?
Jung: Also Tatsache ist, dass es richtig ist, dass wir Verstärkung noch im Hinblick auf die Ausbildung von Soldaten vornehmen wollen. Wir haben uns ja auch noch mit angeschieden im Zusammenhang mit dem Thema Ausbildung Polizei, denn dort sind 30 Feldjäger zusätzlich jetzt mit engagiert. Wir prüfen derzeit, inwiefern dies im Rahmen des Mandates geht. Wir haben, wie Sie wissen, im Rahmen des ISAF-Mandats eine Obergrenze von 3000, und ich denke – und darüber will ich auch mit dem Außenminister sprechen –, dass wir versuchen sollten, im Rahmen dieses Mandats zu bleiben. Aber, ich sage es noch einmal, ich halte es für richtig, dass wir die Ausbildung verstärken, und wir prüfen, ob es in das Mandat geht.
Sagenschneider: Und sind Sie sich mit Außenminister Steinmeier dann auch einig darüber, dass deutsche Soldaten dann möglicherweise auch in den umkämpften Süden des Landes gehen dürfen, um eben als Militärausbilder tätig zu sein? Also das aktuelle Mandat der Bundeswehr lässt das ja zu.
Jung: Ja, aber ich bin der Auffassung, dass wir, wenn wir entsprechende Soldaten ausbilden, die wir ja im Norden ausbilden, auch die zur Unterstützung im Norden brauchen. Es wird oft verkannt, wie groß auch die Region im Norden ist, wo wir Verantwortung haben. Und Sie wissen beispielsweise auch, dass die afghanischen Streitkräfte mit eingesetzt werden zur Drogenbekämpfung, denn das ist Aufgabe der afghanischen Regierung. Und auch dort gibt es im Norden eine Region, die durchaus ins Blickfeld genommen werden muss. Ich halte es auch für sinnvoll, dass wenn wir die Soldatinnen und Soldaten in dieser Region ausbilden, dass sie auch in diesem Umfeld dann eingesetzt werden, wir sie dort auch begleiten und dass wir sie nicht verlagern in den Süden. Ich finde, wir sollten die Soldaten in den Regionen auch entsprechend einsetzen, wo wir sie ausgebildet haben.
Sagenschneider: Herr Jung, ich danke Ihnen.
Franz Josef Jung: Guten Morgen.
Sagenschneider: Warum halten Sie es eigentlich für so wichtig, dass Deutschland zumindest theoretisch am Kampfeinsatz "Enduring Freedom" beteiligt ist?
Jung: Also wir haben ja drei Mandate, wie Sie zu Recht gesagt haben, und ich denke, solange wir es hier noch mit Terrorismus in Afghanistan zu tun haben – und wir haben es ja gerade bitter erlebt in Kundus, wo drei deutsche Soldaten getötet worden sind –, solange ist es auch notwendig, weiterhin Terrorismus zu bekämpfen und das zu tun, um sozusagen ISAF, das heißt die Stabilisierung und unterstützende Maßnahmen hier durchführt, zu unterstützen, auch ihnen ein sicheres Umfeld zu geben. Denn um Wiederaufbau zu betreiben, brauchen Sie auch ein sicheres Umfeld. Dies ist auch notwendig für die Nichtregierungsorganisationen. Und deshalb denke ich, solange wir es mit terroristischen Aktivitäten zu tun haben in Afghanistan, solange brauchen wir auch OEF, also sprich das Mandat gegen Terrorismusbekämpfung.
Sagenschneider: Aber es ist seit geraumer Zeit eine theoretische deutsche Beteiligung, denn die KSK-Soldaten sind ja schon lange nicht mehr nachgefragt worden.
Jung: Sie wissen, dass ich zu KSK-Soldaten öffentlich nichts sage. Und ich kann nur sagen, ich war ja auch gerade in Washington und habe mit meinen amerikanischen Kollegen darüber gesprochen, wir brauchen weiterhin die Unterstützung von OEF, auch für ISAF. Dies wird generell auch in Afghanistan so beurteilt, denn das ist, denke ich, auch notwendig, um letztlich Sicherheit zu gewährleisten für den Wiederaufbau. Und ich füge hinzu, wir müssen allerdings – und das ist ein wichtiger Punkt, den haben Sie ebenfalls angesprochen – wir müssen allerdings noch etwas mehr auf die Informationen zu ISAF hin gewährleisten, zu dem, der das Kommando hat in Afghanistan, das nennt sich COMISAF, damit alles getan wird, um zivile Opfer zu vermeiden. Wobei ich sagen muss, die Taliban haben auch eine perfide Strategie, weil sie bewusst versuchen, zivile Opfer mit hineinzuziehen, sich dahinter zu verschanzen, um genau eine solche Diskussion natürlich auch damit hervorzurufen.
Sagenschneider: Aber da wird schon seit Monaten geklagt, dass diese Kommunikation nicht so recht funktioniert. Und wenn Sie jetzt wieder anmahnen, dann hat man so das Gefühl, da passiert gar nichts.
Jung: Also den Eindruck habe ich nicht. Denn es laufen ja weiterhin Operationen. Alles, was beispielsweise OEF anbelangt und zivile Opfer, liegt doch ein paar Wochen zurück. Wir haben leider Gottes auch zivile Opfer bei einer ISAF-Mission. Und deshalb, denke ich, ist es notwendig, dass wir angemessen und verhältnismäßig reagieren. Wir haben jetzt gerade, das ist eine Woche her, über den COMISAF, das heißt über den Kommandeur vor Ort in Kabul, eine neue Weisung auch an alle Truppen herausgegeben, wie sich zu verhalten ist, um zivile Opfer zu vermeiden. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt. Aber ich sage noch einmal, die Perfidie der Taliban ist allerdings auch, bewusst zivile Opfer zu verursachen. Bei dem Anschlag in Kundus, wo ja drei deutschen Soldaten ums Leben kamen, sind auch acht zivile Opfer verursacht worden. Das zeigt natürlich auch, inwiefern die Taliban auch überhaupt keine Rücksicht nehmen auf ihre eigene Bevölkerung.
Sagenschneider: Deutschland, Herr Jung, konzentriert sich ja tatsächlich in erster Linie auf den ISAF-Einsatz, auf die Absicherung des Wiederaufbaus, die Ausbildung der afghanischen Polizei und Armee zum Beispiel, und der deutsche ISAF-Stabschef Kasdorf hat ja auch gesagt, dieser Aufbau ist die Voraussetzung dafür, dass wir irgendwann einmal wieder abziehen können. Ist da bisher zu wenig auch personell investiert worden?
Jung: Also ich denke, wir sind dort, was die Frage der Streitkräfte anbetrifft, schon ein erhebliches Stück weitergekommen. Unser Ziel ist es ja, 70.000 ausgebildete afghanische Soldaten zu haben. Wir haben mittlerweile 35.000 ausgebildet, die sind auch mit im Einsatz. Wir haben ja eine gemeinsame Operation von ISAF und afghanischen Streitkräften, die erfolgreich läuft. Wo es noch etwas mangelt, ist im Hinblick auf das Thema Ausbildung Polizei. Und deshalb bin ich auch dankbar, dass jetzt wir vereinbaren konnten im Rahmen der Europäischen Union, dass wir hier zusätzliche Verstärkung vornehmen. Wir haben jetzt 195 Ausbilder in Afghanistan, die geführt werden von einem deutschen Experten, der GSG-9-Mann Eichler. Und hier denke ich, ist es notwendig, dass wir sowohl Polizei als auch Streitkräfte so ausbilden, dass nachher Afghanistan, die Regierung selbst in der Lage ist, für ihre Sicherheit zu sorgen. Unser Ziel ist es insgesamt, rund 70.000 ausgebildete Soldatinnen und Soldaten zu haben und in etwa 80.000 Polizisten.
Sagenschneider: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat nicht ausgeschlossen oder hat gesagt, er könnte sich vorstellen, noch mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, um eben diese Ausbildung von Polizei und auch Armee natürlich voranzutreiben. Wären Sie auch dafür?
Jung: Also Tatsache ist, dass es richtig ist, dass wir Verstärkung noch im Hinblick auf die Ausbildung von Soldaten vornehmen wollen. Wir haben uns ja auch noch mit angeschieden im Zusammenhang mit dem Thema Ausbildung Polizei, denn dort sind 30 Feldjäger zusätzlich jetzt mit engagiert. Wir prüfen derzeit, inwiefern dies im Rahmen des Mandates geht. Wir haben, wie Sie wissen, im Rahmen des ISAF-Mandats eine Obergrenze von 3000, und ich denke – und darüber will ich auch mit dem Außenminister sprechen –, dass wir versuchen sollten, im Rahmen dieses Mandats zu bleiben. Aber, ich sage es noch einmal, ich halte es für richtig, dass wir die Ausbildung verstärken, und wir prüfen, ob es in das Mandat geht.
Sagenschneider: Und sind Sie sich mit Außenminister Steinmeier dann auch einig darüber, dass deutsche Soldaten dann möglicherweise auch in den umkämpften Süden des Landes gehen dürfen, um eben als Militärausbilder tätig zu sein? Also das aktuelle Mandat der Bundeswehr lässt das ja zu.
Jung: Ja, aber ich bin der Auffassung, dass wir, wenn wir entsprechende Soldaten ausbilden, die wir ja im Norden ausbilden, auch die zur Unterstützung im Norden brauchen. Es wird oft verkannt, wie groß auch die Region im Norden ist, wo wir Verantwortung haben. Und Sie wissen beispielsweise auch, dass die afghanischen Streitkräfte mit eingesetzt werden zur Drogenbekämpfung, denn das ist Aufgabe der afghanischen Regierung. Und auch dort gibt es im Norden eine Region, die durchaus ins Blickfeld genommen werden muss. Ich halte es auch für sinnvoll, dass wenn wir die Soldatinnen und Soldaten in dieser Region ausbilden, dass sie auch in diesem Umfeld dann eingesetzt werden, wir sie dort auch begleiten und dass wir sie nicht verlagern in den Süden. Ich finde, wir sollten die Soldaten in den Regionen auch entsprechend einsetzen, wo wir sie ausgebildet haben.
Sagenschneider: Herr Jung, ich danke Ihnen.