Julia Franck kritisiert "Blockwart-Mentalität" einiger Kritiker

Die Schriftstellerin Julia Franck hat in Zusammenhang mit Rezensionen ihres neuen Buchs "Rücken an Rücken" von der "Blockwart-Mentalität" einiger Kritiker gesprochen. Ihr sei vorgeworfen worden, die Erinnerungskultur zu stören, weil ein KZ-Überlebender in ihrem Roman zu einem Kinderschänder werde.
Es habe sie überrascht, wie wenig dieser Kritik widersprochen worden sei, sagte Franck im Deutschlandradio Kultur: "Denn selbst aus einer Familie sogenannter Überlebender kommend, weiß ja nicht nur ich, wusste schon Primo Levi, wussten schon viele, auch Zeitgenossen, dass Opfer Beschädigungen erhalten. Dass es geradezu einer Leugnung der Geschichte und auch des Grauens von Konzentrationslagern des Nationalsozialismus gleichkommt, wenn man annimmt, ein Opfer sei einfach nur ein gutes, armes Märtyrerwesen."

Der Furor, der in dieser Kritik deutlich werde, rufe nach dem "guten Opfer", dem "bösen Täter" und somit nach einer "moralistischen Unterteilung". Das Buch treffe offenbar einen Nerv und setze damit vielleicht eine Diskussion in Gang: "Wie dürfen wir über Geschichte schreiben? Was bedeutet Erinnern? Wird Erinnern moralistisch einer Gesellschaft als Ganzem gerecht? Wollen wir hier wieder nationalistisch, patriotisch erinnern? Das sind Fragen, die ein solcher Roman natürlich aufwirft."

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