Jugendtheater "Strahl"

Statt Theater auf der Bühne nun digitales Forschungslabor

11:00 Minuten
Ein Mädchen filmt ihren Lehrer und eine Mitschülerin während eines Theaterstückes.
Das Berliner Jugendtheater "Strahl" will mit Schülern und Schülerinnen online ein Stück erarbeiten. (Symbolbild) © picture alliance/Bildagentur-online/ Blend Images/Marc Romanelli
Anna Vera Kelle im Gespräch mit André Mumot · 28.11.2020
Audio herunterladen
Das Berliner Jugendtheater "Strahl" initiiert mit „Da geht was“ ein Forschungslabor , um ein digitales Klassenzimmerstück zu entwickeln. Regisseurin Anna Vera Kelle will dabei junge Leute in ihrer Lebenssituation abholen und Teilhabe möglich machen.
Die Adventszeit gilt eigentlich als Hauptsaison für Kinder- und Jugendtheater, die dann auch viele Schulklassen in ihre Häuser einladen. In diesem Jahr ist alles anders, die Bühnen bleiben vorläufig geschlossen. Auch das Berliner Theater "Strahl", das seit 1987 ein vielfältiges Angebot für ein junges Publikum ab 12 Jahren bereitstellt und damit auch auf Tournee geht.
Wie in vielen anderen Institutionen weicht man auch hier auf das Internet auf – allerdings nicht zuletzt mit Workshops. Unter dem Titel "Da geht was!" startet nun ein Forschungslabor zur Erarbeitung eines digitalen Klassenzimmerstücks. Geleitet von Softwareentwickler und Medienkünstler Ricardo Gehen und Theater-Strahl-Regisseurin Anna Vera Kelle, denen es darum geht, Prototypen von Stücken zu entwickeln, die auf digitale Weise in den Schulen genutzt werden können.
Besonders wichtig sei dabei, für alle dieser Formate die Teilhabe und das Teilnehmen, sagt Kelle. "Theater machen Live-Erlebnisse aus, und in der Remote-Erfahrung ist das Live-Erlebnis dadurch gegeben, dass man interaktiv teilnimmt." Damit habe das Theater Strahl auch schon vor der Coronazeit sehr positive Erfahrungen gemacht. "Daher kam es auch, dass wir gesagt haben: Lasst uns das weiterdenken. Wie kann man das ins Digitale übertragen?"

Jugendliche können sogar in Quarantäne mitmachen

Kelle glaubt, dass darin ein großer Anreiz für ihr Zielpublikum liegt. "Es ist schon meine Erfahrung, dass Jugendliche enorm darauf anspringen, wenn sie den Eindruck haben, sie könnten tatsächlich einwirken auf das Theatererlebnis (…) und können da Einfluss nehmen."
Mit diesem Format würden junge Menschen in ihrer aktuellen Situation während der Pandemie abgeholt, sagt die Regisseurin. "Es sind gerade unheimlich viele Jugendliche in Quarantäne. Wie schafft man für die eigentlich Räume, raus zu kommen, ohne das Haus verlassen zu können?"

Selbstreflektion als Vorteil

Natürlich gäbe es online sehr viel Aufmerksamkeitskonkurrenz, räumt die Regisseurin ein. "Was ich auch spüre, ist, dass ganz viele sagen: Ich habe jetzt keine Lust, abends auch noch vor meinem digitalen Endgerät zu sitzen, weil ich schon den ganzen Tag vor meinem digitalen Endgerät bin. Jetzt muss ich nicht auch noch Theater über dieses Format haben."
Doch Kelle sieht ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal: "Was das Theater sehr stark sucht, sind Orte, wo wir die aktuelle Situation reflektieren können und wo wir uns selbst spüren und darauf ein Augenmerk legen. Und das ist bei den Produkten, die man sonst so online konsumieren kann, nicht gegeben. Da haben wir dann vielleicht auch gerade eine Aufgabe, gerade in dieser Zeit so einen Raum zu schaffen."
(amu)
Mehr zum Thema