Jugend ohne Hoffnung

Nach dem Bankencrash auf Zypern

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Junge Menschen in Zypern protestieren gegen die EU-Rettungsmaßnahmen (aufgenommen 2013) © picture alliance / dpa
Von Thomas Bormann · 07.07.2015
Die Arbeitslosigkeit auf Zypern ist von drei auf 17 Prozent hochgeschnellt. Arbeitssuchende Zyprer verlassen ihre Insel - Zypern ist derzeit Auswanderungsland. Einige junge Menschen bleiben und protestieren gegen die Sparpolitik.
Kristiana Koktsidou aus Nikosia lacht viel; sie ist eine lebenslustige junge Frau. Aber die Krise nagt an ihren Nerven. Sie hat schon Dutzende Bewerbungen verschickt, sie findet aber keine Arbeit:
"Ich hatte gerade mal zwei oder drei Bewerbungsgespräche innerhalb von sechs Monaten", sagt sie - und das, obwohl sie einen guten Uni-Abschluss hat.
"Ich hab politische Wissenschaften studiert; hab dann zwei Jahre in Brüssel bei der EU gearbeitet, aber jetzt bin ich wieder hier und finde einfach nichts. Nicht mal einen Job als Sekretärin, obwohl ich Erfahrung hab in der Verwaltung und in der Büro-Arbeit. Aber es ist praktisch unmöglich."
Kristiana würde gern in eine eigene Wohnung ziehen, sich ihr eigenes Leben aufbauen, aber dafür reicht das Geld einfach nicht. Sie wohnt bei ihren Eltern, ihre Familie unterstützt sie:
"Es ist wirklich frustrierend, im meinem Alter, mit 27, das ist untragbar, meint sie."
Proteste gegen die Sparpolitik halten sich in Grenzen
Kristiana marschiert mit bei der kleinen Demo gegen die Sparpolitik auf Zypern. Denn, so meint sie, diese Politik stürze das Land immer tiefer in die Krise, und nehme immer mehr Menschen ihre Lebensgrundlage weg. Kristiana hat in ihrem Studium die EU-Verträge genau untersucht. Dabei kam sie zu dem Schluss, dass die EU auf Zypern gegen die eigenen Verträge verstoßen hat, und zwar gleich mehrfach:
"Im Vertrag von Lissabon steht doch ganz klar, dass die Europäische Union vor allem dafür da ist, die Bürger zu unterstützen und zu schützen. Im Vertrag steht auch: Die Europäische Union garantiert für das Geld, das die Bürger auf der Bank haben. Trotzdem haben sie das Geld von den Konten der Bürger genommen, das war absolut gegen alle Verträge, das darf man nicht hinnehmen."
Demonstrators surround the Cypriot Ministry of Finance during a protest against austerity measures in Nicosia, Cyprus, 08 February 2014. The protest against austerity measures imposed by the troika was held outside the Ministry of Finance. 
Demonstration vor dem zypriotischen Finanzministerium© picture alliance / dpa / EPA / KATIA CHRISTODOULOU
Aber, auch wenn vielen Zyprern ein Teil ihres Bank-Vermögens einfach so eingezogen wurde, und auch wenn die Arbeitslosigkeit auf Zypern von drei auf 17 Prozent hochgeschnellt ist, die Proteste gegen die Sparpolitik halten sich in Grenzen auf der Urlaubsinsel. Die Regierung sagt, bald gehe es wieder aufwärts mit der Wirtschaft. Und immerhin, die Arbeitslosigkeit steigt nicht mehr. Aber das liegt vor allem daran, dass Tausende Arbeitssuchende Zyprer ihre Insel verlassen, vor allem die jungen, gut Ausgebildeten. 45.000 Zyprer sind in den vergangenen zwei Jahren ausgewandert. Das sind fünf Prozent der Bevölkerung. Wenn man das auf Deutschland hochrechnet, würde das bedeuten, dass vier Millionen Deutsche innerhalb von zwei Jahren ihre Heimat verlassen. Ja, Zypern ist derzeit Auswanderungsland.
Kristiana hat ja auch schon mal zwei Jahre in Belgien gelebt und gearbeitet:
"Ich finde das eigentlich gar nicht negativ. Es ist eine gute Erfahrung. Aber wenn Du das machst, weil Du dazu gezwungen wirst, ist das natürlich etwas anderes."
Kristiana will es noch eine Weile versuchen, in ihrer Heimat auf Zypern eine Arbeit zu finden, aber nach so vielen Absagen bekommt sie richtig Lust, nochmal irgendwohin nach Europa zu gehen, sie habe damit kein Problem:
"I'm really keen to go back again, anywhere in Europe. I don't have a problem with that."
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