Jüdische Kunstsammler und ihre Erben

Hinter der Mauer des Schweigens

Die Experten für Provenzienzforschung im Museum Wiesbaden, Miriam Merz und Peter Forster, untersuchen am 10.12.2013 im Landesmuseum Wiesbaden (Hessen) die Rückseite eines Bildes. Das Museum Wiesbaden hat 1999 begonnen, alle zwischen 1933 und 1945 erworbenen Kunstwerke auf ihre Herkunft zu überprüfen.
Provenienzforscher untersuchen ein Bild auf mögliche Hinweise auf die Herkunft © picture-alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Monika Tazkow im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 04.05.2015
Der Fall Cornelius Gurlitt hat hohe Wellen geschlagen. Was dabei deutlich wurde: Über die jüdischen Kunstsammler während der Nazi-Zeit und deren Erben wissen wir noch immer wenig. Die Historikerin Monika Tazkow erklärt, warum das so ist.
Für die Historikerin Monika Tazkow, die seit über zwei Jahrzehnten das Thema Raubkunst recherchiert, gibt es gleich mehrere Gründe, warum über die in der Nazi-Zeit verfolgten jüdischen Kunstsammler und -händler wenig bekannt ist.
Zum einen werde generell zu wenig in dieser Sache publiziert und geforscht, kritisiert sie. Zum anderen sei dieses dunkle Kapitel nach dem Krieg für Jahrzehnte hinter einer "dicken Wand des Schweigens" verschwunden.
Auch die Erben selbst suchten wenig Publizität, hat Tazkow festgesellt. "Meine Erfahrung (...) ist, dass die nachfolgenden Generationen nach wie vor unvorstellbar schwer an diesem Kapitel des Lebens ihrer Vorfahren tragen und deshalb schon aus diesem Grund ungern an die Öffentlichkeit gehen."
Zudem seien viele Erben bei den deutschen Museen vor allem auf unerfüllbare Beweisforderungen, Ablehnung und Kälte gestoßen, sagt sie.
Die Nazis ermordeten den Kunsthändler Walter Westfeld in Auschwitz
Als Beispiel für den Umgang der Nazis mit jüdischen Kunstsammlern beschrieb Tazkow das Schicksal von Walter Westfeld. Dieser führte von 1920 bis 1936 eine Galerie in Wuppertal. Mitte der 1930er-Jahre erhielt Westfeld Berufsverbot.
Weil er mit einer Nichtjüdin zusammenlebte, kam er ins Gefängnis, seine Sammlung wurde beschlagnahmt. Die Kunstwerke kamen später in Köln beim Auktionshaus Lempertz unter den Hammer, der Auktionskatalog wies aus, dass die Werke auf Anordnung einer Behörde versteigert wurden – ein erster Hinweis auf die Quelle. "Und natürlich konnte jeder, der ein Interesse hatte, wo kommen die Angebote her, das im Kunsthaus dann auch erfragen", sagt die Historikerin.
Westfeld wurde ein Prozess wegen Devisenvergehen gemacht, er kam ins Zuchthaus und weil er Jude war - und damit in der Nazi-Logik eine "Gefahr" für Deutschland - wurde er ins KZ Theresienstadt und bald darauf nach Auschwitz verschleppt. Dort wurde er umgebracht.
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