Joy Denalane über ihr Album "Let Yourself Be Loved"

"Lass mal die Leute irgendwie an dich ran!"

12:52 Minuten
Joy Denalane hockt vor einem beigen Hintergrund
Joy Denalanes Musik transportiert immer wieder auch politischen Inhalt. © Ulrike Rindermann
Joy Denalane im Gespräch mit Oliver Schwesig · 03.09.2020
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Joy Denalanes neues Album "Let Yourself Be Loved" erinnert an Soulgrößen wie Aretha Franklin. Doch was am Ende so groß und leicht klingt, war ein schwerer Weg mit Hindernissen und einer naheliegenden Lösung.
Sie wuchs als Tochter eines südafrikanischen Vaters in Berlin auf, in dessen Plattensammlung sich Hunderte Platten klassischer Soul- und Funk-Musik der Sechziger und Siebziger befanden. Und die hat Joy Denalane als Kind aufgesaugt und sich auf ihrem neuen Album "Let Yourself Be Loved" auf dieses Erbe berufen:
"Ich glaube, diese Musik gehört einfach zu meiner DNA, weil ich in einer Familie aufwuchs, in der sehr viel Musik lief. Mein Vater war ein großer Plattensammler und Liebhaber dieses Sounds. Deswegen ist es so spezifisch in diese Zeit gerutscht, weil ich da angefangen habe, bewusst die Musik die mein Vater konsumiert und gekauft hat, wahrzunehmen."

Der schwere Weg zum Album

Der Weg zu "Let Yourself Be Loved" war aber ein steiniger. Die ersten Arbeiten an den Songs hätten schon 2015 in New York begonnen. Dort sei Denalane aber schnell an ihre Grenzen gestoßen, weil der Sound nicht genau das gewesen sei, was sie sich vorgestellt habe. Vor lauter Verzweiflung habe sie dann alles stehen und liegen lassen und sich dem 2017 erschienen Album "Gleisdreieck" gewidmet. Erst danach habe sie sich dann wieder dem Soul-Album zugewendet:
"Dann ist was ganz Interessantes passiert, was Leute oft erleben. Das Gute, das liegt oft so nah, dass man es gar nicht sieht. Und mir fiel auf einmal eines Nachmittags ein, als ich grübelte. Mit wem kann ich denn jetzt nun diese Musik machen? Dann ist mir ein Kollege eingefallen, mit dem ich schon seit zehn Jahren extrem eng zusammenarbeite. Er hat mir nach wenigen Tagen fünf Demos zurückgesendet, und das war dann damit auch beschlossen."

Black Lives Matter als Chance

Denalane beschreibt ihre Musik als eine, die auch immer einen politischen Inhalt transportiert. Dazu kommt, dass gerade Soul natürlich auch einen afroamerikanischen Hintergrund hat. Dementsprechend freue Denalane sich auch über die Entwicklungen, die die Black-Lives-Matter-Bewegung angestoßen hat:
"Das kann man vielleicht als Chance begreifen, um über den eigenen Rassismus, über die eigenen Strukturen in der Gesellschaft nachzudenken. Es gibt auch hier in Strukturen und einen Rassismus, mit dem wir uns als marginalisierte Gruppe auch auseinandersetzen müssen. Und da eben den Blick auf sich selbst zu wenden, das finde ich irgendwie eine großartige Sache, die dieses Movement ausgelöst hat."

Leute haben Schwierigkeiten, sich lieben zu lassen

Das "Let Yourself Be Loved" des Albumtitels gibt aber für alle Menschen. Denalane glaubt, dass alle in dieser Gesellschaft unter einem unglaublichen Leistungsdruck stünden.
Dazu kämen noch die sozialen Medien, die einen zusätzlichen Wettstreit bedeuteten. Dies führe, so Denalene, dazu, dass manche Menschen sich selbst nicht liebenswert finden und das Gefühl hätten, dass man nicht so ausreiche, wie man ist:
"Ich glaube das führt dann zu einem Clinch mit sich selbst. Aber auch mit Leuten, die einem eigentlich Gutes wollen oder die einen eigentlich lieben. Meine Beobachtungen ist, dass Leute Schwierigkeiten damit haben, sich lieben zu lassen und anzuerkennen, dass es jemanden gibt, der sie so akzeptiert und liebenswert findet, wie sie sind. Und ich komme dann eben hinzu und versuche mantraartig mit diesem Titel zu sagen: Doch es ist so, dass so liebenswert bist. Lass mal die Leute irgendwie an dich ran!"
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