
Journalistin zur Plagiatsaffäre Giffey"Rote Linien in der Politik sind wichtig"
Beitrag hören Podcast abonnieren- Bundesfamilienministerin Franziska Giffey gerät wegen Plagiatsvorwürfen im Zusammenhang mit ihrer Dissertation erneut unter Druck. (imago / photothek / Felix Zahn)
Franziska Giffey sei eine tolle Ministerin, findet die Journalistin Tonia Mastrobuoni. Dennoch müsse diese zurücktreten, wenn ihr der Doktortitel wegen der Plagiatsvorwürfe aberkannt werde. Auch ein Titelverzicht befreie Giffey nicht von dieser Pflicht.
Wenn die Freie Universität Franziska Giffey den Doktortitel aberkennt, sollte diese vom Amt der Bundesfamilienministerin zurücktreten. Das fordert die CDU-Vorsitzende und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Die deutsch-italienische Journalistin Tonia Mastrobuoni findet Kramp-Karrenbauers Forderung richtig. Auch durch den Titelverzicht komme Giffey nicht aus der Sache heraus.
Persönlich halte sie die SPD-Politikerin Giffey zwar für eine ganz tolle Ministerin. Aber: "Ich habe den Eindruck, ein Doktortitel ist etwas ganz Wichtiges in Deutschland", sagt sie. "Und das bedeutet auch, wenn man das dann fälscht, dass man über etwas Wichtiges lügt."
Italiener blicken zynisch auf die Politik
Mastrobuoni begrüßt es grundsätzlich, dass solche Fragen in Deutschland sehr ernst genommen würden, und sie vergleicht diesen Umgang mit der politischen Kultur in Italien. Dort schaue man immer mit großem Zynismus auf die Politik. Viele dächten: "Wenn man nicht zynisch ist, versteht man keine Politik", so die Journalistin. "Das ist das Land von Machiavelli."
Aus Sicht der Italiener solle man sich nie über Politik empören: "Man soll alles erwarten, alles voraussehen wie Machiavelli, man soll taktisch handeln", sagt sie. "Und das hat den politischen Diskurs in Italien so degradiert."
Starkes Echo in Italien
Die Wichtigkeit von Prinzipien in der Politik zeigt sich für Mastrobuoni auch in anderen Fragen: So habe man bei der Ministerpräsidentenwahl im vergangenen Jahr in Thüringen die rote Linie gesehen, dass ein Kandidat nicht mit den Stimmen der AfD gewählt werde. "Und stellen Sie sich vor, in dieser Situation jetzt hätte Merkel mit einem Ministerpräsidenten zu tun, der auch von der AfD gewählt wurde", betont sie. "Es ist ganz wichtig, dass man diese roten Linien in der Politik behält und dass man Prinzipien hat."
In Italien fänden die Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit den Dissertationen deutscher Politiker übrigens ein sehr starkes Echo. Und würden bei allem Zynismus auch mit Bewunderung betrachtet.
(uko)
Die gesamte Sendung "Der Tag mit Tonia Mastrobuoni" hier zum Nachhören: