Journalistin Marschall fordert klares Bekenntnis

Merkel sollte sich mit Astrazeneca impfen lassen

06:05 Minuten
Anzeigetafeln des Bundesministeriums für Gesundheit mit dem Aufdruck "Testen. Impfen. Vorsicht - Bekämpfen wir die Pandemie mit unseren Mitteln" stehen in der Kölner Fußgängerzone.
Das Gesundheitsministerium wirbt mit Plakaten für das Impfen, aber vielleicht wäre noch mehr Aufklärung nötig. © picture-alliance / dpa / Oliver Berg
Birgit Marschall im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Nach dem Hin und Her um Astrazeneca ist das Image des Impfstoffes schwer angeschlagen. Deshalb fordert die Journalistin Birgit Marschall ein klares Bekenntnis zu dem Vakzin und meint: Kanzlerin Merkel solle mit gutem Beispiel vorangehen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat vor übersteigerten Erwartungen an den Impfstart in Arztpraxen gewarnt. "Das wird noch kein großer Schritt sein, aber ein wichtiger", sagte der CDU-Politiker. Es würden nun Strukturen etabliert, die perspektivisch dabei helfen würden, schneller und mehr zu impfen. Die Corona-Impfungen in Arztpraxen sollen nach Ostern beginnen und hochgefahren werden.
"Dieser Impfstart in den Hausarztpraxen ist enorm wichtig, um da endlich Schub in diese Impfkampagne rein zu bringen", sagt Birgit Marschall, Hauptstadtkorrespondentin der Zeitung "Rheinische Post". "Impfen, Impfen, Impfen, das ist der Weg aus dieser Pandemie und nichts anderes."
Die anderen Maßnahmen, die jetzt wieder diskutiert würden, wie ein härterer Lockdown, wirkten nur begrenzt und würden in Zukunft immer weniger wirken. Das sei schon jetzt bei dem frühlingshaften Wetter zu beobachten. "Wir sehen, wie sich in solchen Ballungszentren wie Berlin, Hamburg oder im Rheinland die Menschen sich eben doch nicht mehr so daran halten und Kontaktbeschränkungen immer weniger respektiert werden."

Gefahr eines Generationenkonflikts

Die Entscheidung für einen Stopp von Astrazeneca für unter 60-jährige könne sie nachvollziehen. Es sei für Bund und Länder alternativlos gewesen, dieser Empfehlung der Gesundheitsbehörden zu folgen. Allerdings sei der Schaden wegen der noch viel größeren Verunsicherung groß. Es gebe einen Vertrauensverlust.

"Jetzt kommt es darauf an, dass es eine Informationsoffensive gibt von Bund und Ländern", sagt Marschall. Spahn habe auf seiner Pressekonferenz versucht, die Verwirrung aufzulösen. Da helfe jetzt nur Aufklärung. Sie sehe allerdings die Gefahr eines Generationenkonflikts, wenn der Eindruck entstehe als ob ältere Menschen nur noch Astrazeneca bekämen und der scheinbar bessere Impfstoff "Biontech" den Jüngeren vorbehalten bleibe. "Da muss man aufpassen, aber die Gefahr eines Generationenkonflikts liegt in der Luft."

Seehofer verhalte sich kontraproduktiv

Völlig kontraproduktiv sei das Verhalten des 71-jährigen Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU), der heute gesagt habe, er werde sich auf keinen Fall mit Astrazeneca impfen lassen, kritisiert Marschall. Regierungsmitglieder dürften sich jetzt nicht öffentlich gegen diesen Impfstoff aussprechen. "Das ist ein Rückschlag, denn so etwas hat Auswirkungen."
Andere Menschen könnten diesem Beispiel folgen.

Mit gutem Vorbild voran

Jetzt sollten andere Politiker sich erklären: "Die Bundeskanzlerin muss aus ihrer Deckung kommen und ihre Zurückhaltung aufgeben und mit positivem Beispiel vorangehen und sich selbst impfen lassen - und zwar mit Astrazeneca."
Es müsse darum gehen, das Vertrauen in diesen Impfstoff zu stärken, so die Wirtschaftsjournalistin. Es stünden Millionen Dosen des Impfstoffs bereit. "Wir können es uns einfach nicht leisten, dass die dann nicht genutzt werden."
(gem)

Die Journalistin Birgit Marschall arbeitet im Berliner Büro der "Rheinischen Post". Sie ist dort vor allem für Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständig. Davor berichtete die Diplomvolkswirtin zehn Jahre lang für die Zeitung "Financial Times Deutschland" aus Berlin.

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