Journalistin Fetscher über Autor Tellkamp

"Einfach kontrafaktisch, was der Mann redet"

Der Schriftsteller Uwe Tellkamp bei der Diskussionsveranstaltung "Streitbar!" im Kulturpalast in Dresden am 8. März 2018.
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp bei der Diskussionsveranstaltung "Streitbar!" im Kulturpalast in Dresden am 8. März 2018. © picture alliance / Dietrich Flechtner/dpa-Zentralbild/dpa
Moderation: Korbinian Frenzel · 12.03.2018
Über die Aussagen des Suhrkamp-Autors Uwe Tellkamp zur Flüchtlingspolitik und zur Meinungsfreiheit in Deutschland zeigt sich die Journalistin Caroline Fetscher "vollkommen entsetzt". Seine Zahlen seien erfunden. Zudem spiele er Zuwanderer und Asylsuchende gegen Rentner auf Basis falscher Fakten aus.
Es ist nur eine Notiz auf Twitter: Mit dieser weist der Suhrkamp-Verlag am 9. März 2018 darauf hin, dass "die Haltung, die in Äußerungen von Autoren des Hauses zum Ausdruck kommt", nicht mit der des Verlages zu verwechseln sei.
Der Tweet bezog sich auf eine Veranstaltung in Dresden am Vorabend, bei der sich der Suhrkamp-Autor Uwe Tellkamp und der Schriftsteller Durs Grünbein unter dem Titel "Streitbar" einen verbalen Schlagabtausch über Flüchtlingspolitik und Meinungsfreiheit geliefert hatten.
Der Schritt, dass sich ein Verlag vom eigenen Autor distanziert ist ungewöhnlich und wird entsprechend kritisch diskutiert. "Ich war sehr froh über diese Reaktion", sagte hingegen die Journalistin Caroline Fetscher im Deutschlandfunk Kultur.
Tellkamp operiere mit frei erfundenen Zahlen und spiele Migranten oder Asylsuchende gegen Rentner aus. Darüber sei sie "vollkommen entsetzt".
"Er spricht von 95 Prozent, die in Sozialsysteme einwandern. Er hat überhaupt keinen Beleg dafür. (…) Er spricht im Prinzip der Bundesregierung und Angela Merkel die Legitimität ab. Er behauptet, dass an der Demokratie, an den Gesetzen vorbei regiert wird", so Fetscher über Tellkamp. "Er sagt auch, dass 30 Milliarden ausgegeben werden für die Flüchtlinge, die den deutschen Rentnern fehlen. Das ist einfach falsch."

"Sie erzählen alle, sie seien in einem Gesinnungskorridor"

Zugleich beschwere sich Tellkamp, seine Meinung nicht äußern zu dürfen, das sei "grotesk", so Fetscher:
"Er sitzt da mit dem Mikrofon in der Hand und sagt, er darf nicht sprechen. (...) Die dürfen alle drucken, reden, sagen, bloggen, schreiben, alles Mögliche machen, diskutieren, öffentlich auftreten und erzählen alle, sie seien in einem Gesinnungskorridor, so hat Herr Tellkamp das immer wieder genannt. Es ist einfach kontrafaktisch, was der Mann redet. Es stimmt schlicht nicht."
Tellkamp bediene das Milieu des rechten Verlegers Götz Kubitschek, der bei der Veranstaltung auch im Publikum war, das sei "tragisch" und "auch wirklich bedauerlich für jemand, der so intelligent und begabt ist wie Herr Tellkamp", meinte Fetscher. Sie könne Aussagen nicht ernst nehmen, die "komplett auf irrationalem Boden" gewachsen seien. Das gehe nicht.
(huc)
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