Joseph Croitoru: "Al-Aqsa oder Tempelberg"

Heiliger Ort der Eiferer und Zündler

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Das Buchcover "Al-Aqsa oder Tempelberg" von Joseph Croitoru ist vor einem grafischen Hintergrund zu sehen.
Mit "Al-Aqsa oder Tempelberg" leistet Joseph Croitoru wertvolle Hilfe zum Verständnis des Streits um Jerusalems heilige Stätten. © Deutschlandradio / Verlag C.H.Beck
Von Anne Françoise Weber  · 22.02.2021
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Der Tempelberg ist für Juden und Muslime ein heiliger Ort und darum ein zentraler Zankapfel im Nahostkonflikt. Der Historiker Joseph Croitoru erklärt die verfahrene Lage in Jerusalem und deren 3000-jährige Geschichte.
Im September 2001 löste der Besuch des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon auf dem Tempelberg einen neuen palästinensischen Aufstand aus, die sogenannte Al-Aqsa-Intifada – so zentral ist das Ensemble aus Klagemauer, Al-Aqsa-Moschee und Felsendom im israelisch-palästinensischen Konflikt.
Der Historiker und Journalist Joseph Croitoru zeigt in seinem Buch nicht nur, warum Sharon diesen Weg ging und warum dieser Besuch der palästinensischen Seite als Provokation galt.
Sein nüchtern geschriebener Überblick über die 3000-jährige Geschichte des heiligen Ortes zeigt deutlich, wie oft politische mit religiöser Agitation einherging und wie viele Eiferer auf beiden Seiten hier immer wieder neues Feuer gelegt haben.

Wachsender Einfluss der Tempel-Aktivisten

Zur Zeit des britischen Mandats stritt man über Zugang und Gebetsmöglichkeiten an der Klagemauer, damals in einer engen Gasse gelegen. Der im ganzen Land schwelende Konflikt zwischen jüdischer Zuwanderung und arabisch-muslimischer Bevölkerung kristallisierte sich hier in Handgreiflichkeiten und Anschlägen.
Nach der Gründung des Staates Israel wurde dann der Zugang zum Plateau des Tempelbergs mit seinem Moscheenareal, zunächst unter jordanischer Verwaltung, zum Zankapfel. Croitoru hebt besonders den wachsenden Einfluss sogenannter Tempel-Aktivisten auf die israelische Regierungspolitik hervor – und zeigt zugleich auf, wie sich auf palästinensischer Seite die antisemitisch gefärbte Rhetorik einer angeblichen Bedrohung der islamischen Stätten verbreitet hat.

Wenig Hoffnung auf baldigen Frieden

Würde der Autor nicht immer wieder mäßigende Kräfte erwähnen, die Zündlern beider Seiten juristische Riegel vorschoben, Anschläge aufklärten, ihre Urheber verurteilten oder Menschen und Bauten der anderen Seite physisch schützten – man könnte sich wundern, dass da überhaupt noch etwas steht.
Hoffnung auf baldigen Frieden in Jerusalem und der Region weckt dieses Buch nicht. Aber es leistet wertvolle Hilfe zum Verständnis der verfahrenen Lage.

Joseph Croitoru: "Al-Aqsa oder Tempelberg. Der ewige Kampf um Jerusalems heilige Stätten"
Verlag C.H. Beck, München 2021
365 Seiten, 26,95 Euro

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