Dahm und Douglas: "Geisterschiffe"

Magische Bilder vom Meeresgrund

Jonas Dahm/Carl Douglas: "Geisterschiffe. Eine Reise zu den Wracks der Ostsee". Auf dem Cover ist eine märchenhafte Unterwasserwelt mit Schiffstrümmern und einem Taucher zu sehen.
© Malik

Jonas Dahm, Carl Douglas

Aus dem Schwedischen von Lisa Arnold

Geisterschiffe. Eine Reise zu den Wracks der OstseeMalik , München 2022

272 Seiten

45,00 Euro

Von Günther Wessel · 23.12.2022
Unzählige Schiffwracks liegen auf dem Grund der Ostsee. Zwei Taucher haben sich aufgemacht, diese Welt voller Trümmer und Geschichten zu erkunden. Das Ergebnis von rund 3000 Tauchgängen: ein bemerkenswerter Bildband über Geisterschiffe.
Seit Jahrtausenden schon führen wichtige Handelswege über die Ostsee – und genauso lange finden auf ihr kriegerische Auseinandersetzungen statt. Stürme und Seeschlachten sorgten dafür, dass heute schätzungsweise hunderttausend Wracks auf ihrem Grund ruhen. Häufig sind sie gut erhalten. Da das Wasser der Ostsee recht kalt ist und nur einen niedrigen Salzgehalt besitzt, kommt die Schiffsbohrmuschel, die jedes Stück Holz auf dem Meeresboden zerfrisst, in der Ostsee selten vor.
Nun gibt es einen großformatigen Bildband, der Schiffe zeigt, die einst untergingen: "Geisterschiffe. Eine Reise zu den Wracks der Ostsee". Er beruht auf etwa 3000 Tauchgängen, bei denen die Autoren - der eine Fotograf, der andere Historiker - etwa 400 Wracks bis in eine Tiefe von 110 Metern lokalisierten. Jonas Dahm und Carl Douglas erhielten Tipps von Fischern, wo Wracks sein könnten, sie erforschten die Ostsee mit dem Echolot und stießen auch zufällig auf versunkene Schiffe.

400 Wracks und ihre Geheimnisse

Wracks wie das der „Mars“, ein schwedisches Kriegsschiff, das mit 122 Kanonen ausgestattet 1563 vom Stapel lief. Sie war eines der größten Kriegsschiffe ihrer Zeit und wurde 1564 nordöstlich von Grönland bei einer Schlacht versenkt.
Oder Handelsschiffe wie das „Porzellan-“ und das „Champagnerwrack“. Das eine hatte neben Geigenteilen, Taschenuhren und Tintenfässern eine Kiste mit blau-weißem Fürstenberger Porzellan geladen, das heute immer noch weitgehend unversehrt in dem Torfmoos liegt, in das es bruchsicher verpackt war. Das andere hatte auf seinem Oberdeck kistenweise Schaumwein geladen. Die meisten Etiketten sind dem Meerwasser zum Opfer gefallen, aber auf einigen Korken ist noch der Schriftzug „Roederer“ zu lesen.
Die gut recherchierten, mitunter etwas trockenen Texte erläutern nicht nur, was auf den Fotos genau zu sehen ist, sie bieten auch viel Hintergrund zu den einzelnen Wracks: Wann die Schiffe gebaut wurden und wann sie gesunken sind, was sie geladen hatten, wie sie ausgestattet waren – manche Schiffe besaßen extra für sie hergestelltes Geschirr. Wir erfahren, welche Navigationsinstrumente wann genutzt wurden und wie das Leben der Seeleute an Bord war. 

Magisch grüne Unterwasserwelt

Im Mittelpunkt stehen aber natürlich die Fotos. Sie sind streng dokumentarisch, nicht mit zusätzlichen Lichteffekten inszeniert und zeigen eine magisch, grünlich schimmernde Unterwasserwelt. Wie die Taucher nähert sich der Betrachter den Wracks: einem zerstörten Schiffsrumpf, der sich nur wenig vom Meeresgrund abhebt. Dann erforscht er dessen Innenräume: Kajüte, Offiziersmesse, Maschinenraum.
Immer mehr Details sind im nachempfundenen Tauchgang zu entdecken: Galionsfiguren, Ladung oder auch technische Geräte. Und hin und wieder auch menschliche Überreste: Dass jedes heute noch so romantisch anmutende Wrack mit dem Ende von Menschenleben verknüpft ist, verschweigen die Autoren nicht. Ein bemerkenswerter Bildband.
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